Protestaktion an der „verstümmelten Eiche“
Naturschutz Der Kreisgeschäftsführer des Bundes Naturschutz bringt an dem 180 Jahre alten Baum bei Dattenhausen ein Schild mit einer Botschaft an. Im nächsten Moment kommt der Revierförster dazu
Dattenhausen Es war eine Maibaumaktion der besonderen Art, die Bernd Kurus-Nägele im Morgengrauen des 1. Mai durchgeführt hat. Der Kreisgeschäftsführer des Bundes Naturschutz nutzte den Tag, an dem sonst überall junge Bäume als Maiele gestellt werden, um gegen das Schicksal eines sehr alten Baumes zu protestieren. Dabei traf er ausgerechnet auf denjenigen, den er als Urheber des Baumfrevels verantwortlich macht: Revierleiter Karl Wagner.
Gegenüber unserer Zeitung begründet Bernd Kurus-Nägele seine Aktion so: Er habe die Freiheiten der Meinungsäußerung in der Freinacht zum 1. Mai dazu genützt, der verstümmelten 180-jährigen Eiche bei Dattenhausen eine Stimme zu verleihen. Deswegen habe er am frühen Freitagmorgen gegen 6 Uhr „in einer corona-angepassten Einzelaktion“ein Plakat mit der Aufschrift „Baum-Verstümmelung des
Försters Wagner“an dem verbliebenen Stamm des einst stattlichen Baumes angebracht. Wie berichtet, hatte der zuständige Revierförster im Februar die mächtige Eichenkrone kappen lassen, da durch Pilzbefall und die Folgen des Sturms „Sabine“die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet war. Doch der Bund Naturschutz war dagegen, hatte sogar ein externes UltraschallGutachten in Auftrag gegeben, das die Standsicherheit des Baumes bestätigt habe. Der Bund Naturschutz hatte zudem die Ausweisung des außergewöhnlichen Baumriesen als Naturdenkmal beantragt. „Dieser Antrag hätte dem Baum einen dauerhaften Schutzstatus beschert“, so Kurus-Nägele. Alte Eichen in dieser Alterskategorie gäbe es im Landkreis Neu-Ulm nicht einmal zehn Stück.
Kurus-Nägele äußerte sich in einem Beschwerdeschreiben an die Bayerischen Staatsforsten, über das wir ebenfalls berichtet haben, und kritisierte die fachliche Inkompetenz des Revierförsters Karl Wagner, der vor der Baumverstümmelung nicht einmal den externen Gutachter zur Standsicherheit der Eiche befragt habe, sondern die Eiche kappen ließ.
So ein baumfeindliches Vorgehen sei unerträglich, so Kurus-Nägele weiter. Als Forstmann müsse Wagner den fachlichen Hintergrund haben, um die Sachlage angemessen einzuschätzen. Aus diesem Grund hatte er sich aufgemacht, um mit seiner Aktion darauf aufmerksam zu machen. „Diese Plakataktion zum 1. Mai war für mich auch als Mensch Bernd Kurus-Nägele absolut wichtig, weil ich diesem Baum eine Stimme verleihen wollte“, erklärt der Kreisgeschäftsführer. Der Baum sei seit den Jahren 1840 bis 1850 an diesem Ort gewachsen, hatte viele Jahre den Waldeingangsbereich mit seiner monumentalen Krone maßgeblich optisch geprägt, „bevor er in einer gänzlich verfehlten Aktion verstümmelt wurde“, begründet Kurus-Nägele die Aktion.
Ausgerechnet in dem Moment, in dem er sein Plakat angebracht habe, sei Revierförster Wagner vorgefahren. Der Bund-Geschäftsführer habe sich aber nicht von seiner Aktion abbringen lassen. Dafür sei es zu einem Wortgefecht gekommen, bei dem er dem Revierförster in aller Deutlichkeit erklärt habe, dass dieses Baummassaker die schlimmste Baumverstümmelung sei, die er in seinen über 25 Dienstjahren beim Bund Naturschutz erleben musste.
Kurus-Nägele erfuhr später von Anliegern, dass das Plakat umgehend entfernt worden sei. (rjk/az)