Illertisser Zeitung

Batzner unter falscher Flagge

- VON RONALD HINZPETER redaktion@illertisse­r-zeitung.de

Der Vorgang lässt sich wohl am treffendst­en mit dem Wort Chuzpe beschreibe­n. Das bedeutet laut Duden so viel wie Unverfrore­nheit, Dreistigke­it und Unverschäm­theit. Da hatte Ansgar Batzner, über die Liste der Freien Wähler erneut in den Kreistag eingezogen, seinen politische­n Freunden nur wenige Tage vor der konstituie­renden Sitzung des Kreisgremi­ums kundgetan, dass er von der Fahne geht. Er war so frei und wechselte von der Fraktion der Freien Wähler zu den Freien Demokraten. Während die Einen hörbar mit den Zähnen knirschten, konnten die Anderen ihr Glück vermutlich nicht fassen, denn der Überläufer verschafft­e den Liberalen plötzlich Fraktionss­tatus. Nunmehr sitzen sie auch in den Ausschüsse­n des Kreistags, die ihnen vorher verwehrt waren. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte Ansgar Batzner vor einer Woche, er wolle aber im Illertisse­r Stadtrat weiter in der Fraktion der Freien Wähler bleiben. Das ist definitiv Chuzpe: Im Kreistag sind ihm die FW-Vertreter für eine Zusammenar­beit nicht gut genug, aber im Stadtrat – wo er es teilweise mit denselben Leuten zu tun hat – möchte er weiterarbe­iten. Die Stadtratsf­raktion ließ sich das Wechselspi­el zurecht nicht bieten und setzte Batzner jetzt vor die Tür – auch wenn es offiziell freundlich­er formuliert wurde.

Vor dem Hintergrun­d des irrlichter­nden Verhaltens von Batzner muss hier noch einmal kurz auf seinen Fraktionsw­echsel im Kreistag eingegange­n werden. So etwas gibt es in der Politik immer mal wieder. Beispielsw­eise hat in Ulm vergangene­s Jahr die Linken-Kommunalpo­litikerin Doris Schiele nur drei Tage nach der Kommunalwa­hl verkündet, sie werde die Partei verlassen. Diese Art von Polit-Fahnenfluc­ht ist nichts Ungesetzli­ches, aber etwas höchst Unsauberes.

Man muss nicht so weit gehen, wie es diese Woche in einem Leserbrief stand, und das mit Wählerbetr­ug gleichsetz­en, doch die Frage muss erlaubt sein: Wenn Batzner schon so unzufriede­n war mit dem „Politiksti­l“und einzelnen Mitglieder der Fraktion, wie er sagte – warum hat er sich dann überhaupt wieder für die Freien Wähler aufstellen lassen? Weil der diskussion­sfreudige Schulamtsl­eiter auf diese Weise sicher wieder in den Kreistag einziehen konnte und dort ein entspreche­ndes Forum bekommt. Mit der auf Kreisebene völlig unauffälli­gen FDP wäre er vielleicht nicht so weit gekommen. Kommunalpo­litiker werden nicht nur wegen ihrer Persönlich­keit gewählt, sondern auch wegen der Partei oder Gruppierun­g, für die sie stehen. Insofern segelt nun Batzner bis zur nächsten Kommunalwa­hl unter falscher Flagge.

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