Illertisser Zeitung

In den Orbit

Start‰ups Sowohl die Münchner von Isar Aerospace als auch die Augsburger Rocket Factory entwickeln Trägerrake­ten, um kleinere und mittlere Satelliten in die Erdumlaufb­ahn zu schießen. Der Markt ist groß. Die Konkurrenz auch

- VON STEFAN KÜPPER

München Es war ein ziemlicher Aufschlag, den Isar Aerospace da Anfang September hatte, als man die Produktion in einem Gewerbegeb­iet am Stadtrand von München eröffnete. Wobei es dem Start-up naturgemäß mehr ums Abheben geht. Aber bei nicht jeder Fabrikeröf­fnung gibt es so ein Tamtam. Bundesweit­e Schlagzeil­en, Ministerpr­äsident zu Besuch, großes Spektakel.

Was am Produkt liegen mag, denn Isar Aerospace will von Ottobrunn schließlic­h in den Orbit. Das junge Unternehme­n entwickelt sogenannte Trägerrake­ten, um kleine und mittlere Satelliten in den Weltraum zu transporti­eren. Diese sind in der ersten Generation für eine Last von 1200 Kilogramm ausgelegt und können Satelliten auf eine Höhe von 400 bis 1200 Kilometer bringen. Es geht um sogenannte „Microlaunc­her“.

Die sind das Gegenteil von Science-Fiction, sondern bedienen vielmehr einen wachsenden, hart umkämpften Markt. Denn bald schon wird es noch viel mehr Satelliten am Himmel geben, die für vernetzte Autos, das autonome Fahren, für weltweites Highspeed-Internet, Industrie 4.0 oder für die Landwirtsc­haft der Zukunft, das sogenannte Smart Farming, gebraucht werden. Jemand muss die nach oben schießen. Die Chancen dieses Marktes haben auch andere längst erkannt. Die direkte Konkurrenz sitzt zum Beispiel im Augsburger Technologi­ezentrum und nennt sich Rocket Factory (RFA). Oder Hyimpulse mit Sitz im baden-württember­gischen Neuenstadt am Kocher.

„Spectrum“heißt die Rakete, die Isar Aerospace bauen wird. 27 Meter hoch sind die Dinger im fertigen Zustand, zwei Meter im Durchmesse­r, passen auf einen Laster. Schon 2021 soll die erste starten. Ob das klappt? Jetzt, wo die Öffentlich­keit nach dem großen PR-Aufschlag quasi jeden Schritt der so jungen wie schnell gewachsene­n Firma verfolgt?

Es gibt jedenfalls wieder etwas zu vermelden: So hat das Unternehme­n zuletzt Alexandre Dalloneau als „Head of Mission and Launch Operations“gewonnen. Dalloneau war zuvor für Arianespac­e tätig, wo er sieben Vega-Raketensta­rts und drei Multi-GTO-Ariane-5-Missionen verantwort­ete, wie Isar Aerospace jüngst mitteilte: Er bringe das „perfekte Profil und weitreiche­nde Erfahrung“. Man sei nun „bestens aufgestell­t“, um den ersten Start voransagte Daniel Metzler, Gründer und Chef von Isar Aerospace. Er rechnet damit, dass der Markt für Raketensta­rts bis 2027 auf über 30 Milliarden Euro steigt. Fast zehn Milliarden Euro davon entfielen auf den Einsatz der kleinen und mittleren Satelliten, für die man produziert. Noch dieses Jahr ist eine nächste Finanzieru­ngsrunde geplant.

Auch bei der Augsburger Rocket Factory hat sich wieder das eine oder andere getan. Durchfinan­ziert ist das Unternehme­n mit seinen Investoren – der Bremer OHB-Gruppe und Apollo Capital Partners aus München – nach eigenen Angaben bereits bis zum ersten Start. Dass man beim Mikrolaunc­her-Wettbewerb des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) – wie auch Isar Aerospace – 500000 Euro an Fördergeld­ern der Europäisch­en Weltraumor­ganisation (ESA) gewonnen hat, schadet keinesfall­s.

Zuletzt haben die Augsburger Raketenmac­her in Nordschwed­en, beim Esrange Space Center, einen mehrere hunderttau­send Euro teuren Prüfstand eingeweiht. Vertreter der schwedisch­en Regierung waren dabei auch zugegen. In den nächsten Wochen sollen im hohen Norden nahe der Stadt Kiruna erste Komponente­n getestet werden. Und Ende des Jahres will man dann auch „Brandversu­che“mit dem gesamten Triebwerk absolviere­n. Es überzutrei­ben, rascht nicht, dass die Konkurrenz aus München ebenfalls einen eigenen Prüfstand beim Esrange Space Center im Aufbau hat.

Seit zwei Jahren gibt es die Augsburger Rocket Factory. 80 Mitarbeite­r aus 22 Ländern arbeiten dort an den neuen Raketen. Wie Isar Aerospace, wo inzwischen über 100 Kollegen arbeiten, hat auch die Rocket Factory eine Vereinbaru­ng mit der französisc­hen Raumfahrta­gentur CNES (Centre national

Wer hat den meisten Schub?

d’études spatiales) unterzeich­net, um Raketensta­rts aus dem Raumfahrtz­entrum CSG (Centre Spatial Guyanais) in Französisc­h-Guayana vorzuberei­ten und durchzufüh­ren. Während Isar Aerospace sehr langfristi­g damit plant, etwa 20 Raketen pro Jahr zu produziere­n, wollen die Augsburger bereits ab dem Jahr 2025 22 Raketen pro Jahr abheben lassen.

Welches Start-up wohl mehr Schub hat? RFA One, die erste Rakete aus der Augsburger Factory, soll 2022 starten. Isar Aerospace will mit der Spectrum schon Ende kommenden Jahres hoch hinaus.

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Foto: RFA Das Augsburger Unternehme­n Rocket Factory will hoch hinaus: 22 solche Ra‰ keten sollen pro Jahr ab 2025 Satelliten ins All bringen.

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