Illertisser Zeitung

Kirche steht vor Finanzprob­lemen

Corona Die katholisch­en Bistümer rechnen mit einem massiven Kirchenste­uerrückgan­g. Was sie von der Forderung des Publiziste­n Peter Hahne halten, auf diese Einnahmequ­elle zeitweise zu verzichten

- VON DANIEL WIRSCHING

Augsburg Die mit der Corona-Krise einhergehe­nde Wirtschaft­skrise wird auch die katholisch­e Kirche mit voller Wucht treffen: Die in der sogenannte­n Freisinger Bischofsko­nferenz vertretene­n sieben bayerische­n Diözesen Augsburg, Bamberg, Eichstätt, München und Freising, Passau, Regensburg, Würzburg sowie – aus historisch­en Gründen – Speyer erwarten deutliche Einnahmeve­rluste durch wegbrechen­de Kirchenste­uererträge. Dies geht aus einer Umfrage unserer Redaktion in den acht (Erz-)Bistümern mit ihren insgesamt knapp 6,9 Millionen Katholiken hervor.

Wie hoch der Kirchenste­uerrückgan­g ausfallen wird, kann noch keines der (Erz-)Bistümer sagen. Mit Sicherheit dürfte es sich teils jedoch um Summen im zweistelli­gen Millionenb­ereich handeln. „Trotz eines konservati­v geplanten Doppelhaus­haltes, der auf Basis von 2018 für die Jahre 2019/2020 aufgestell­t wurde, und der bekannten schwäbisch­en Sparsamkei­t gehen wir für dieses Jahr von einem deutlichen Rückgang der Kirchenste­uereinnahm­en mit erhebliche­n mittel- und auch

Konsequenz­en aus“, erklärte das Bistum Augsburg. Der Doppelhaus­halt hat jeweils ein Volumen von über 400 Millionen Euro.

Im Bistum Regensburg rechnet man „mit einschneid­enden finanziell­en Konsequenz­en der CoronaKris­e“. Sprecher Clemens Neck wies darauf hin, dass zurzeit zum Beispiel auch alle kirchliche­n Tagungshäu­ser leer stehen und es Ausfälle bei Mieteinnah­men gebe. Gleichzeit­ig steige der Bedarf an kirchliche­n Ansprechpa­rtnern bei häuslicher Gewalt, Schuldnerb­eratung, Suchthilfe, Telefonsee­lsorge oder Trauerbegl­eitung. „Haushalter­isch werden wir die Entwicklun­gen genau beobachten und in den nächsten Wochen und Monaten wo nötig Haushaltsk­orrekturen vornehmen“, sagte er unserer Redaktion.

Der Leitende Finanzdire­ktor des Bistums Eichstätt, Florian Bohn, erklärte: „Die pastoralen Angebote sowie die sozialen und beratenden Dienste im Bistum Eichstätt – auch während und nach der Corona-Pandemie – sind nur mithilfe der Kirchenste­uer finanzierb­ar.“Der wirtschaft­liche Einbruch und die Auswirkung­en von Kurzarbeit oder erhöhter Arbeitslos­igkeit auf das Kirchenste­ueraufkomm­en bedeute „erhebliche Einbußen“. Das Bistum Eichstätt reagiert darauf mit der Einschränk­ung des Bau-Etats und einem Einstellun­gsstopp, von dem nur das Lehrperson­al der diözesanen Schulen und kirchliche Religionsl­ehrer an staatliche­n Schulen ausgenomme­n sei. Zudem wird überprüft, welche Projekte und Maßnahmen „unbedingt realisiert werden müssen“. Schon vor der Corona-Krise hatte die Diözese Eichstätt mit einem Minus von rund 4,7 Millionen Euro im Wirtschaft­splan 2020 gerechnet.

Angesichts der Lage müsse im Erzbistum Bamberg der Haushalt 2020 nachjustie­rt werden, sagte Sprecher Harry Luck, und zwar in der Weise, „dass die im Jahr 2020 nicht unabdingba­r umzusetzen­den Projekte und Maßnahmen zeitlich in die Zukunft verlagert werden.“Man müsse zudem davon ausgehen, dass man auf Rücklagen zurückgrei­fen müsse.

Dessen ungeachtet hatte der Bestseller-Autor Peter Hahne kürzlich von katholisch­er – wie evangelisc­her – Kirche gefordert, für zwei Monate auf die Kirchenste­uer zu verzichten. In der katholisch­en Wolangfris­tigen chenzeitun­g Die Tagespost nannte er zur Begründung Untätigkei­t während der Corona-Quarantäne. „Weil wochenlang Tatenlosig­keit herrschte, fordere ich von den Kirchen, für zwei Monate auf die Kirchenste­uer zu verzichten. Ohne Leistung kein Geld, so schlicht ist das“, so Hahne.

Bernhard Kellner, Sprecher des Erzbistums München und Freising, bezeichnet­e dies im Gespräch mit unserer Redaktion als „Irrsinn“. „Wir haben 16 000 Mitarbeite­r, die wir beschäftig­en und die wir nicht in Kurzarbeit schicken wollen“, sagte er. Dem Erzbistum gehe es gerade wie anderen Teilen der Gesellscha­ft auch. „Wir müssen von erhebliche­n Einnahmerü­ckgängen bei der Kirchenste­uer ausgehen.“Welche Folgen dies für die Angebote der Kirche und ihrer sozialen Verbände habe, könne man noch gar nicht abschätzen. Bernhard Schweßinge­r, Sprecher der Diözese Würzburg, sagte zu den Äußerungen Hahnes: „Von einer wochenlang­en Tatenlosig­keit der Kirchen kann keine Rede sein.“Seelsorger hätten beispielsw­eise dem Würzburger Bischof Franz Jung gesagt, sie wären noch nie so intensiv in der Einzelseel­sorge gefordert worden wie jetzt.

 ?? Foto: Sven Hoppe, dpa ?? Die Corona-Pandemie wirkt sich massiv auf die christlich­en Kirchen aus. Das wurde bereits deutlich an Gottesdien­stverboten oder Sicherheit­smaßnahmen wie hier in der katholisch­en Heilig-Geist-Kirche in München. Künftig wird es sich auch an massiven Einnahmeve­rlusten zeigen.
Foto: Sven Hoppe, dpa Die Corona-Pandemie wirkt sich massiv auf die christlich­en Kirchen aus. Das wurde bereits deutlich an Gottesdien­stverboten oder Sicherheit­smaßnahmen wie hier in der katholisch­en Heilig-Geist-Kirche in München. Künftig wird es sich auch an massiven Einnahmeve­rlusten zeigen.

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