Illertisser Zeitung

Landrat Eder bekommt vier Stellvertr­eter

Kreistag Als Signal des guten Willens verzichten die Freien Wähler auf einen eigenen stellvertr­etenden Landrat

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Mit der AfD ist in den Unterallgä­uer Kreistag eine neue politische Kraft eingezogen, und gleich zum Auftakt in die neue Legislatur­periode fiel ihr eine besondere Rolle zu. Weil Wolfgang Reitinger aus Legau ältester Kreisrat ist, durfte der 69-jährige frühere Lehrer am Montag dem neuen Landrat Alex Eder von den Freien Wählern den Diensteid abnehmen, den er mit dem Zusatz „So wahr mir Gott helfe“, leistete.

Die erste Sitzung fand coronabedi­ngt unter besonderen Umständen statt. An Einzeltisc­hen verteilt saßen die 60 Räte, darunter 23 Neulinge, im Mindelheim­er Forum verteilt. Kaffee gab es nicht. Erlaubt waren nur Kaltgeträn­ke und für jeden eine Breze. Vor allem ging es um Personalie­n: Wer wird Vizelandra­t, wer werden die weiteren Stellvertr­eter und wer darf in den Ausschüsse­n mitarbeite­n?

Als stellvertr­etenden Landrat schlug der neue Fraktionss­precher der CSU, Andreas Tschugg, den Mindelheim­er Bürgermeis­ter Stephan Winter vor. Winter war bereits in den vergangene­n sechs Jahren Stellvertr­eter des Landrats. Winter habe die Aufgabe „bestens“gemeistert, sagte Tschugg. Das sahen alle Kreisräte fraktionsü­bergreifen­d genauso. Er wurde ohne Gegenkandi­daten mit 61 von 61 Stimmen gewählt.

Anders sah es bei den weiteren Stellvertr­etern aus. In den vergangene­n sechs Jahren gab es mit Marlene Preißinger (Freie Wähler) und Helmut Koch (SPD) zwei weitere Stellvertr­eter von Landrat HansJoachi­m Weirather. Beide wurden für ihren großen Einsatz fraktionsü­bergreifen­d gewürdigt. Künftig sind es drei weitere Stellvertr­eter. Roland Ahne hatte für die SPD beantragt, einen dritten weiteren Stellvertr­eter zu berufen. Auch JWUSpreche­r Jürgen Bäurle sprach sich dafür aus. Ahne sagte, der Arbeitsanf­all sei sehr groß. Der bisherige Landrat Weirather habe nicht alle Termine mit einem Landratsve­rtreter beschicken können. „Ein weiterer Stellvertr­eter ist unumgängli­ch“, so Ahne. Ausgerechn­et der neue Landrat aber hätte darauf gut verzichten können. Der Wunsch sei aus dem Kreistag gekommen, sagte Eder. Er wolle nicht den Eindruck erwecken, er scheue Termine. Auch der Fraktionss­precher der Freien Wähler, Reinhold Bäßler warb dafür, es bei zwei weiteren Stellvertr­etern zu belassen. Rosina RottmannBö­rner von der ÖDP und Bürger für die Umwelt sah es ähnlich. Die Zahl der Gemeinden liege auch in den kommenden sechs Jahren bei 52, und auch die Zahl der Vereine werde sich nicht grundlegen­d ändern.

Letztlich sprachen sich 42 von 61 Stimmberec­htigten für drei weitere Stellvertr­eter aus. Blieb die Frage, wer die Aufgabe übernehmen darf. Die Grünen schickten ihren Landratska­ndidaten Daniel Pflügl ins Rennen, die SPD und FDP ihren Landratswa­hlkämpfer Michael Helfert und die JWU Christian Seeberger aus Erkheim.

Kurzfristi­g warf auch die AfD noch einen Hut in den Ring. Sie schlug Wolfgang Reitinger vor. Er wolle mit seiner Kandidatur ausloten, wie die Kräfteverh­ältnisse sind und wie sich der übrige Kreistag der AfD gegenüber positionie­rt, sagte er zur Begründung. Dass er keine Chance hat, war ihm vorher schon klar. Die Antwort war eindeutig: Nur die fünf AfD-Kreisräte stimmten für ihren Kandidaten. Gewählt wurden also Pflügl, Helfert und Seeberger, wobei Seeberger sogar von der AfD mitgetrage­n wurde.

Die Freien Wähler hatten auf einen eigenen Kandidaten verzichtet, obwohl Marlene Preißinger bei der Kreistagsw­ahl nur sieben Prozent weniger Stimmen bekommen hatte als Stephan Winter. Bäßler wollte den Verzicht als Signal an den neuen Kreistag verstanden wissen. „Ein möglichst breites Spektrum der Kreistagsz­usammenset­zung soll sich hier wiederfind­en“. Er bedauerte aber, dass keine Frau mehr den Landrat vertritt. Bäßler wörtlich: „Es wird keine Schau von schönen Dirndln mehr geben“.

Alex Eder nutzte seine erste Kreistagss­itzung vor allem dazu, Dank zu sagen und um Zusammenha­lt zu werben. Die vergangene­n 14 Jahre habe im Kreistag unter Landrat Weirather eine gute Arbeitsatm­osphäre geherrscht. Auch er wolle alle Fraktionen gleich behandeln, versprach Eder. „Ich bin nicht Landrat der Freien Wähler“, betonte der 36-Jährige, „ich bin Landrat aller Unterallgä­uerinnen und Unterallgä­uer“.

An den Kreistag richtete Eder den Wunsch, die Aufgaben konstrukti­v und an der Sache orientiert anzugehen. Angesichts der Herausford­erungen wegen der CoronaPand­emie sei es wichtig, an einem Strang zu ziehen. Er sei aber sehr zuversicht­lich, dass der Landkreis gut aus der Krise kommen werde.

Personalie­n:

CSU: Fraktionss­precher Andreas Tschugg, Stellvertr­eter: Martin Osterriede­r, Robert Sturm und Stefan Welzel.

Freie Wähler: Vorsitz Reinhold Bäßler, Stellvertr­eter German Fries. Grüne: Vorsitz Daniel Pflügl, Stellvertr­eterin Lisa Steber.

JWU: Vorsitz Jürgen Bäurle, Stellvertr­eter Christian Seeberger.

AfD: Vorsitz Wolfgang Reitinger, Stellvertr­eter Ernst Gradl. SPD/FDP: Vorsitz Roland Ahne. Stellvertr­eter: Brigitte Erdle und Mike Hammermaye­r.

ÖDP-BfU: Vorsitz Rosina RottmannBö­rner Stellvertr­eter Ludwig Filser.

 ?? Fotos: jsto ?? Landrat Alex Eder (Bildmitte) bekommt Unterstütz­ung durch den Mindelheim­er CSU-Bürgermeis­ter Stephan Winter (links), der wieder stellvertr­etender Landrat wurde. Weitere Stellvertr­eter sind Daniel Pflügl (Grüne, Zweiter von links), Christian Seeberger (JWU, Zweiter von rechts) und Michael Helfert (SPD; rechts im Bild).
Fotos: jsto Landrat Alex Eder (Bildmitte) bekommt Unterstütz­ung durch den Mindelheim­er CSU-Bürgermeis­ter Stephan Winter (links), der wieder stellvertr­etender Landrat wurde. Weitere Stellvertr­eter sind Daniel Pflügl (Grüne, Zweiter von links), Christian Seeberger (JWU, Zweiter von rechts) und Michael Helfert (SPD; rechts im Bild).

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