Lewis Hamilton sorgt für Gesprächsstoff
Formel 1 Der Engländer gewinnt auch in Imola und führt damit Mercedes vorzeitig zur siebten Team-WM. Er übertrifft eine weitere Bestmarke von Michael Schumacher. Später redet er sogar über einen möglichen Rücktritt
Imola Überschwänglich stemmte Lewis Hamilton seinen Teamchef Toto Wolff nach dem nächsten Formel-1-Rekord in die Höhe. Mit seinem Sieg in Imola hat der WM-Spitzenreiter das Mercedes-Team am Sonntag vorzeitig zum siebten Konstrukteurstitel in Serie geführt und damit eine weitere Bestmarke aus Michael Schumachers Ära übertroffen. „Davon werde ich irgendwann mal meinen Enkeln erzählen“, schwärmte Hamilton nach seinem neunten Erfolg im 13. Saisonlauf.
Schumacher hatte einst zu besten Zeiten mit Ferrari sechsmal in Serie die Team-WM gewonnen. „Das ist ein riesiger, stolzer Moment“, beteuerte Boss Wolff. Mit dem 93. Grand-Prix-Erfolg ist Hamilton auch seiner siebten Weltmeisterschaft ganz nah, schon in zwei Wochen in der Türkei könnte er hier zu Schumacher aufschließen.
„Das ist der Geist dieses Teams, ich bin dankbar, ein Teil davon zu sein“, sagte der 35-Jährige. Wie lange noch, weiß Hamilton wohl selbst noch nicht. „Ich wäre gern hier nächstes Jahr, aber es ist nicht garantiert“, verkündete der 35 Jahre alte Brite nach seinem Sieg in Imola und ließ damit aufhorchen. Hamiltons Vertrag mit dem Werksteam läuft am Jahresende aus. „Es gibt vieles, was mich am Leben danach reizt. Die Zeit wird es zeigen“, kokettierte der WM-Spitzenreiter sogar mit einem einen Rücktritt.
Teamchef Toto Wolff rechnet indes mit einer Einigung mit Hamilton auf eine weitere Zusammenarbeit, sobald das Titelrennen endgültig entschieden ist. „Es fühlte sich für uns beide bisher nicht wie der richtige Moment an, bevor diese Titel erledigt sind“, sagte der Österreicher. Gänzlich ausschließen wollte Wolff einen plötzlichen Abschied Hamiltons aber nicht. „Nichts ist sicher im Leben, so lange es keine Unterschrift gibt.“
Zweiter im Großen Preis der Emilia Romagna wurde Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas, der von der Pole Position gestartet war.
Der Finne hatte sich früh sein Auto beschädigt, profitierte aber vom späten Reifenplatzer des Red-BullPiloten Max Verstappen. Auf Rang drei fuhr Daniel Ricciardo im Renault. In der Gesamtwertung hat Hamilton nun vier Rennen vor Schluss 85 Punkte Vorsprung auf Bottas.
Für Sebastian Vettel wurde auch das dritte Italien-Heimspiel von Ferrari in diesem Jahr zum Ärgernis. Nach der Enttäuschung in der Qualifikation mit Startplatz 14 zögerte er im Rennen seinen Reifenwechsel lange hinaus und war deshalb sogar Vierter. Doch dann patzte seine Boxencrew schwer, brauchte 13,1 Sekunden für den Stopp. So verpasste der Hesse als Zwölfter die Punkteplätze.
Das Gastspiel nahe Bologna war für die Formel 1 nur ein Kurzbesuch. Wegen der hohen Belastung in der Corona-Notsaison hatte die Rennserie auf das übliche Freitagstraining verzichtet und fuhr nur am Samstag und Sonntag. Zuschauer waren kurzfristig verboten worden, sodass die Königsklasse bei ihrer Imola-Rückkehr nach 14 Jahren vor leeren Rängen ihre Runden drehte.
Dennoch genossen die Piloten das Comeback auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari. „Da steckt sehr viel Geschichte drin, gute und schlechte. Jeder, der die Formel 1 verfolgt, kennt Imola“, sagte Vierfach-Weltmeister Vettel vor dem Start. Vor allem das schwarze Wochenende 1994 mit dem Tod von Ayrton Senna und Roland Ratzenberger hat sich tief ins Gedächtnis der Motorsport-Fans gebrannt.
Seither ist der Kurs mehrfach umgebaut worden und inzwischen deutlicher sicherer. Zugleich aber ist mit den modernen Boliden das Überholen enorm schwierig. So kam es wieder einmal auf Strategie und Rennglück an. Und das hatte wieder einmal Hamilton auf seiner Seite. Der Führende Bottas beschädigte sich schon in der zweiten Runde seinen Unterboden und war so langsamer als mit einem intakten Auto.
In Runde 19 holte der Finne sich frische Reifen, während Hamilton weiter fuhr. In Runde 30 hattte er dann Glück. Das Auto von Esteban Ocon rollte rauchend aus, also wurde das virtuelle Safety Car aktiviert: Und zwar gerade lang genug, dass Hamilton seine Reifen wechseln konnte, ohne die Führung zu verlieren. Das Rennen war entschieden.
Hamilton ist der dominierende Fahrer der Gegenwart. Die Zukunft in der Formel 1 könnte aber Mick Schumacher, 21, gehören. Es deutet vieles daraufhin, dass der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher in der kommenden Saison für das US-Team Haas fahren wird. „Es wäre eine Ehre für uns, etwas, worauf wir stolz sein könnten“, sagte Teamchef Günther Steiner dem TV-Sender RTL. Nachdem Alfa Romeo die Verträge mit Kimi Räikkönen, 41, und Antonio Giovinazzi, 26, verlängert hat, gilt das HaasTeam als die beste Chance für Schumacher auf einen Formel-1-Stammplatz. (dpa)