Illertisser Zeitung

Er bläst in Ebershause­n den Feierabend ein

Freizeit Jeden Tag pünktlich um 18 Uhr musiziert Adalbert Burkhart mit seinem Tenorhorn auf seinem Balkon. Warum er das macht und wie die Nachbarn auf sein „Läuten“reagieren

- VON WERNER GLOGGER

Ebershause­n Die Bewohner in der Lerchenstr­aße und deren Umgebung in Ebershause­n brauchen am Abend nicht auf die Uhr zu schauen. Denn pünktlich um 18 Uhr erklingen jeden Tag vom Balkon im Grundstück mit der Nummer Vier vertraute Melodien und „läuten“so den Feierabend ein.

Seit 30. März, nach Beginn der Corona-Krise mit den einschneid­enden Beschränku­ngen, die auch das kulturelle Leben zum Erliegen brachten, praktizier­t Adalbert Burkhart seine Musik auf diese Art, um anderen Menschen eine Freude zu bereiten. Animiert von Berichten in Fernsehen und Rundfunk, wie man diese Zeit sinnvoll nutzen kann, kam ihm die Idee. „Ich spiele nicht im Keller, wo mich keiner hört, sondern lasse meine Melodien im Freien erklingen“, sagt er.

Mit bewunderns­werter Ausdauer bezieht der 69-jährige Burkhart, ausgestatt­et mit Instrument, Pult und einem umfangreic­hen Notenmater­ial seither jeden Tag seinen Balkon und musiziert, anfangs um 19 Uhr und nach Ende des Sommers eine Stunde früher etwa eine Viertelstu­nde

lang mit wechselnde­m Programm. Dabei lässt er sich auch nicht von schlechtem Wetter beeinfluss­en.

Der Großteil seines Repertoire­s besteht aus Volksliede­rn, aber auch Walzer oder Klassik gehören dazu. Beendet wird das Ein-Mann-Konzert jedes Mal mit „Freude schöner Götterfunk­en“und der BayernHymn­e. Aber anlässlich eines Besuches aus den USA in der Nachbarsch­aft erklang auch schon die amerikanis­che Nationalhy­mne zur Freude aller Gäste.

Anfangs, erinnert sich Burkhart, rätselten seine Nachbarn und auch weiter entfernt Wohnende, wer da wohl so regelmäßig um die gleiche Zeit musiziert und vermuteten aktive Musiker. Doch schnell war das Rätsel gelöst und es fanden sich immer mehr Zuhörer ein, die sich mit Beifall bemerkbar machten und richtige Fans geworden sind. Einige berichten, dass sie vor allem die Volksliede­r mitsingen. Infolge des idealen Standortes des Grundstück­es mit Blick auf die Kirche sind die Melodien je nach Windrichtu­ng auch in anderen Teilen des Dorfes zu hören. Gut geeignet für die Vorträge ist sein Tenorhorn, nicht wie üblich in ovaler, sondern in gerader Bauart, denn es erzeugt einen besonders weichen Ton. Laut Burkhart ist es schon 100 Jahre alt und ein Erbstück seines Vaters. Mit diesem Instrument erlernte er unter seinem Lehrmeiste­r, dem früheren Dirigenten der Ebershause­r Blasmusik, Sebastian Kössinger, 1962 das Musizieren und gehörte bis 1989 dieser Kapelle an. Seither kam das Tenorhorn nicht mehr zum Einsatz und musste erst wieder auf Vordermann gebracht werden. Verständli­ch, dass der angehende Musikant und Solist auch seinen Ansatz wieder auffrische­n musste. Aber nach anfänglich­en kleinen „Aussetzern“, sagt Burkhart, wurde das Musizieren immer besser.

Neben den „Großen“findet das abendliche Vorspiel auch bei den kleineren Zuhörern viel Gefallen. Angetriebe­n von so großem Zuspruch will Burkhart weitermach­en, seinen Mitmensche­n Freude bereiten und einen kleinen Kulturbeit­rag leisten. Er fühle sich beileibe für sein Spiel nicht zu alt, selbst wenn er vermutet, dass sich spätere Generation­en an „den alten Mann, der jeden Abend auf dem Balkon musizierte“, erinnern werden.

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Foto: Werner Glogger Adalbert Burkhart will mit seinen Melo‰ dien, die er täglich von seinem Balkon aus erklingen lässt, den Mitmensche­n Freude bereiten.
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Archivfoto: Matthias Becker Ryanair streicht am Allgäu Airport Ver‰ bindungen.

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