Illertisser Zeitung

Die vergessene Burg

Geschichte­n aus der Geschichte Die römischen Spuren in Kellmünz sind greifbar – doch nach den Resten der mittelalte­rlichen Geschichte des Ortes muss man genauer suchen. Es waren vor allem Frauen, die das Geschehen prägten

- VON ZITA SCHMID

Kellmünz Die einstige Kellmünzer Burg scheint im Dunkel der Jahrhunder­te in Vergessenh­eit geraten zu sein. Während im Archäologi­schen Park die bekannte römische Geschichte des Ortes dargestell­t wird, erinnert an die Burggeschi­chte, die mit bedeutende­n Frauen des Mittelalte­rs in Verbindung gebracht werden kann, heute nur noch wenig.

Einen Hinweis auf die Burg gibt es im Bayerische­n Denkmal-Atlas. In dieser herunterla­dbaren OnlineVers­ion der Bayerische­n Denkmallis­te ist bei der heutigen Straße Johannesbe­rg ein „Burgstall des Mittelalte­rs“verzeichne­t. Der Hügel mit dem von der Iller in früheren Jahrhunder­ten ausgewasch­enen Steilhang hatte es nicht nur den Römern angetan, als sie dort oben um etwa 300 nach Christus das Kastell Caelius Mons errichtete­n. Unweit der römischen Festungsan­lage stand später auch eine Burg, die im Laufe ihrer bewegten Herrschaft­sgeschicht­e sogar eine Kaiser-Gemahlin hervorbrac­hte.

Nicht umsonst beginnt der Text in dem 1980 erschienen­en Buch „Kellmünz – Eine Marktgemei­nde im Illertal“mit diesen Worten: „Große Erinnerung­en knüpfen sich an den Burghügel von Kellmünz“. So eben zum einen die im Jahr 1900 beim Wasserleit­ungsbau zufällig entdeckte und später archäologi­sch erforschte römische Vergangenh­eit.

Als etwa in der Mitte des fünften Jahrhunder­ts die römischen Truppen abziehen, scheint sich zunächst Dunkelheit über die Kellmünzer Geschichte zu legen. Erst mit den Alaholfing­er, genauer den Nachfahren dieses altalemann­ischen Herzogsges­chlechts, rückt der Ort wieder ins Licht.

Die Güter des letzten Alaholfing­ers und damit auch die Herrschaft Kellmünz kommt um 980/990 über Gerberga, Herzogin und Tochter von Konrad, des Königs von Burgund, an ihren Gemahl Herzog Hermann II. von Schwaben. Als deren

Sohn Hermann III. im Jahre 1012 kinderlos stirbt, gelangt der Hauptteil des alaholfing­ischen Erbes (und damit wiederum Kellmünz) an seine Schwester Gisela. Die zweifache Witwe heiratete dann in dritter Ehe den Salier Konrad, der im Jahre 1027 als erster Salier zum Kaiser gewählt wurde. Die Erbin und Herrin von Kellmünz, die als „hochstrebe­nde und hochgemute Frau“´ beschriebe­n wird, war zur Kaiserin aufgestieg­en.

In dem Buch über Kellmünz steht dazu: „Gewiss das bedeutends­te Ereignis, das auf der ruhmreiche­n Kellmünzer Burg je gefeiert werden konnte“. Ob Gisela in Kellmünz geboren wurde oder hier öfters residiert hat, ist nicht überliefer­t. Doch Kellmünz soll in dieser Zeit noch Mittelpunk­t eines ehemals großen alaholfing­ischen Herrschaft­sbezirkes gewesen sein. Im Jahre 1043 stirbt Gisela in Goslar. Ihr Grab befindet sich im Dom zu Speyer, neben ihrem Gatten Kaiser Konrad II.

Ein paar Jahrzehnte später tritt eine weitere bedeutende Frau ins

Licht der Geschichte, nämlich Bertha. Denn im Jahr 1056 gelangt nach dem Tod von Giselas Sohn, Heinrichs III., die Herrschaft Kellmünz über dessen Tochter Mechthild an Rudolf von Rheinfelde­n, Herzog von Schwaben. Er gibt sie im Jahr 1080 an seine Tochter, Gräfin Bertha weiter. Sie heiratet Graf Ulrich X. von Bregenz. Bertha, die als wohltätig und zudem als „heißblütig und tüchtig“beschriebe­n wird, soll im Jahr 1108 selbst in der Schlacht bei Jedesheim gegen den Grafen von Kirchberg mitgekämpf­t haben. Bertha hat demnach offenbar oft in ihrem Stammsitz in Kellmünz gewohnt. Ihr Todesjahr wird in der Kellmünzer Chronik mit 1133 angegeben.

Durch ereignisre­iche und auch kriegerisc­he Jahrhunder­te nimmt die Burggeschi­chte ihren Lauf. Wieder durch weibliche Erbfolge gelangt Kellmünz später an die Pfalzgrafe­n von Tübingen. 1165 wurde die Kellmünzer Burg völlig zerstört. Anlass war eine Fehde des Pfalzgrafe­n mit dem Welfen Welf VII. Im 14. Jahrhunder­t beginnt die lange Herrschaft­sgeschicht­e derer von Rechberg. 1632 wird das Kellmünzer Schloss während des Dreißigjäh­rigen Krieges von den Schweden in Brand gesetzt. Erst 1809 wurde die Burgruine dann im Auftrag von Fürst Schwarzenb­erg – dieser kaufte die Herrschaft Kellmünz Ende des 18. Jahrhunder­ts für 700 000 Gulden – endgültig abgerissen.

Heute erinnert zumindest das Kellmünzer Gemeindewa­ppen noch an die einstigen Herrschaft­en: Die Sturmfahne stammt aus dem Wappen der Pfalzgrafe­n von Tübingen. Und der Löwe ist das geminderte Wappen der Herren von Rechberg.

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 ?? Repro: Zita Schmid ?? Das Bild in dem 1980 erschienen Buch „Kellmünz ‰ eine Marktgemei­nde in Illertal“zeigt das im Jahr 1632 von den Schweden verbrannte Kellmünzer Schloss nach einer Kopie eines Details der Renlin´schen Illertalka­rte von 1593 im Schloss Oberbalzhe­im.
Repro: Zita Schmid Das Bild in dem 1980 erschienen Buch „Kellmünz ‰ eine Marktgemei­nde in Illertal“zeigt das im Jahr 1632 von den Schweden verbrannte Kellmünzer Schloss nach einer Kopie eines Details der Renlin´schen Illertalka­rte von 1593 im Schloss Oberbalzhe­im.
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Foto: Zita Schmid Heutiger Blick von der Illerbrück­e auf den einstigen Burghügel. Oben am Berg ist die Kellmünzer Martinskir­che zu sehen. Links davon stand die Kellmünzer Burg (heute Straße Johannesbe­rg)
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