KöProzess vor Urteil
Justiz Plädoyers in Verhandlung um tödlichen Schlag in Augsburg gehen weit auseinander
Augsburg Im Prozess um den gewaltsamen Tod eines 49-jährigen Mannes am Augsburger Königsplatz steht an diesem Freitag das Urteil an. Die Vorstellungen darüber, wie der Täter zu bestrafen ist, gehen zwischen Staatsanwalt und Verteidigern weit auseinander. Halid S., 17, hatte dem Mann einen tödlichen Faustschlag ins Gesicht verpasst, und er hat mit zwei weiteren jungen Männern einen Freund des Getöteten verprügelt. Staatsanwalt Michael Nißl fordert deshalb sechs Jahre Haft. Verteidiger Marco Müller plädiert für eine Bewährungsstrafe.
Der Staatsanwalt bleibt beim Vorwurf aus der Anklageschrift – Körperverletzung mit Todesfolge und gefährliche Körperverletzung. Nißl sagt, einen Tötungsvorsatz könne man Halid S. nicht nachweisen. Dafür gebe es nicht genug Anhaltspunkte – so gebe es etwa keinen Beleg dafür, dass er Kampfsport betrieben habe. Man habe auch nicht ausreichend Beweise für ein aggressives Verhalten in der Zeit vor der Tat am Kö oder für die Mitgliedschaft in einer Art Gang, wie von der Polizei vermutet. Aber: Halid S. strebe offensichtlich nach Dominanz – wie es ihm auch ein Psychiater attestiert habe. Bei dem Streit habe ihn das dazu gebracht, so massiv zuzuschlagen. Der Staatsanwalt sagt: „Er wäre halt gerne der Chef, das wäre für ihn toll. Das war jetzt die Möglichkeit, da kann man zeigen, was man kann.“Im Gefängnis soll Halid S. zu Mithäftlingen gesagt haben: „Ihr seid kleine Wichtigtuer, ich habe schon einen totgeschlagen.“Diese Äußerung sei „bodenlos, infantil und schreiend dumm“, sagt der Staatsanwalt. Das zeige, dass er sich mit der Tat nicht auseinandergesetzt habe.
Verteidiger Marco Müller geht davon aus, dass man Halid S. für den tödlichen Schlag nicht bestrafen könne. Er habe seinen Freund verteidigen wollen. Roland S. habe den Freund des 17-Jährigen beleidigt und mit einem Stoß attackiert. Das sei rechtswidrig gewesen und nicht, wie vom Kripo-Chef zunächst dargestellt, „regelkonform“. Müller stuft den Faustschlag rechtlich als Nothilfe ein. Halid S. habe sich aber wegen des folgenden Angriffs auf den Freund von Roland S. zu verantworten – und dafür sei eine Bewährungsstrafe angemessen.