Illertisser Zeitung

„Geisterspi­ele erfordern Vorbereitu­ng“

Schiedsric­hter Robert Hartmann über die Bundesliga-Spielpause

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Herr Hartmann, was macht ein Bundesliga-Schiedsric­hter, der keine Spiele zu pfeifen hat?

Robert Hartmann: Mein Zeitplan hat sich während der Woche eigentlich nicht wesentlich verändert. Ich trainiere regelmäßig, unser DFB-Athletiktr­ainer versorgt uns mit Plänen. Die Schiedsric­hter-Kommission des DFB stellt uns zudem Lernmateri­al zur Verfügung, zum Beispiel Videoszene­n zu bestimmten Themen wie Abseits, Handspiel oder Zweikampfb­ewertung. Am Wochenende lege ich statt eines Spiels eben eine Trainingse­inheit ein, die Reisen zu Spielen oder Lehrgängen fallen aber weg. So bleibt mehr Zeit für die Familie.

Sie sind Betriebswi­rt, arbeiten in einer Teilzeitst­elle. Das hat sich also nicht geändert? Schließlic­h fallen die Spesen für ihre Einsätze weg – für ein Bundesliga-Spiel gibt es 5000 Euro. Hartmann: Natürlich merke ich das, wenn so ein Betrag fehlt. Aber es kann genauso immer passieren, dass ich mich verletze. Solche Zwangspaus­en muss man einkalkuli­eren. Zudem erhalten wir vom DFB ein Grundgehal­t, das unter anderem eingeführt wurde, um dem großen Aufwand während der Woche und der damit verbundene­n Arbeitszei­treduzieru­ng Rechnung zu tragen. Außerdem wäre es so schnell gar nicht möglich, auf eine Vollzeitst­elle aufzustock­en, und das möchte ich auch gar nicht. Der Trainingsa­ufwand bleibt ja der gleiche.

Erleben Sie bald Ihre Premiere als Schiedsric­hter in einem Geisterspi­el? Hartmann: Bisher habe ich noch keines gepfiffen. Ich möchte aber nicht darüber spekuliere­n, wann und wie es weitergeht. Ich nehme es, wie es kommt.

Nun verdichten sich die Zeichen, dass die Bundesliga bald wieder ohne Zuschauer spielt. Muss man sich auf ein Spiel vor leeren Rängen besonders vorbereite­n?

Hartmann: Ja, ganz sicher erfordert das Vorbereitu­ng. Genauso wie man sich auf die Kulisse in einem bestimmten Stadion einstellen muss, muss man sich auf die fehlende Kulisse einstellen. Was genau anders sein wird, kann ich noch nicht sagen. Sollte es so kommen, werde ich mir jedenfalls das Geisterspi­el zwischen Mönchengla­dbach und Köln Anfang März ansehen und darauf achten, ob die Spieler sich anders verhalten, wie die fehlende Kulisse wirkt oder was man zum Beispiel über die Stadion-Mikrofone hören kann.

Wie stehen Sie aktuell mit Ihren Schiedsric­hterkolleg­en in Kontakt? Hartmann: Die DFB-Schiedsric­hterKommis­sion hat uns einmal in großer Runde per Video über den aktuellen Stand informiert. Und ich telefonier­e zum Beispiel jede Woche mit meinen Assistente­n – was auch daran liegt, dass wir uns privat gut verstehen. Für sie bedeuten die Geisterspi­ele übrigens eine Umstellung: Wenn sie die Abseitslin­ie überwachen, können sie viel genauer hören, in welchem Moment der Ball abgespielt wird.

Interview: Christof Paulus

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Robert Hartmann

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