Illertisser Zeitung

Es wird einsam um den Christbaum auf dem Münsterpla­tz

Advent In Rekordzeit steht die Blaufichte vor Ulms Wahrzeiche­n. Viel mehr adventlich­es Flair ist im Corona-Jahr nicht drin

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ulm/Neu‰Ulm Recht schmal sieht er aus, der Weihnachts­baum auf dem Ulmer Münsterpla­tz. Dennoch ist er doppelter Rekordträg­er. Die Blaufichte ist der erste Münsterpla­tzWeihnach­tsbaum, der nicht im Zentrum einer Großverans­taltung steht. Und keiner vor ihm wurde so schnell aufgestell­t. Um 10.06 Uhr am Donnerstag­morgen bekam Sven Seifert von der Ulm-Messe den Anruf, dass der 18-Meter-Baum am Söflinger Klosterhof gefällt und auf dem Tieflader festgezurr­t ist. „Und um 10.36 stand er schon. So schnell ging das noch nie“, sagt Seifert. Im vergangene­n Jahr etwa dauerte der Transport zwei Tage, weil der überbreite Baum unterwegs an Ampeln und Verkehrssc­hildern hängen blieb.

„A bissl schlank“findet Jürgen Eilts den diesjährig­en Baum. Doch schlank und „schön gerade gewachsen“sei besser als zu breit. Eilts, als Chef der Ulmer Messegesel­lschaft so etwas wie der Organisato­r des Weihnachts­markts, tue es immer noch weh, dass der Budenzaube­r, der in normalen Jahren eine Million Menschen anlockt, dieses Jahr ausfallen muss. „Wenigstens ein paar Buden“wünscht sich Eilts dieses Jahr trotz Corona in der Ulmer Innenstadt. 40 potenziell­e Interessen­ten, die sonst auf dem Ulmer Weihnachts­markt ihre Waren anbieten, stehen auf seiner Warteliste. Erst nach dem kommenden Montag, wenn Bundeskanz­lerin Angela Merkel und die Ministerpr­äsidenten der Bundesländ­er eine Zwischenbi­lanz des derzeitige­n Teil-Lockdowns gezogen haben, könnte Eilts in die Planungen gehen. Oder sie gleich begraben.

Auch Sandra Walter, seit Juli die neue Ulmer City-Managerin, wünscht sich weihnachtl­iche Stände. Denn je mehr adventlich­es Flair in die Stadt kommt, umso größer sei die Anziehungs­kraft. Es sei schon schwer genug, dass die Gastronomi­e geschlosse­n ist. „Wir merken das deutlich.“Es sei derzeit nur etwa die Hälfte der sonst üblichen Fußgängerz­ahlen

in der Innenstadt unterwegs.

Doch Glühwein und Bratwurst wird auch bei einer Genehmigun­g von einigen wenigen Weihnachts­marktständ­en nicht nach Ulm locken. Wenn überhaupt, dann Kunsthandw­erk, so Eilts. Viele der Händler, die seit vielen Jahren auf dem Ulmer Weihnachts­markt einen Großteil ihres Jahresumsa­tzes generieren, seien nun in Nöten. Eine Art Trostpflas­ter ist der „virtuelle Weihnachts­markt“auf der angestammt­en Homepage der Traditions­veranstalt­ung. Die Händler haben hier kostenlos die Möglichkei­t, Weihnachts­marktfans über ihren Online-Shop und Kontaktmög­lichkeiten zu informiere­n. Inklusive des Standplans des vergangene­n Jahres. „Dass auch jeder seine Lieblingss­chals oder die guten Pantoffeln virtuell finden kann.“

Not macht erfinderis­ch: Die Händler der Ulmer-City-Werbegemei­nschaft bieten, wie berichtet, bis Weihnachte­n einen kostenlose­n Lieferserv­ice an.

Dass im kommenden Jahr der Weihnachts­markt wieder ganz normal stattfinde­n kann, mag Eilts noch nicht glauben. Eher werde das dezentrale Konzept erneut aus der Schublade gezogen, das eigentlich dieses Jahr hätte umgesetzt werden sollen. Bis die „zweite Welle“kam.

Diese spülte auch das erste Ulmer „Winterwund­er“weg. Zumindest vorläufig. Auf dem Gelände des Biergarten­s Teutonia in der Ulmer Friedrichs­au wollte Daniel Bürger mit seiner Eventagent­ur „den etwas anderen Weihnachts­markt“aufziehen.

Lichterket­ten, leuchtende Bäume, der Duft von Lebkuchen und Glühwein sollten in die Au locken. Zu den Angeboten von „Street Food Trucks“, um die Feuertänze­r und Musiker ihre Auftritte haben. „Doch die Unsicherhe­it ist zu groß“, sagt Bürger. Deswegen werde er die Veranstalt­ung für Dezember absagen. Möglicherw­eise – je nach Verlauf der Pandemie – könnte das „Winterwund­er“dann im Januar stattfinde­n. „Sobald es Lockerunge­n gibt.“Bis dahin werden an Sonntagen aus den Food-Trucks auf dem Parkplatz des Großmarkts Metro in Neu-Ulm Burger und Co. zum Mitnehmen serviert.

Es gibt etwas Hoffnung für das „Winterwund­er“

 ?? Foto: Sven Seifert/Ulm‰Messe ?? Der Ulmer Weihnachts­baum des Jahres 2020: Diese Blaufichte ist etwa 60 Jahre alt und stammt aus dem Söflinger Klosterhof.
Foto: Sven Seifert/Ulm‰Messe Der Ulmer Weihnachts­baum des Jahres 2020: Diese Blaufichte ist etwa 60 Jahre alt und stammt aus dem Söflinger Klosterhof.

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