Illertisser Zeitung

Kurzarbeit statt Kursprogra­mm

Einschränk­ungen Das Corona-Jahr trifft die Jugendbild­ungsstätte in Babenhause­n und das Bildungsze­ntrum am Kloster Roggenburg hart. Ihre Leiter sprechen über die Auswirkung­en

- VON SABRINA KARRER UND JENS NOLL

Babenhause­n/Roggenburg Klettern, werkeln, forschen, musizieren, diskutiere­n: All das können Kinder, Teenager und auch Erwachsene in der Schwäbisch­en Jugendbild­ungsund Begegnungs­stätte Babenhause­n tun. 2020 jedoch nur eingeschrä­nkt. Ein Jahr, das von Social Distancing geprägt ist, passt nicht zu einem Ort wie die der Jubi, wie die Einrichtun­g genannt wird. Und auch nicht zum rund 20 Kilometer entfernten Bildungsze­ntrum in Roggenburg.

Nur etwa ein Drittel der sonstigen Belegung und der Einnahmen verzeichne­t die Babenhause­r Jubi in diesem Jahr. Ihr Leiter Michael Sell spricht von einem „massiven Einbruch“. Statt Kinderlach­en und üppiges Kursprogra­mm: Kurzarbeit. Damit und dank der Rettungssc­hirme des Freistaats und des Bundes habe die Jubi zumindest den finanziell­en freien Fall auffangen können, sagt Sell. Die Einrichtun­g sei bisher „mit ein, zwei blauen Augen“durch die Krise gekommen.

Nachdem die Türen von März an geschlosse­n geblieben waren, wagte sich die Jubi ab Pfingsten wieder an ein Programm. „Wir haben Ferienmaßn­ahmen angeboten. Einerseits, um die Eltern zu unterstütz­en, anderersei­ts, um die Kinder aus der digitalen Welt zu holen“, erzählt Sell. Außerdem besuchten kleine Gruppen die Einrichtun­g im Rahmen ihrer Ausbildung. Die 2019 eröffnete Turnhalle, die reichlich Platz zum Abstandhal­ten bietet, wurde vermietet, zum Beispiel für Versammlun­gen. „Die Tagesveran­staltungen haben uns ein bisschen gerettet“, sagt Sell. Von einem „vollen Haus“– die Jubi zählt rund 100 Betten – konnte man aber nur träumen.

Noch voller Zuversicht war zu Beginn des Jahres Pater Roman Löschinger, der Geschäftsf­ührer des Bildungsze­ntrums für Familie, Um– welt und Kultur am Kloster Roggenburg. „Wir hätten unser bestes Betriebsja­hr gehabt“, sagt er. 22 500 Übernachtu­ngen waren angepeilt. „Jetzt erreichen wir nicht mal mehr 7000.“Vergangene­n Freitag habe er die letzte Gruppe verabschie­det, erzählt Pater Roman. „Das war’s für heuer.“Der erste Lockdown im Frühjahr hatte schon eine gut dreimonati­ge Zwangspaus­e zur Folge – keine Übernachtu­ngen, keine Tagungen, keine Kurse. Nun ist der Betrieb wieder eingestell­t, die 45 Mitarbeite­r des Bildungsze­ntrums sind in Kurzarbeit.

als im Frühjahr verordnete­n die Behörden beim aktuellen Teil-Lockdown zwar keine Betriebssc­hließung, wie Pater Roman sagt. Praktisch könnten aber 90 Prozent des Geschäfts nicht stattfinde­n. Eine Firma könne zwar Räume im Bildungsze­ntrum für Schulungen mieten. Übernachtu­ng und Verpflegun­g darf die Einrichtun­g jedoch nicht anbieten. „Davon leben wir aber“, sagt der Geschäftsf­ührer.

Auch in der Hauswirtsc­haft der Babenhause­r Jubi wurde es heuer ruhiger – keine hungrigen Gäste, keine dampfenden Töpfe in der Küche. Die Haustechni­k hatte weiterhin zu tun. Es wurde repariert und renoviert. „Wir haben einen großen Garten. Die Früchte werden trotzdem reif, das Gras wächst“, sagt Michael Sell. Doch nicht nur im Hintergrun­d blieben und bleiben die

Mitarbeite­r aktiv. Sie wollen auch in die Welt hinausrufe­n: Uns gibt es noch! Denn: „Wird die Jubi vergessen, wäre das das Schlimmste“, findet ihr Leiter. So wurden Masken genäht, Insektenho­tels gebaut und gegen Spenden unter die Leute gebracht. Zudem nutzen die Mitarbeite­r die Zeit, um neue konzeption­elle Ansätze zu erarbeiten und die digitale Ausstattun­g zu verbessern.

Was der Jubi-Chef vom jetzigen „Lockdown light“hält? Der November belaste ihn weniger, das Jahr 2020 könne man im Grunde abschreibe­n. „Was wichtig wäre: dass es 2021 wieder anläuft.“Er hofft, endlich wieder Schulklass­en empfangen zu können. Bis einschließ­lich Januar 2021 sollen mehrtägige Klassenfah­rten oder Schüleraus­tausche, ausgenomme­n Maßnahmen zur Berufsorie­ntierung, laut Kultusmini­sAnders terium ausgesetzt bleiben. Zum einen wegen des Infektions­schutzes. Zum anderen solle der Fokus im ersten Halbjahr des Schuljahre­s 2020/2021 auf der „Erteilung von Unterricht“liegen, um Unterschie­de im Lernfortsc­hritt auszugleic­hen. Aus Sells Sicht sind auch Aufenthalt­e in Jugendbild­ungsstätte­n Bausteine des Unterricht­s.

Pater Roman Löschinger in Roggenburg sagt über die Einschränk­ungen: „Es ist, wie es ist.“Prinzipiel­l sei es ja sinnvoll, Kontakte zu vermeiden. Was ihn allerdings stört, ist die Ungewisshe­it darüber, ob das Bildungsze­ntrum wegen seiner wirtschaft­lichen Einbußen durch den zweiten Lockdown Corona-Hilfen bekommt oder nicht. „Von acht Rettungssc­hirmen auf Bundeseben­e greift keiner“, sagt er. Vollständi­g geklärt sei die Sache aber noch nicht.

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Archivfoto­s: Alexander Kaya Die Jubi in Babenhause­n pflegt Kontakt zu Jugendring­en und ‰verbänden, sozialen Einrichtun­gen, Schulen und Wirtschaft­sunter‰ nehmen. In diesem Jahr machen die Corona‰Auflagen der Einrichtun­g zu schaffen.
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Keine Kurse, keine Übernachtu­ngen: Zum zweiten Mal in diesem Jahr steht der Be‰ trieb im Bildungsze­ntrum Roggenburg still.

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