Illertisser Zeitung

Der Heimat‰Bildner

Nachruf Kameramann Gernot Roll gestorben

- VON STEFAN DOSCH

Die Reihe der Filme, bei denen er die Kamera führte – deutsche Filme durchweg –, ist illuster. Große Dokudramen von Heinrich Breloer etwa, „Die Manns“und „Speer und Er“, dazu „Buddenbroo­ks“und zuletzt „Brecht“. Komödienkl­assiker auch wie Sönke Wortmanns „Kleine Haie“und „Der bewegte Mann“und von Helmut Dietl die Schickeria-Farce „Rossini“. Charlotte Link natürlich, für die er bei „Jenseits der Stille“die Kamera verantwort­ete, wie auch beim Oscar-Gewinner „Nirgendwo in Afrika“.

Womöglich am eindrucksv­ollsten aber hat Gernot Roll seine Kunst in Filmen von Edgar Reitz entfaltet, in dem vielteilig­en „Heimat“-Epos. Wie Roll da in Teil 1 den Aufbruch einer archaisch-dörflich geprägten Welt in die Moderne, wie er die Erstbegegn­ung mit Radio, Auto und Flugzeug mal in Schwarz-Weiß, mal in Farbe visualisie­rte; wie er in der „Zweiten Heimat“die Münchner Bohème so nachkriegs­blass wie lebensdurs­tig leuchten ließ; vollends, wie er in „Die Andere Heimat“mit seinen Totalen erneut den Hunsrück zum Sehnsuchts­ort machte, den die Bewohner, perspektiv­los, wie sie im 19. Jahrhunder­t waren, doch zurücklass­en müssen: Das sind Kompositio­nen, die sich unauslösch­lich eingeprägt haben ins Bildgedäch­tnis des deutschen Films.

Gernot Roll war ein gebürtiger

Dresdner, 1939 kam er dort zur Welt. Mitte der 50er Jahre durchlief er in der DDR eine Ausbildung zum Kameramann in den Babelsberg­er DEFA-Studios. 1960 ging er in den Westen und fand Arbeit in München bei der Bavaria Film, für die er in vielen Dutzend Produktion­en hinter der Kamera stand. Schon bald schätzten ihn namhafte Regisseure und Regisseuri­nnen.

Aber Roll verstand sich nicht nur auf gehobenes Fernsehen und Kino, er konnte auch anders. Vor allem, wenn er nicht nur hinter, sondern zugleich vor der Kamera stand. So wie in „Ballermann 6“, einem Streifen mit Gags aus der untersten Schublade. Bernd Eichinger habe ihn dazu überredet, ließ Roll dazu verlauten, legte aber noch mit einer Reihe von Flachfilme­n nach. Offensicht­lich gehörte er zu denen, die zwischendu­rch mal ein Kontrastpr­ogramm brauchten.

Das ändert nichts daran, dass Gernot Roll zu den großen Bildgestal­tern – ein Begriff, den er und Reitz für die „Heimat“wählten – des deutschen Films gehörte. Am Donnerstag ist er, den Angaben seiner Familie zufolge nach schwerer Krankheit, im Alter von 81 Jahren in München gestorben.

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Gernot Roll

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