Ist der Ausbruch der Schweinepest nur eine Frage der Zeit?
Tiere Das Virus wird auch in unsere Region kommen – da sind sich viele Fachleute einig. Der Neu-Ulmer Jagdverband und das Veterinäramt warnen vor schweren Folgen
NeuUlm Alles begann mit dem Fund eines toten Wildschweins in Brandenburg – das Tier war an der Afrikanischen Schweinepest (ASP) verendete. Weitere Fälle und Funde folgten und mittlerweile gelten drei Gebiete im Osten Deutschlands als Schweinepest-Gefahrenzonen.
Auch für den Kreis Neu-Ulm könnte das weitreichende Folgen haben. Der erste Fundort lag zwar im Spree-Neiße-Kreis, rund 650 Kilometer von unserer Region entfernt, die Folgen sind bei uns aber deutlich spürbar, da die internationalen Fleischmärkte empfindlich auf den Fund an der ostdeutschen Grenze reagieren. Jüngst wurde zudem im Kreis Görlitz (Sachsen) das erste Wildschwein positiv auf ASP getestet. Bereits vor Monaten stoppten Behörden in Südamerika und Südkorea zur Sicherheit die Einfuhr von deutschem Schweinefleisch. Um rund 20 Cent sei der Kilopreis seitdem gefallen, erklärt Philipp Winter vom Veterinäramt Neu-Ulm. Dass sich das Virus auch bei uns ausbreiten werde, sei derweil nur eine Frage der Zeit. „Die Krankheit kann von einer Rotte auf die andere übertragen, oder durch ein weggeworfenes infiziertes Wurstbrot, auf einem Rastplatz eingeschleppt werden.“
Selbst in verarbeiteten Fleischprodukten könne das Virus überleben und sich weiterverbreiten, sagt der Fachmann. Er appelliert seit Längerem auch an alle Jäger beim Betreten von Schweineställen, besonders achtsam zu sein: „Die Kleidung muss nach dem Aufenthalt im
Wald gewechselt werden, wenn die Person einen Stall betreten will.“
Der Vorsitzende des Jagdverbands Neu-Ulm, Christian Liebsch, unterstützt diese Forderungen. Auch für ihn ist die Frage nach einem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in unserer Region nicht eine Frage, die mit „ob“beginnt, sondern mit „wann“. Bis zuletzt habe man gehofft, dass die osteuropäische Grenze eine Barriere sei, die erkrankte Tiere aufhält, sagt Liebsch. „Umso dramatischer ist es jetzt, zu sehen, wie diese Hürde genommen wurde.“
Um einer möglichen Ausbreitung der Schweinepest vorzubeugen, werden die Bestände bereits intensiv bejagt. Mit rund 900 Wildschweinen wurden schon weit mehr als doppelt so viele Tiere geschossen als in den vergangenen Jahren. Liebsch stellt dabei klar, dass der Abschuss der Tiere für den Jäger verpflichtend sei: „Wir schießen nicht aus Lust am Töten, sondern weil wir den Bestand regulieren müssen und die Verantwortung für unser Revier tragen.“Liebsch spricht auch weitere Gefahren an, die von den bis zu 200 Kilo schweren Tieren im dicht besiedelten Raum ausgehen. Immer wieder kommt es zu schweren Verkehrsunfällen mit den Wildtieren. Die Revierjagd mit großkaliberigen Büchsenpatronen sei wiederum nicht ungefährlich, weil die Geschosse eine Reichweite von bis zu sechs Kilometern haben.
Die Firma „Pig-Süd“in Holzheim hat sich auf den Vertrieb von Schweinen spezialisiert. Für Stallbetreiberin Christiane Linck ist diese Arbeit eine Herzensangelegenheit, wie sie sagt: „Ich tue alles für meine Sauen – aber bei den Marktpreisen ist das fast unmöglich.“Angst vor einem Ausbruch der Schweinepest habe sie kaum, weil die Hygienemaßnahmen für ihren Betrieb schon immer sehr hoch seien. Sie sagt: „Jeder, der den Schweinestall betritt, muss zuvor duschen, Kleidung wechseln und eine Desinfektionsschleuse passieren.“Zudem würden die Tiere ständig auf Symptome kontrolliert. „Das ist bei unseren 1300 Tieren ein hoher finanzieller Aufwand.“
Sollte sich das Virus in der Region ausbreiten, hätte das für Stallbetreiber und Züchter fatale Folgen, weil diese mit Liefersperren belegt würden. Dennoch wollen Züchter, Händler und Tierärzte nicht Panik verbreiten: Das Virus sei für Menschen nicht ansteckend.