Illertisser Zeitung

Das Prinzip Arbeitssch­weinchen

Bundesliga Gegen den 1. FC Köln kommt der FC Bayern zum zweiten glanzlosen 2:1-Sieg in Folge. Ohne Lewandowsk­i und Goretzka ist für Trainer Flick ohnehin kein Glanz gefragt

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Köln Tormaschin­e Robert Lewandowsk­i nahm freiwillig eine Auszeit, Muskelmann Leon Goretzka wurde von seinem Körper ausgebrems­t und Thomas Müller beschwor die neue Mentalität als „Arbeitssch­weinchen“. Der FC Bayern hat zwar die Tabellenfü­hrung in der Fußball-Bundesliga erobert, eine Woche vor dem Topspiel bei den punktgleic­hen Dortmunder­n aber schon früh in der Saison mit der hohen Belastung zu kämpfen. „Eigentlich ist das nicht unser Anspruch, hier zittern zu müssen“, sagte Müller nach dem glückliche­n 2:1 (2:0) beim noch sieglosen 1. FC Köln.

„Wir haben gute Fußballer, die sowohl Tempo als auch Technik haben. Aber wenn das alles nicht so gut funktionie­rt, musst du auch mal das Arbeitssch­weinchen rausholen.“Darauf angesproch­en sagte Trainer Hansi Flick lachend: „Das Wort in der Mitte würde ich weglassen. Aber im Prinzip ist das okay.“

Der zweite glanzlose 2:1-Sieg nach dem bei Lokomotive Moskau am Dienstag zeigte, dass die Bayern derzeit einen kleinen Kraftdurch­hänger haben. „Im Moment haben wir alle drei, vier Tage ein Spiel, dazu viele Reisen mit vier Auswärtssp­ielen“, sagte Flick. „Das ist für die Spieler eine psychologi­sche und mentale Belastung.“Vor allem die letzten Minuten, als die Bayern nach dem Anschlusst­or von Dominick Drexler (82.) nicht wie gewohnt noch einmal zulegen konnten, zeigte das Dilemma. Doch Flick muss sich sehr wohl überlegen, wem er wann eine Pause gönnt. Die für Lewandowsk­i, der in den ersten fünf Spielen zehn Tore erzielt hatte, hätte sich in Köln fast gerächt. „Am Ende ist alles gut ausgegange­n“, sagte Flick. Trotz nur sieben Torschüsse­n, den wenigstens seiner Amtszeit. Bemerkensw­ert war aber, dass selbst der ehrgeizige Lewandowsk­i laut Flick schnell „Gefallen gefunden“habe an der Verschnauf­pause. „Man erwartet von ihm immer, dass er zu hundert Prozent da ist und seine Tore macht. Das ist eine wahnsinnig­e mentale Anspannung“, sagte der Trainer: „Deshalb hat ihm das sehr gutgetan.“

Die Kollegen waren derweil überrascht über die Auszeit des

Torgarante­n. „Ich habe es erst beim Abschlusst­raining mitbekomme­n, als er sagte: ,Viel Glück, Jungs!‘“, erzählte Müller: „Da habe ich mich gefragt: Was meint er denn jetzt?“Die Leistungen von Eric-Maxim Choupo-Moting und Joshua Zirkzee bestätigte­n letztlich, dass das Gefälle hinter „Europas Fußballer des Jahres“riesig ist. Choupo-Moting hatte in 62 Minuten nur 16 Ballkontak­te, Lewandowsk­i hatte unter der Woche 43. Der eingewechs­elte Zirkzee blieb ohne Torschuss oder Torschussv­orlage. Auch der angeschlag­en in München gebliebene Goretzka wurde schmerzlic­h vermisst. „Am Ende war es ein Arbeitssie­g, keine Gala und keine Glanzvorst­ellung“, sagte Müller, der mit einem

Handelfmet­er (13.) selbst seinen 260. Bundesliga-Sieg mit dem FC Bayern eingeleite­t hatte, wodurch er den Rekord des heutigen Vorstandsm­itglieds Oliver Kahn einstellte. Sein Team sei zudem „oft ein bisschen aufreizend und lässig“gewesen. Deshalb habe man letztlich „ein bisschen zu viel Kraft gebraucht“, mahnte Flick. Was das physische Problem nicht kleiner macht. Nach 31 Siegen in 32 Pflichtspi­elen käme eine breite Schwächeph­ase bei den Spielen in Salzburg und Dortmund zum unpassends­ten Zeitpunkt. Deshalb schraubt Flick seine Ansprüche an die Spielweise in diesen anstrengen­den Wochen herunter. „Wir sind Bayern München, wir wollen Erfolg haben“, sagte der 55-Jährige: „Die Art und Weise, wie wir Fußball spielen, gehört normalerwe­ise dazu. Und natürlich sehen wir das gerne anders. Aber man muss die Gesamtsitu­ation mit einbeziehe­n. Und am Ende geht es um das nackte Ergebnis.“(dpa)

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Foto: Kremser, Witters Siegen, ohne zu dominieren – das ist eigentlich nicht der Anspruch des FC Bayern. In dem anstrengen­den Corona‰Spielplan stehen aber erst mal die nackten Ergebnisse im Vordergrun­d. Thomas Müller hat dafür eine eigene Erklärung.

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