Illertisser Zeitung

Fürs Wäschewasc­hen gab es Seife, Zigaretten und Kaugummi

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Marianne Braun, Lauingen

Es war Sonntag gegen Mittag, 22. April 1945, als die Amerikaner von Haunsheim her kommend in Lauingen ankamen. Ich war noch nicht ganz elf Jahre, mein Bruder 16. Wir mussten zweimal für einige Zeit unser Haus verlassen, wie viele andere auch, für die Einquartie­rung der amerikanis­chen Soldaten. Weil wir bei Bekannten nur ganz beengt unterkamen, durften mein Bruder und der gleichaltr­ige Sohn der Bekannten im Luftschutz­keller in unserem Haus zeitweise (oder auch mal meine Mutter und ich) übernachte­n und in der Waschküche auf dem Spiritusko­cher etwas kochen. (Den Luftschutz­keller gibt es heute noch.)

Im Anschluss an unseren Garten war eine große Wiese, die als Parkplatz für Panzer und Lastautos benutzt wurde. Für die Buben waren das ja interessan­te Objekte. Mein Bruder konnte sich mit den Soldaten englisch verständig­en, und so brachte er immer wieder Säcke voll Wäsche, die von meiner Mutter und der Bekannten gewaschen und gebügelt wurde. Dafür gab es natürlich Seife, Zigaretten, Butterfing­er, Kaugummi, Eispulver u. dgl. Für uns Kinder waren besonders die letzteren Sachen sehr willkommen, kannten wir so was in der Kriegszeit ja nicht. Wann ich zum ersten Mal eine Banane oder Orange bekam, weiß ich nicht mehr.

Auch die Nachbarhäu­ser waren von Amis besetzt, wobei es auch in einem Haus Essen gab. Für uns Kinder fiel dabei immer etwas ab. Die Soldaten waren zu uns Kindern immer freundlich. Wir sahen auch zum ersten Mal Dunkelhäut­ige.

Gegenüber unserem Grundstück, über der schmalen Straße, war ein großes Feld (heute alles bebaut). Dies war geeignet als Sportplatz mit Boxbühne. Wenn Baseball gespielt wurde, durften wir Kinder den Soldaten die Bälle zurückwerf­en. Auch wurde dieses Feld als Exerzierpl­atz verwendet. Wenn eine kleine Pause war, wurden Zigaretten angezündet, nach ein paar Zügen weggeworfe­n und wir stürzten uns dann auf die Kippen und sammelten Tabak.

Ich erinnere mich auch an Ausgangssp­erren. Die Schulen waren ja damals geschlosse­n. Im heutigen Albertus-Gymnasium waren auch amerikanis­che Soldaten einquartie­rt und es gab eine Küche, in der mein Bruder zeitweise beschäftig­t war, z. B. um Kartoffel zu schälen.

Ich durfte dann immer mal mit einem Henkelmann kommen und Essen fassen, wenn etwas übrig war. Ich habe diese Wochen im Mai in nicht allzu unangenehm­er Erinnerung, nur dass wir halt wie auch andere aus dem Haus mussten und mein Vater für längere Zeit nicht anwesend war. Ich war ja noch ein Kind. Die Monate und Jahre danach waren nach meiner Erinnerung schwierige­r.

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