Alter Sport auf neuen Bahnen
Verein Die Vöhringer Stockschützen spielen nun auf einer der modernsten Anlagen im weiten Umkreis. Die Randsportart ist trotz angestaubtem Image in der Stadt so beliebt
Vöhringen Die vier Bahnen vor dem Eingang zum Fitnessstudio des Vöhringer Sportclubs sehen alles andere als rutschig aus. Und doch schafft es Alois Heinrich scheinbar mühelos, seinen Stock, der in seiner Form ein wenig an einen überdimensionierten Spielkegel erinnert, über die gepflasterte Fläche gleiten zu lassen. Heinrich ist Leiter der Abteilung Stockschießen des SC Vöhringen. Eine absolute Randsportart, wie er selbst sagt. Und auch in Vöhringen hatte die Abteilung schon den Weg Richtung Auflösung eingeschlagen.
Doch nicht zuletzt durch das Engagement Heinrichs hat das Stockschießen beim SCV wieder Zulauf erfahren. Jüngst hat der Verein sogar richtig investiert und die Stockerbahnen komplett erneuert. Die frisch gepflasterte Fläche zieht einige neugierige Blicke auf sich und, so hofft Heinrich, auch einige neue Mitspieler an.
Als er selbst vor einigen Jahren zu den Stockschützen kam, befand sich die Abteilung in einer Art Dornröschen-Schlaf, wie er sagt. Ein gutes Dutzend Vereinsmitglieder traf sich noch zum regelmäßigen Spielen, doch an Wettkämpfen nahmen sie nicht mehr teil. 2014 kamen jüngere Spieler mit dazu, der SC Vöhringen war wieder erfolgreich in der Stockschützenliga. In den letzten drei Jahren seien sie zwei Mal aufgestiegen, erzählt der Abteilungsleiter nicht ohne Stolz.
Stockschießen ist zwar ein Sport, der bis ins hohe Alter ausgeübt werden kann, doch es sei kein „Altherren-Sport“, sagt Heinrich. Das würde jeder merken, der es schon einmal selbst probiert hat. Gefragt sind Kraft und Technik gleichermaßen, wenn man versucht, den Stock ins Ziel zu bringen. Doch wie funktioniert das Spiel überhaupt?
Beim Stockschießen treten zwei Mannschaften bestehend aus vier Spielern gegeneinander an. Jeder Spieler hat einen Stock, mit dem er versucht, so nah wie möglich an eine kleine „Taube“genannte Gummiplatte zu treffen. Dazu lässt der Spieler seinen Stock über die Bahn gleiten. Die Spieler der Mannschaften sind immer abwechselnd an der Reihe. „Da geht es dann auch um Taktik“, erklärt Heinrich. Versucht man, einfach nur näher an die Taube zu treffen oder zielt man auf den gegnerischen Stock, um ihn aus dem Spielfeld zu schießen? Und mit welcher Lauffläche sollte der Stock für den perfekten Wurf ausgestattet werden? Da gibt es welche, die besser rutschen, andere sind griffiger.
Am Ende gibt es dann Punkte für die Stöcke, die am nächsten an der Taube sind. Da gehe es oft um Millimeter, sagt Alois Heinrich. Ein Maßband gehört also unbedingt mit zum Equipment des Stockschützen.
Der Sport hat eine lange Geschichte. Ursprünglich wurde er auf zugefrorenen Seen gespielt, als Zeitvertreib, etwa für Landwirte, die in den kalten Wintermonaten wenig zu tun hatten. Als es in Mode kam, das Stockschießen vom Eis auch auf Asphalt zu verlegen, wurde es ein Ganzjahressport. Nur trocken sollte es sein.
Das Spiel begeistert. Die Leute müssen nur auf den Geschmack gebracht werden. Frei nach diesem Motto hat Heinrich in den vergangenen Jahren einiges organisiert, um dem Traditionssport zu neuer Beliebtheit in Vöhringen zu verhelfen. Er organisierte zum Beispiel Stadtmeisterschaften und GruppenEvents bei Firmen, die ihre Mitarbeiter zum Teambuilding auf die Stockerbahn nach Vöhringen schicken können. Selbstverständlich können sich auch andere Gruppen anmelden. Am Ende scheinen sich die Maßnahmen auszuzahlen. Erst im August dieses Jahres gab es fünf Neuzugänge, die den Altersschnitt der Vöhringer Stockschützen ganz gewaltig – von 66,2 auf 55,6 Jahre – gesenkt haben.
Jüngst fanden die Vereinsmeisterschaften statt, bei denen auch die neuen Bahnen, laut Heinrich übrigens die „modernsten in weitem Umkreis“, eingeweiht wurden. Einen Sieger gibt es nicht. Mitten im Turnier bekamen zwei Spieler den
Anruf, dass sie vorige Woche beim Handball mit einem positiv auf Corona Getesteten auf dem Platz standen. Das Turnier wurde vorsorglich abgebrochen. Die neuen Bahnen haben sich aber schon bewährt. Die Weichen für die Zukunft des Sports in Vöhringen seien gestellt, er sei guter Dinge, dass die Tradition des Stockschießens noch lange beim SCV bestehen wird, sagt Alois Heinrich.
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