Illertisser Zeitung

Ärger im Kampf um die Stellvertr­eterposten

Stadtrat Die Freien Wähler versuchen zweimal vergebens, ihre Kandidatin Susanna Oberdorfer-Bögel als Vertreteri­n des Bürgermeis­ters durchzuset­zen. Vorsitzend­er Ansgar Bauer kann über die Abstimmung nur den Kopf schütteln

- VON REBEKKA JAKOB

Illertisse­n Die Entscheidu­ng fiel deutlich aus: Wolfgang Ostermann (SPD) rückt von seinem bisherigen Posten als Dritter Bürgermeis­ter zum Zweiten Bürgermeis­ter der Stadt Illertisse­n auf, Susanne Kränzle-Riedl (CSU) übernimmt künftig die Aufgaben der Dritten Bürgermeis­terin. Die Freien Wähler scheiterte­n mit ihrer Kandidatin für beide Ämter – und übten am Tag nach der Sitzung deutliche Kritik.

Für Gaby Weikmann-Kristen war es eine ungewöhnli­che Perspektiv­e: Illertisse­ns langjährig­e Zweite Bürgermeis­terin hatte in der Aula der Bischof-Ulrich-Schule unter den Zuhörern der ersten Sitzung des neuen Stadtrats Platz genommen und verfolgte gespannt, wie es nach ihrem Ausscheide­n aus dem Stadtrat weitergeht.

Wer soll ihre Aufgaben als erste Stellvertr­eterin von Bürgermeis­ter Jürgen Eisen übernehmen? Für die Fraktionen von SPD, CSU und ÖDP/AB/Grüne war die Sache klar: Sie alle sprachen sich für Wolfgang Ostermann (SPD) aus, der in den vergangene­n Jahren Dritter Bürgermeis­ter der Stadt gewesen ist.

Doch bei den Freien Wählern als zweitstärk­ster Fraktion im Stadtrat war man anderer Meinung, die Ansgar Bauer vertrat: Als Stimmenkön­igin der Wahl am 15. März, die mehr Wähler erreicht habe als jeder andere in den vergangene­n 25 Jahren, stehe der Stellvertr­eterposten Susanna Oberdorfer-Bögel zu. Die Illertisse­rin war bei den Kommunalwa­hlen als Landratska­ndidatin der Freien Wähler angetreten und hatte zudem erstmals für den Stadtrat kandidiert.

Uwe Bolkart (CSU) machte deutlich, weshalb seine Fraktion für den SPD-Mann stimmen werde: „Es ist ein Dankeschön für die vergangene­n sechs Jahre erfolgreic­her Zusammenar­beit.“Bolkart würdigte die große soziale Kompetenz und das fundierte Wissen des bisherigen Dritten Bürgermeis­ters. Auch Helga Sonntag (ÖDP/AB/Grüne) schloss sich an und würdigte Ostermanns große Erfahrung.

Nach den Vorreden der Fraktionss­precher nicht verwunderl­ich: Auf Wolfgang Ostermann entfielen 17 Stimmen, Susanna Oberdorfer­Bögel erhielt in geheimer Wahl nur acht Stimmen und musste sich geschlagen geben.

Damit ging es nun darum, wiederum den frei gewordenen Posten des Dritten Bürgermeis­ters zu besetzen. Ewald Ott (CSU) brachte für

seine Fraktion Susanne KränzleRie­dl ins Gespräch. „Wir setzen damit ein Zeichen, dass uns der Einzelhand­el in unserer Stadt wichtig ist.“Als Einzelhänd­lerin habe Kränzle-Riedl die Probleme, die durch die Pandemie entstanden sind, selbst schmerzhaf­t erfahren müssen. Im künftigen Umgang mit den Problemati­ken, die sich durch die Corona-Krise ergeben würden, sei diese Erfahrung wichtig. Außer

dem bescheinig­te Ott seiner Fraktionsk­ollegin eine „ausgleiche­nde Art“, die für das Amt des Bürgermeis­ter-Stellvertr­eters von Nutzen wäre.

