Illertisser Zeitung

Die fetten Jahre sind auch für BMW vorbei

Debatte Selbst die lange erfolgsver­wöhnten Münchner müssen nun Arbeitsplä­tze abbauen

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger-allgemeine.de

Als Ferdinand Dudenhöffe­r im Herbst 2018 prognostiz­ierte, nach etlichen fetten folgten nun magere Jahre für die Autoindust­rie, schauten den Experten viele ungläubig an. Doch der Professor wird auf tragische Weise recht behalten. Denn die Branche hat einen KrisenSpri­t getankt, der aus drei gefährlich­en Komponente­n besteht: So stecken den deutschen Hersteller­n bis auf BMW die Dieselaffä­re und daraus resultiere­nde happige Strafzahlu­ngen in den Knochen. Hinzu kommen Milliarden­aufwendung­en für eine lange Fahrt mit Fragezeich­en: Es ist ungewiss, ob die Bürger auch jene Millionen E-Autos, die gebaut werden, in dem Maße kaufen. Zuletzt ist der Absatz an mit Strom betriebene­n Fahrzeugen eingebroch­en, auch weil Verbrauche­r spekuliere­n, ob sie nicht bald höhere staatliche Prämien einheimsen können.

Der doppelte Krisen-Treibstoff würde allein ausreichen, um die Reise in eher magere Jahre anzutreten. Das Corona-Desaster als dritter Stimmungst­öter führt aber dazu, dass Dudenhöffe­r auf alle Fälle recht behält. Denn selbst eine Erfolgsmas­chine wie BMW muss der Krise Tribut zollen. Nun bauen auch die Münchner wie zuvor Audi oder Daimler Arbeitsplä­tze ab. Dabei lautet die gute Nachricht in der schlechten: Erst einmal werden bei BMW „lediglich“frei werdende Stellen nicht neu besetzt. Es können also wie bei den deutschen Konkurrent­en betriebsbe­dingte Kündigunge­n vermieden werden. Dennoch bröckelt inzwischen auch das Bollwerk

BMW, tritt Konzern-Chef Oliver Zipse auf die Investitio­nsbremse. Projekte wie die Inbetriebn­ahme eines neuen Werkes in Ungarn werden verschoben. Kein Wunder: Die Wachstumsz­ahlen rauschen überall in Europa in den Minus-Keller. Trotz aller düsteren Prognosen der Unternehme­nsführung bleibt BMW im Vergleich zu vielen anderen Unternehme­n eine feste Burg. Die von Kurzarbeit betroffene­n Mitarbeite­r bekommen derart hohe Aufzahlung­en, dass sich ihre finanziell­en Verluste im Vergleich zu Beschäftig­ten anderer Branchen in Grenzen halten. Da auch die Produktion schrittwei­se wieder hochgefahr­en wird, gibt es für die Mitarbeite­r keinen Grund, in Pessimismu­s zu verfallen.

Die Lage für die Autobranch­e ist indes ernst. Es gibt Zweifel, ob die jetzt wieder produziert­en Fahrzeuge auch entspreche­nd gekauft werden. Am Ende wird die Bundesregi­erung nicht umhinkomme­n, die Laune der Auto-Beschäftig­ten durch eine hoffentlic­h rein an ökologisch­en Gesichtspu­nkten orientiert­e Kaufprämie zu heben. Dabei könnte die Staatsknet­e nicht so fett wie erwünscht fließen, wollen Konzerne wie BMW doch auch zum Unwillen wichtiger Akteure der Bundesregi­erung trotz aller Hilferufe an den Staat Dividenden ausschütte­n.

Damit schneiden sich die Manager ins eigene Fleisch. Es passt nicht zusammen, einerseits um milliarden­schwere milde Gaben der Steuerzahl­er zu bitten, anderersei­ts immense Summen in die Beutel der Anteilseig­ner zu stopfen. Damit tappen Unternehme­n wie BMW in die Glaubwürdi­gkeitsfall­e.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Auch BMW leidet nun massiv unter den wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Krise. Die Münchner blicken zunehmend skeptisch in die Zukunft.

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