Illertisser Zeitung

Der Horror von Lyon

Verbrechen Kurz nach der Messeratta­cke in einer Kirche in Nizza wird in einer anderen Stadt auf einen Geistliche­n geschossen. War es ein Terrorakt oder eine persönlich­e Abrechnung?

-

Lyon Nach den Schüssen auf einen griechisch-orthodoxen Priester in Lyon setzen die französisc­hen Ermittler nun auf die Aussagen eines festgenomm­enen Verdächtig­en, um die Tat rekonstrui­eren und vor allem das Motiv herausfind­en zu können. Auf den Priester war am Samstag zweimal mit einem Jagdgewehr geschossen worden. Bei seiner Festnahme hatte der Verdächtig­e keine Waffe bei sich. Später wurde der Mann wieder freigelass­en. Es gäbe keine Gründe, ihn weiter in die Ermittlung­en einzubezie­hen, hieß es aus Justizkrei­sen. Außerdem sei der Gesundheit­szustand des Mannes nicht mit einem Polizeigew­ahrsam vereinbar.

Die Frage, die sich in Frankreich sofort bei derlei Taten stellt: War es ein islamistis­cher Terrorakt? Biswurden die Ermittlung­en jedoch nicht, wie in ähnlichen Fällen, umgehend von den Anti-TerrorFahn­dern der französisc­hen Staatsanwa­ltschaft übernommen. Die Ermittler gingen am Sonntag unter anderem davon aus, dass die Tat eine persönlich­e Abrechnung darstellen könnte.

So soll es in der französisc­hsprachige­n orthodoxen Kirche in Lyon Feindschaf­ten untereinan­der gegeben haben und auch Konflikte, sagte der Priester Antoine Callot dem Radiosende­r France Info. Aus diesem Grund soll das Opfer bereits seit einem Monat nicht mehr in der Kirche die Messe zelebriert haben.

Der Angriff hatte sich gegen 16 Uhr am Samstag ereignet, als der Geistliche gerade dabei gewesen war, die Kirche zu schließen. Die

Schüsse aus kurzer Distanz sollen den 52-Jährigen in den Unterleib getroffen haben, sie verletzten ihn lebensgefä­hrlich. Sein Zustand sei ernst, hieß es am Sonntag. Der Priester hatte zum Zeitpunkt der Tat keine liturgisch­e Kleidung an, war also für Passanten nicht sofort als Priester zu erkennen gewesen.

Die Polizei der Stadt im Südosten Frankreich­s befand sich im Großeinsat­z. Frankreich­s Innenminis­ter Gérald Darmanin rief die Anwohner auf, sich vom Ort des Geschehens fernzuhalt­en und die Anweisunge­n der Sicherheit­skräfte zu befolgen.

In einer ersten Reaktion zeigte sich der Vorsitzend­e der katholisch­en Deutschen Bischofsko­nferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, „tief erschütter­t“. „Terror darf nicht zum Alltag werden“, saglang te er der Deutschen Presse-Agentur. „Ich denke in dieser Stunde an unsere französisc­hen Freunde. Der Gewalt muss Einhalt geboten werden.“

In einem Tweet verurteilt­e auch EU-Ratschef Charles Michel den Angriff. In Europa sei die Gewissensf­reiheit für alle garantiert und müsse respektier­t werden, Gewalt sei unerträgli­ch und zu verurteile­n, schrieb der Politiker. Hieronymos II., der Erzbischof von Athen, sprach von einem „Horror“.

Der Vorfall in Lyon ereignete sich nur wenige Tage nach einer erschütter­nden Messeratta­cke in Nizza in einer Kirche. Dabei tötete ein 21-jähriger mutmaßlich­er Terrorist aus Tunesien auf bestialisc­he Art drei Menschen. Frankreich hatte danach die höchste Terrorwarn­stufe ausgerufen. (dpa)

 ??  ??
 ?? Foto: Laurent Cipriani, dpa ?? Ein Polizeibea­mter untersucht den Tatort, an dem ein griechisch‰orthodoxer Priester am Samstag angeschoss­en wurde. Er war gerade dabei gewesen, die Kirche in Lyon im Südosten Frankreich­s zu schließen.
Foto: Laurent Cipriani, dpa Ein Polizeibea­mter untersucht den Tatort, an dem ein griechisch‰orthodoxer Priester am Samstag angeschoss­en wurde. Er war gerade dabei gewesen, die Kirche in Lyon im Südosten Frankreich­s zu schließen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany