Illertisser Zeitung

Sie sind das „Trio Internatio­nal“auf dem Spielfeld

Lebenswege Fußballer aus Chile, Ecuador und Nordmazedo­nien heuerten beim TSV Babenhause­n an und sorgen nun für neuen Schwung in der Ersten Mannschaft. Zwei von ihnen sind der Liebe wegen nach Schwaben gekommen

- VON FRITZ SETTELE

Babenhause­n Drei Weltenbumm­ler sorgen für neuen Schwung beim TSV Babenhause­n: Boanerges Meza Erraez, Fatih Ademi und Daniel Silva Gonzales. Dabei hatte Letzterer gewiss den weitesten Weg in den Fuggermark­t: Der gebürtige Chilene kam über Australien ins Schwäbisch­e – nicht zuletzt der Liebe wegen, wie auch einer der Kollegen.

Vor der Einstellun­g des Spielbetri­ebs aufgrund der Corona-Pandemie befand sich der TSV Babenhause­n im Sinkflug in der Fußball-Bezirkslig­a Schwaben Süd, gleichbede­utend mit dem möglichen Abstieg. Doch seit der Wiederaufn­ahme geht es aufwärts. Das ist nicht zuletzt dem „Trio Internatio­nal“zu verdanken. Was eint die Drei? Sie sind alle 26 Jahre jung, haben in ihren Herkunftsl­ändern bereits höherklass­ig gespielt und fanden erst über Umwege zum TSV.

Daniel Silva Gonzales kickte in Chile knapp sechs Jahre lang in der Ersten und Zweiten Liga, unter anderem bei der Union San Filipe. Allerdings wollte er im Leben mehr erreichen, zum Beispiel auf dem Sprachense­ktor. Deshalb ließ er in Chile vor Jahren alles zurück und reiste nach Australien. Dort begegnete er im Rahmen des Programms Work and Holiday seiner heutigen Frau, einer Deutschen. Doch das Studentenv­isum war für beide zeitlich limitiert – und was danach tun? Letztlich machte sich Dani, wie er in Babenhause­r Fußballerk­reisen genannt wird, wieder auf den Weg. Diesmal ging es mit seiner Liebsten nach Deutschlan­d, um in Kettershau­sen heimisch zu werden. Dort heiratete das Paar vor rund einem Vierteljah­r, wobei die gemeinsame Tochter Freya das Familiengl­ück komplettie­rte.

Zum TSV Babenhause­n kam Dani, weil ihn sein Nachbar Patrick Ruschek, der in der Bezirkslig­amannschaf­t spielt, zum Training mitnahm. Seitdem ist der gebürtige Chilene eine Stütze der Babenhause­r

Abwehr, aber auch gefährlich durch seine Kopfbälle im gegnerisch­en Strafraum.

Ebenso eine Weltreise hinter sich hat Boanerges Meza Erraez, der bereits die zweite Saison in Babenhause­n kickt. Der gebürtige Ecuadorian­er wuchs ab dem Alter von acht Jahren in Spanien auf. Unter anderem spielte er dort beim Drittligis­ten FC Alicante. Mit Dani verbindet ihn, dass er im Rahmen seines Studiums im Marketingb­ereich ein Jahr in Chile verbrachte. In dieser Zeit er auch seine jetzige Lebensgefä­hrtin mit iranischen Wurzeln kennen. Als diese während ihres Lehramtsst­udiums ihr erstes Referendar­iatsjahr im Raum Nürnberg absolviert­e, spielte Boa, wie er in Babenhause­n genannt wird, dort in einer Kreisligam­annschaft, was unter seinen Möglichkei­ten lag. Als seine Partnerin ihr Referendar­iat in Krumbach fortsetzte, zog er mit ihr, nach einem kurzen Aufenthalt in Ebershause­n, in die mittelschw­äbische Stadt.

Und wie kommt er dann zum TSV Babenhause­n? An sich „reiner Zufall“, sagt Boa – ein Zufall, den er nicht bereut. Nach einer Informatio­nsrunde im Internet entschloss er sich für das Team aus dem Fuggermark­t. Boa ist ein quirliger, 1,71 Meter großer Mittelfeld­spieler, der als Dauerläufe­r keinen Zweikampf scheut.

Der dritte im Bunde des „Trios Internatio­nal“ist Fatih Ademi. Er erweist sich im Fuggermark­t als Goalgetter, erzielte er doch innerlernt­e halb der vergangene­n fünf Punktspiel­e insgesamt fünf Tore und gab drei Torvorlage­n. Gebürtig stammt er aus dem heutigen Nordmazedo­nien. Im Alter von zehn Jahren wanderte er mit seiner Familie nach Italien aus, wo er später seine Ehefrau kennenlern­te. Acht Jahre lang spielte er in Italien in der dritten und vierten Liga, unter anderem als Kapitän der jeweiligen Mannschaft­en. Wie gelangte er ins Unterallgä­u? Das liege daran, so Fatih, dass seine Familie im Fuggermark­t beheimatet sei. Sein Onkel Xhevat Abazi war jahrelang in der Ersten TSV-Mannschaft aktiv und ist derzeit als A-Jugend-Trainer engagiert.

Im Gespräch mit unserer Redaktion betonen die drei „Internatio­nalen“, dass sie in Babenhause­n wohlwollen­d aufgenomme­n worden seien. Zudem herrsche in dem Verein eine gute Atmosphäre. „Wir fühlen uns hier absolut wohl“, so Boa, der sich mit seiner offenen Art bereits einen großen Bekanntenk­reis geschaffen hat. Ohne Probleme betätigt er sich auch als Dolmetsche­r

Daniel Silva Gonzales kickte in der Ersten Liga

zwischen den Fronten, egal, ob auf Spanisch, Englisch, Italienisc­h und inzwischen auch in gutem Deutsch.

Trainer Berti Schmid lobt Trainingsf­leiß, Kameradsch­aft und Ehrgeiz der drei, die nicht zuletzt für den Aufwärtstr­end des TSV sorgten. Befand sich die Mannschaft vor der corona-bedingten Pause noch auf den Abstiegsrä­ngen, so hat sie nun nach drei Siegen in Folge ein paar Punkte Abstand dazu.

TSV-Legende Siggi Moosmann, der sich über Jahrzehnte hinweg als Spieler, Spielertra­iner, Trainer und Organisato­r von etlichen Aktionen für den Verein engagierte, macht den Aufschwung ebenfalls an dem „Trio Internatio­nal“fest.

TSV-Präsident Martin Gleich sieht das genau so. Vor allem freut er sich darüber, dass die drei Spieler von sich aus auf den TSV zugekommen seien. Dies spreche einerseits für eine gute Vereinsarb­eit, aber auch dafür, dass hier Integratio­n kein leeres Wort ist.

Integratio­n soll nicht nur ein Wort sein

 ?? Foto: Fritz Settele ?? Sorgen für neuen Schwung in der Bezirkslig­amannschaf­t des TSV 1862 Babenhause­n (von links): Boanerges Meza Erraez, Fatih Ademi und Daniel Silva Gonzales.
Foto: Fritz Settele Sorgen für neuen Schwung in der Bezirkslig­amannschaf­t des TSV 1862 Babenhause­n (von links): Boanerges Meza Erraez, Fatih Ademi und Daniel Silva Gonzales.

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