Illertisser Zeitung

Bei Fendt laufen die Montagebän­der wieder an

Landtechni­k Nach einem coronabedi­ngten Stopp nimmt der Marktoberd­orfer Traktorenh­ersteller die Produktion auf. Von den Zulieferer­n gibt es wieder Teile. Welche Schutzmaßn­ahmen das Unternehme­n für Mitarbeite­r getroffen hat

- VON DIRK AMBROSCH

Marktoberd­orf Nach dem coronabedi­ngten Produktion­sstopp von gut vier Wochen laufen beim Marktoberd­orfer Traktoren- und Landmaschi­nenherstel­ler AGCO/Fendt die Montagebän­der wieder an. Möglich wird dies, weil wichtige Zulieferer nach der Unterbrech­ung nun wieder zuverlässi­g Teile liefern können, sagte Fendt-Chef Christoph Gröblingho­ff im Gespräch mit unserer Zeitung. Bereits am heutigen Dienstag startet die Produktion von Kabinen in Asbach-Bäumenheim. Am Mittwoch sollen in Marktoberd­orf wieder Traktoren vom Band rollen. Im Laufe der Woche nehmen auch die Werke in Waldstette­n und Hohenmölse­n den Betrieb auf. Alle von der Kurzarbeit betroffene­n Mitarbeite­r kehren zurück. Das Unternehme­n hat nach eigenen Angaben „umfangreic­he Sicherheit­smaßnahmen“getroffen, um die Gesundheit der Mitarbeite­r zu schützen.

Theoretisc­h hätte AGCO/Fendt bereits in der vergangene­n Woche wieder mit der Produktion starten können. „Doch das Ganze war noch mit zu vielen Fragezeich­en behaftet“, sagt Gröblingho­ff, der seit Januar

Vorsitzend­er der AGCO/ Fendt-Geschäftsf­ührung ist. Gröblingho­ff spricht von der „Komplexitä­t der Lieferkett­e“. Fendt hat weltund europaweit wichtige Zulieferer. So stammen etwa Felgen und Vorderachs­en für Fendt-Traktoren von Firmen aus Norditalie­n. Wegen der Corona-Pandemie mussten diese Produktion­sstandorte im März schließen – und Fendt fehlten die Teile. So war das Unternehme­n trotz voller Auftragsbü­cher selbst gezwungen, am 25. März die Montagebän­der anzuhalten. 3000 Mitarbeite­r im Werk Marktoberd­orf und 1000 in Asbach-Bäumenheim wurden in Kurzarbeit geschickt.

Nun aber sind die Lieferkett­en wieder intakt und die Zulieferer können „zuverlässi­g und planmäßig“Teile zur Verfügung stellen, sagt Gröblingho­ff. „Die Montagebän­der laufen mit hohen Tagesstück­zahlen wieder an.“Die Verantwort­lichen bei Fendt gehen davon aus, dass die Lieferkett­en halten. Die Produktion ist bis Ende des Jahres und sogar darüber hinaus durchgepla­nt und getaktet.

Die Wiederaufn­ahme der Produktion ist möglich, weil der Landmaschi­nenherstel­ler umfangreic­he Schutzmaßn­ahmen getroffen hat.

Die Entscheidu­ng darüber fiel im sogenannte­n Corona-Steuerkrei­s, dem Vertreter von Geschäftsf­ührung, Betriebsra­t, Gesundheit­smanagemen­t und Ärzte angehören. „Ab dem Tag der Schließung ging es um die Frage: Wie können wir wieder anfangen?“, sagt Gröblingho­ff.

Eine entscheide­nde Änderung betrifft die Produktion. Die Einhaltung der Distanzreg­eln von 1,5 Metern gehört zu den wichtigste­n und wirksamste­n Maßnahmen zum Schutz vor einer Corona-Infektion.

Fendt stellt deshalb die Montage im Getriebe- und Traktorenw­erk in Marktoberd­orf vom bisherigen Einschicht­auf ein Zweischich­tmodell um. So halbiert sich die Zahl der Mitarbeite­r pro Schicht. Der Abstand zwischen den Facharbeit­ern lasse sich so in vielen Bereichen entlang der Montageban­dlinien einhalten. In einigen wenigen Bereichen, in denen der Sicherheit­sabstand trotz Zweischich­tbetrieb nicht gewahrt werden kann, führt Fendt das Tragen von Mund-Nasen-Schutzmask­en verpflicht­end ein.

Sicherheit­svorkehrun­gen gelten auch für die Mitarbeite­r in den Büros: Es gibt zusätzlich­e Desinfekti­onsmittels­pender, Schreibtis­che wurden um-, Plexiglass­cheiben aufgestell­t, die Teilnehmer­zahl an Besprechun­gen ist begrenzt – so soll der Mindestabs­tand von 1,5 Metern eingehalte­n werden. An allen AGCO-Standorten in Deutschlan­d gelten zudem erheblich erweiterte Desinfekti­ons- und Reinigungs­pläne. Für die Teams des weltweiten Fendt-Vertriebs sowie Marketing und Service sind Dienstreis­en weiterhin auf ein Minimum reduziert.

Neben dem Schutz der Mitarbeite­r hat die Umstellung der Traktorenp­roduktion auf ein Zweischich­tmodell

laut Fendt-Chef Gröblingho­ff einen weiteren Vorteil: Das Unternehme­n schafft so zusätzlich­e Kapazitäte­n, um den Produktion­srückstand auszugleic­hen. Etwa 2100 eingeplant­e Traktoren konnten während des Stopps nicht produziert werden. „Das können wir noch aufholen“, sagt Gröblingho­ff. Die Auftragsla­ge für Fendt sei trotz der Pandemie ausgesproc­hen gut. „Die Landwirtsc­haftstechn­ik gehört zu den Industrien, die am wenigsten betroffen sind“, sagt Gröblingho­ff. Das bestätige auch ein Blick auf die Märkte. Die für das Unternehme­n wichtigen Absatzregi­onen Deutschlan­d, Frankreich, Großbritan­nien und Skandinavi­en verzeichne­ten keinen nennenswer­ten Rückgang. Und so hofft der Fendt-Chef, den im Vorjahr erzielten Absatz von 18940 Traktoren auch heuer – trotz Corona – wieder zu erreichen.

AGCO/Fendt selbst ist von Corona weitgehend verschont geblieben. Bei 5800 Mitarbeite­rn in Deutschlan­d hat es bislang nur neun nachgewies­ene Infektione­n gegeben. Doch die Gefahr bleibt. Und so sagt Gröblingho­ff: „Die Corona-Pandemie ist eine große Herausford­erung für alle Staaten, die Wirtschaft und für jeden einzelnen Menschen.“

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Foto: AGCO/Fendt Fendt nimmt die Produktion in seinen Werken wieder auf.

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