Kein schöner Anfang
Es hätte richtig nett werden können im Illertisser Stadtrat, fast so wie am ersten Schultag: Auf den Einzeltischen in der Aula der Bischof-Ulrich-Grundschule standen Fleißige Lieschen in bunten Töpfen, die den neuen Ratsmitgliedern durch die Blume zeigten, was ihnen in den nächsten sechs Jahren blüht: Eine ganze Menge Arbeit nämlich, die für einen tüchtigen Stadtrat aber Ertrag bringen soll. Auch Bürgermeister Jürgen Eisen hieß die Neuen im Ratsgremium willkommen mit einem Wort der Warnung: „Sie werden es nicht allen recht machen können.“Eisen sprach dabei zwar von finanziellen Grenzen und Sachzwängen, um die es dabei gehen könnte. Doch er ahnte vermutlich schon, dass wenige Minuten später eine Personalfrage für die erste Unruhe in der Klasse sorgen würde: Die Wahl seiner beiden Stellvertreter hatte von Anfang an Zündstoffpotenzial.
CSU und SPD haben bei den Kommunalwahlen jeweils einen
Sitz im Stadtrat verloren. Die Freien Wähler haben dafür als zweitstärkste Fraktion mit Susanna Oberdorfer-Bögel eine neue Ratsfrau dazugewonnen, die bei ihrer ersten Kandidatur ein historisches Ergebnis eingefahren hat. 7798 Stimmen gab es für die Illertisserin, die sich zugleich um den Posten des Landrats beworben hatte. Susanne Kränzle-Riedl, die später neu gewählte Dritte Bürgermeisterin, erhielt im März mit 5111 die zweitmeisten Stimmen. Dass die Freien mit diesen guten Argumenten Anspruch auf einen der Stellvertreterposten erheben würden, war zu erwarten. Doch da ist eben auch die Erfahrung des eingespielten Teams Jürgen Eisen und Wolfgang Ostermann, die eine Nominierung des langjährigen zweiten Stellvertreters von der SPD durch die CSUFraktion des Bürgermeisters ebenfalls nahe legte. In seiner ersten Amtszeit hatte sich der Bürgermeister neben seiner Parteikollegin Gaby Weikmann-Kristen auf den SPD-Mann verlassen können. Dass nach dem freiwilligen Abschied der langgedienten zweiten Bürgermeisterin die „Beförderung“von Ostermann zum ersten Stellvertreter kommen würde, haben sich viele schon gedacht.
Vielleicht haben die Freien Wähler aber auch einfach zu hoch gezielt. Immerhin hat Susanna Oberdorfer-Bögel trotz ihrer hohen Zustimmungswerte bei der Wahl noch keine Erfahrung mit einem Amt in der Kommunalpolitik sammeln können. Der erste Vertreter des Bürgermeisters muss aber neben Repräsentationspflichten auch viele Verwaltungsaufgaben übernehmen, gerade wenn der Bürgermeister im Urlaub oder erkrankt ist. Den erfahrenen Ostermann bei seiner sicheren Wahl zum zweiten Bürgermeister zu unterstützen und Susanna Oberdorfer-Bögel für den Job der Dritten Bürgermeisterin ins Spiel zu bringen, hätte vielleicht ein anderes Ergebnis zustande gebracht. So aber endete nach der ersten Niederlage auch diese Wahl anders. Und die zweitstärkste Stadtratsfraktion ging bei der Postenverteilung gänzlich leer aus.
Für Jürgen Eisen, Wolfgang Ostermann und Susanne KränzleRiedl ist nun eine schwierige Aufgabe dazu gekommen: Das neue Gremium nach seinem schwierigen Start wieder zu vereinen. Denn an schwierigen Aufgaben wird es nicht mangeln.