Die CoronaJäger
Pandemie Das Virus verbreitet sich rasant. In den Gesundheitsämtern versucht man verzweifelt, die Kontaktpersonen der Infizierten zu ermitteln und die Übertragung einzudämmen. Eine Geschichte über einen Job am Limit und die Frage, wie lange das noch gut g
Dillingen Die Detektivarbeit beginnt in einem nüchternen Büro. Schreibtische. Deckenstrahler. PVC-Fußboden. Telefone. Durch das Fenster blickt man auf einen bergseeblauen Herbsthimmel, der so gar nicht zu der trüben Stimmung passen will, die das ganze Land erfasst hat. In diesem Zimmer geht sie also los, die Jagd. Auf einen Feind, der unsichtbar ist. Und der seit Monaten unser ganzes Leben verändert.
Birgit Rieß rückt ihr Headset zurecht, bevor sie anfängt zu erzählen. Auf dem Telefon vor ihr kleben gelbe Notizzettel, über der Rückenlehne ihres Bürostuhls baumelt ein geblümter Schal. „Die Arbeit ist sehr wichtig. Aber auch sehr kräftezehrend“, sagt sie. Rieß ist im Gesundheitsamt der Stadt Dillingen die Frau für schlechte Nachrichten. Sie ist es, die die Menschen anruft, um ihnen zu sagen, dass ihr CoronaTest positiv ausgefallen ist. Und sie ist es, die etwas in Gang setzt, über das in diesen Tagen überall gesprochen wird: die Kontaktnachverfolgung. Die Detektivarbeit also, mit der die Verbreitung des Virus eingedämmt werden soll. Nur: Das wird von Tag zu Tag schwieriger.
An jenem kalten Novembermorgen, an dem Birgit Rieß im beschaulichen Dillingen an ihrem Schreibtisch sitzt, verkündet das Robert Koch-Institut wieder einen neuen Corona-Höchstwert. 19900 NeuInfektionen werden an jenem Tag gemeldet, 24 Stunden später sind es erstmals mehr als 20000. Diese schnell steigenden Zahlen haben massive Auswirkungen auf die Arbeit
Experten, die eine solche Einzelfallverfolgung angesichts der Überlastung vieler Gesundheitsämter für nicht mehr zielführend halten. Etwa der SPD-Gesundheitsexperte und Epidemiologe Karl Lauterbach.
Es müsse stattdessen eine Cluster-Verfolgung geben, sagt Lauterbach im Gespräch mit unserer Redaktion. Seiner Ansicht nach müsste die Sache so laufen: Wenn ein neuer Corona-Fall auftaucht, wird systematisch abgefragt, ob die Person in den fünf Tagen vor der Ansteckung zu einem bestimmten Zeitpunkt eng mit vielen anderen Menschen zusammen war, zum Beispiel in der Schule, bei einer Chorprobe, einer Konferenz oder einer Familienfeier. Man jage dann nicht allen Einzelkontakten der Person nach, sondern kontaktiere gezielt nur diejenigen, die an den Clustern beteiligt waren, also etwa Mitschüler oder Chormitglieder. Die Clustermitglieder würden dann für zehn Tage in Quarantäne gebeten. „Die Ämter würden dadurch entlastet werden, das System muss jetzt, wo wir im Wellenbrecher-Shutdown sind, umgestellt werden.“
Die Verbandschefin der Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst, Ute Teichert, sieht das ganz ähnlich. Auf die Frage, ob man sich bei der Kontaktnachverfolgung von der Verfolgung jedes einzelnen Falls verabschieden sollte, um lieber lokalen Häufungen nachzugehen und so die großen Infektionsketten zu brechen, sagt Teichert vor kurzem in den ARD-Tagesthemen: „Tatsächlich wäre es gut, wenn man vorwiegend auf die Cluster gucken würde. Das würde aber bedeuten,
Die Bundeswehr hilft in den Gesundheitsämtern aus
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