Kirche steht vor Finanzproblemen
Corona Die katholischen Bistümer rechnen mit einem massiven Kirchensteuerrückgang. Was sie von der Forderung des Publizisten Peter Hahne halten, auf diese Einnahmequelle zeitweise zu verzichten
Augsburg Die mit der Corona-Krise einhergehende Wirtschaftskrise wird auch die katholische Kirche mit voller Wucht treffen: Die in der sogenannten Freisinger Bischofskonferenz vertretenen sieben bayerischen Diözesen Augsburg, Bamberg, Eichstätt, München und Freising, Passau, Regensburg, Würzburg sowie – aus historischen Gründen – Speyer erwarten deutliche Einnahmeverluste durch wegbrechende Kirchensteuererträge. Dies geht aus einer Umfrage unserer Redaktion in den acht (Erz-)Bistümern mit ihren insgesamt knapp 6,9 Millionen Katholiken hervor.
Wie hoch der Kirchensteuerrückgang ausfallen wird, kann noch keines der (Erz-)Bistümer sagen. Mit Sicherheit dürfte es sich teils jedoch um Summen im zweistelligen Millionenbereich handeln. „Trotz eines konservativ geplanten Doppelhaushaltes, der auf Basis von 2018 für die Jahre 2019/2020 aufgestellt wurde, und der bekannten schwäbischen Sparsamkeit gehen wir für dieses Jahr von einem deutlichen Rückgang der Kirchensteuereinnahmen mit erheblichen mittel- und auch
Konsequenzen aus“, erklärte das Bistum Augsburg. Der Doppelhaushalt hat jeweils ein Volumen von über 400 Millionen Euro.
Im Bistum Regensburg rechnet man „mit einschneidenden finanziellen Konsequenzen der CoronaKrise“. Sprecher Clemens Neck wies darauf hin, dass zurzeit zum Beispiel auch alle kirchlichen Tagungshäuser leer stehen und es Ausfälle bei Mieteinnahmen gebe. Gleichzeitig steige der Bedarf an kirchlichen Ansprechpartnern bei häuslicher Gewalt, Schuldnerberatung, Suchthilfe, Telefonseelsorge oder Trauerbegleitung. „Haushalterisch werden wir die Entwicklungen genau beobachten und in den nächsten Wochen und Monaten wo nötig Haushaltskorrekturen vornehmen“, sagte er unserer Redaktion.
Der Leitende Finanzdirektor des Bistums Eichstätt, Florian Bohn, erklärte: „Die pastoralen Angebote sowie die sozialen und beratenden Dienste im Bistum Eichstätt – auch während und nach der Corona-Pandemie – sind nur mithilfe der Kirchensteuer finanzierbar.“Der wirtschaftliche Einbruch und die Auswirkungen von Kurzarbeit oder erhöhter Arbeitslosigkeit auf das Kirchensteueraufkommen bedeute „erhebliche Einbußen“. Das Bistum Eichstätt reagiert darauf mit der Einschränkung des Bau-Etats und einem Einstellungsstopp, von dem nur das Lehrpersonal der diözesanen Schulen und kirchliche Religionslehrer an staatlichen Schulen ausgenommen sei. Zudem wird überprüft, welche Projekte und Maßnahmen „unbedingt realisiert werden müssen“. Schon vor der Corona-Krise hatte die Diözese Eichstätt mit einem Minus von rund 4,7 Millionen Euro im Wirtschaftsplan 2020 gerechnet.
Angesichts der Lage müsse im Erzbistum Bamberg der Haushalt 2020 nachjustiert werden, sagte Sprecher Harry Luck, und zwar in der Weise, „dass die im Jahr 2020 nicht unabdingbar umzusetzenden Projekte und Maßnahmen zeitlich in die Zukunft verlagert werden.“Man müsse zudem davon ausgehen, dass man auf Rücklagen zurückgreifen müsse.
Dessen ungeachtet hatte der Bestseller-Autor Peter Hahne kürzlich von katholischer – wie evangelischer – Kirche gefordert, für zwei Monate auf die Kirchensteuer zu verzichten. In der katholischen Wolangfristigen chenzeitung Die Tagespost nannte er zur Begründung Untätigkeit während der Corona-Quarantäne. „Weil wochenlang Tatenlosigkeit herrschte, fordere ich von den Kirchen, für zwei Monate auf die Kirchensteuer zu verzichten. Ohne Leistung kein Geld, so schlicht ist das“, so Hahne.
Bernhard Kellner, Sprecher des Erzbistums München und Freising, bezeichnete dies im Gespräch mit unserer Redaktion als „Irrsinn“. „Wir haben 16 000 Mitarbeiter, die wir beschäftigen und die wir nicht in Kurzarbeit schicken wollen“, sagte er. Dem Erzbistum gehe es gerade wie anderen Teilen der Gesellschaft auch. „Wir müssen von erheblichen Einnahmerückgängen bei der Kirchensteuer ausgehen.“Welche Folgen dies für die Angebote der Kirche und ihrer sozialen Verbände habe, könne man noch gar nicht abschätzen. Bernhard Schweßinger, Sprecher der Diözese Würzburg, sagte zu den Äußerungen Hahnes: „Von einer wochenlangen Tatenlosigkeit der Kirchen kann keine Rede sein.“Seelsorger hätten beispielsweise dem Würzburger Bischof Franz Jung gesagt, sie wären noch nie so intensiv in der Einzelseelsorge gefordert worden wie jetzt.