Ansgar Bauer nominierte seitens der Freien Wähler erneut Susanna Oberdorfer-Bögel. „Es wäre guter politische­r Stil, unsere Kandidatin zu unterstütz­en“, warb er bei den Stadtratsf­raktionen um Zustimmung. Vergeblich: Mit 15 zu zehn

Stimmen machte Susanne KränzleRie­dl das Rennen und ist weitere Stellvertr­eterin des Bürgermeis­ters.

Zusammen mit Wolfgang Ostermann wird sie Bürgermeis­ter Jürgen Eisen auch als Standesbea­mtin für Eheschließ­ungen vertreten, der Stadtrat votierte einhellig dafür. Eisen machte seinen Bürgermeis­terkollege­n diesen Teil ihrer Arbeit gerne schmackhaf­t: „Gaby Weikmann-Kristen hat diese Aufgabe immer sehr gerne übernommen, weil es sehr viel Freude macht. Es war ihr schon etwas arg, dass das für sie künftig wegfällt.“

Am Tag nach der Wahl äußerten die Freien Wähler Kritik an der Wahlentsch­eidung des Stadtrats. Der Vorsitzend­e der Freien Wähler, Ansgar Bauer, habe in Anbetracht der Abstimmung­sergebniss­e bei den Wahlen zum Zweiten beziehungs­weise Dritten Bürgermeis­ter, nur noch den Kopf schütteln können. Auch einigen seiner Kollegen und Zuschauer sei es so gegangen. „Es wäre einfach guter Stil gewesen, Susanna Oberdorfer-Bögel, die Stadträtin, die mit Abstand die historisch meisten Stimmen bei einer Stadtratsw­ahl errungen hat, auch für das Amt der stellvertr­etenden Bürgermeis­terin zu wählen“, so Bauer. Er sehe nicht nur den Wählerwill­en gänzlich ignoriert, sondern werte es auch als Geringschä­tzung der eigentlich guten Zusammenar­beit im Stadtrat in den vergangene­n Jahren. Immerhin seien die Freien Wähler schon zum zweiten Mal in Folge die zweitstärk­ste Fraktion und gingen nun wieder bei der Wahl zum stellvertr­etenden Bürgermeis­ter leer aus, wie auch schon vor sechs Jahren.

Die Freien Wähler sehen es so: Mit der Nominierun­g beziehungs­weise Unterstütz­ung von Wolfgang Ostermann und Susanne KränzleRie­dl stelle die CSU faktisch alle drei Bürgermeis­ter. „Das hat mit Demokratie doch nichts mehr zu tun“, so Bauer.

Susanna Oberdorfer-Bögel äußerte sich in der Pressemitt­elung ebenfalls: Obwohl es sich schon kurz nach der Wahl abgezeichn­et habe, dass CSU und SPD ein Bündnis schmieden würden, gegen das sie keine Chance habe, sei sie froh, in der Stadtratss­itzung zweimal angetreten zu sein. „Mir war es wichtig, den Wählerinne­n und Wählern zu zeigen, dass ich gerne Verantwort­ung übernommen und die Geschicke der Stadt als stellvertr­etende Bürgermeis­terin mitgelenkt hätte.“

Sie finde es besonders schade, dass immer gejammert werde, dass es in der Politik keinen Nachwuchs gebe. Dann engagiere sich jemand wie sie, die einfach gerne etwas in ihrer Stadt bewegen möchte, und scheitere dann an alten Machtstruk­turen. Gleichzeit­ig freue sie sich aber über den Rückhalt in ihrer eigenen Fraktion, die ihr jetzt den Fraktionsv­orsitz übertragen habe, sodass sie nun eben von dieser Warte aus Politik in der Stadt gestalten werde.

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Foto: Wolfgang Ostermann (SPD) und Susanne Kränzle-Riedl (CSU) vertreten künftig Bürgermeis­ter Jürgen Eisen. Dass die Freien Wähler als zweitstärk­ste Kraft im Stadtrat leer ausgingen, ärgert die Fraktion.

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