Deutschland bewegt sich wieder
Pandemie Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten haben die Corona-Maßnahmen für fast alle Lebensbereiche gelockert: Wer nun was darf – und wer noch warten muss
Berlin Nach teils heftigem Streit über die richtige Strategie im Kampf gegen das Coronavirus haben Bund und Länder umfangreiche Lockerungen beschlossen. Die wichtigsten Beschlüsse im Überblick:
Breitensport draußen wieder erlaubt Golfer, Tennisspieler und andere Sportler können sich freuen. Breiten- und Freizeitsport wird wieder erlaubt. Es gelten die von den Sportministerien der Länder festgelegten Regeln zum stufenweisen Wiedereinstieg in den Trainingsund Wettkampfbetrieb. Die sehen vor allem Abstand vor. Kontaktsportarten wie Judo oder Karate beschränken sich damit vorerst aufs reine Training. Informationen dazu finden sich im Internet auf der Seite www.sportministerkonferenz.de.
Abstand muss gewahrt bleiben Nicht nur nach dem Torschuss gilt: „Die wichtigste Maßnahme gerade angesichts der Öffnungen bleibt noch für lange Zeit, Abstand zu halten.“Nach dem Willen der Politik muss in der Öffentlichkeit ein Mindestabstand von 1,5 Metern also weiterhin eingehalten werden.
Die App kommt Bei allen Lockerungen soll die Zahl der CoronaInfektionen überschaubar bleiben. Damit das gelingt und Kontakte unter Menschen mit Ansteckungen nachvollziehbar bleiben, sollen die technischen Eigenschaften von Smartphones über eine App genutzt werden („contact tracing“). Nach
Kritik von Datenschützern hat sich der Bund entschieden, einen dezentralen Ansatz zu verfolgen, die Daten also nicht zentral zu speichern. Zweitens soll die Verwendung der App freiwillig sein. Es werden nur anonymisierte, „epidemiologisch relevante Kontakte der letzten drei Wochen“gespeichert. Wann die App einsatzbereit ist, ist offen.
Öffnung der Schulen Viele Länder sind bei der Öffnung von Schulen bereits vorgeprescht. Der Bund versucht nun, die Regeln so gut es geht zu vereinheitlichen. Die Verantwortung bleibt aber weiterhin bei den Ländern. Der Schulbesuch soll „schrittweise“unter Einhaltung von Abstands- und Hygienemaßnahmen ermöglicht werden. Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf sollen möglichst rasch gezielte pädagogische Präsenzangebote erhalten.
Wiedereinstieg in die Kinderbetreuung Ab 11. Mai sollen mehr Kinder als bisher durch eine flexible und stufenweise Erweiterung der Notbetreuung in allen Bundesländern betreut werden. Es geht um Kinder, deren Betreuung in Folge einer familiengerichtlichen Entscheidung nötig ist. Einbezogen sind auch Kinder aus Wohnverhältnissen, die kein Kinderzimmer haben. Wie bei den Schulen gilt auch hier: Die Einzelheiten regeln die Länder.
Krankenhäuser und Altenheime Für Krankenhäuser, Pflegeheime, Senioren- und Behinderteneinrichtungen stellen Bund und Länder „niedrige Infektionszahlen“fest und wollen deshalb jedem Patienten oder Bewohner „die Möglichkeit des wiederkehrenden Besuchs durch eine definierte Person“ermöglichen. Voraussetzung ist, dass das Virus in der Einrichtung nicht ausgebrochen ist.
Arbeiten in den Betrieben Hier gab es keine Änderungen – allerdings gibt es bislang auch nur wenige Auflagen. Jedes Unternehmen muss ein Hygienekonzept umsetzen. Das gilt weiter. Heimarbeit ist weiter zu ermöglichen, wenn das möglich ist.
Alle Geschäfte dürfen öffnen Im Bereich des Einzelhandels gibt es bemerkenswerte Lockerungen. Die 800-Quadratmeter-Regel fällt, in Zukunft dürfen alle Geschäfte unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen wieder öffnen. Dabei ist wichtig, dass eine maximale Personenzahl (Kunden und Personal) bezogen auf die Verkaufsfläche vorgegeben wird.
Großveranstaltungen erst einmal nicht Volksfeste, größere Sportveranstaltungen mit Zuschauern, größere Konzerte, Festivals, Dorf-, Stadt-, Straßen-, Wein-, Schützenfeste oder Kirmes-Veranstaltungen sollen weiter mindestens bis zum 31. August untersagt bleiben.
Hotels und Restaurants Die Entscheidung über die Öffnung von Gastronomie sowie Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen für Privatleute legt der Bund in die Hand der Länder. Einige hatten Öffnungen bereits in Aussicht gestellt – erst
Niedersachsen, dann MecklenburgVorpommern, mit dem Ziel, Pfingsturlaub zu ermöglichen. Derzeit scheint es mit Blick auf Deutschland so zu sein, dass die Gastronomie zwischen Mitte und Ende Mai unter Auflagen wieder öffnen darf. Das Kabinett beschloss dazu passend eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen um 12 Punkte auf 7 Prozent ab 1. Juli. Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen.
Weitere Öffnungen Die Länder können in eigener Kompetenz über die schrittweise Lockerung in weiteren Bereichen befinden. Dazu zählt der Betrieb an Hochschulen, Volkshochschulen, Musikschulen und sonstigen Bildungseinrichtungen. Auch Bars, Klubs und Diskotheken können hoffen, ebenso Messeveranstalter. Nach den Friseuren sollen auch Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe nicht mehr zwingend geschlossen bleiben. Theater, Opern, Konzerthäuser und Kultureinrichtungen könnten bei gutem Verlauf bald wieder Tickets verkaufen. Kleinere Veranstaltungen, Feiern und Veranstaltungen ohne Festcharakter könnten stattfinden, wenn die Länder das wollen. Das gilt auch für Kinos, Freizeitparks, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche Einrichtungen sowie Bordelle. Für sie alle aber gilt, wie eingangs erwähnt: Die Länder müssen dazu erst noch Entscheidungen fällen.