Es wird einsam um den Christbaum auf dem Münsterplatz
Advent In Rekordzeit steht die Blaufichte vor Ulms Wahrzeichen. Viel mehr adventliches Flair ist im Corona-Jahr nicht drin
Ulm/NeuUlm Recht schmal sieht er aus, der Weihnachtsbaum auf dem Ulmer Münsterplatz. Dennoch ist er doppelter Rekordträger. Die Blaufichte ist der erste MünsterplatzWeihnachtsbaum, der nicht im Zentrum einer Großveranstaltung steht. Und keiner vor ihm wurde so schnell aufgestellt. Um 10.06 Uhr am Donnerstagmorgen bekam Sven Seifert von der Ulm-Messe den Anruf, dass der 18-Meter-Baum am Söflinger Klosterhof gefällt und auf dem Tieflader festgezurrt ist. „Und um 10.36 stand er schon. So schnell ging das noch nie“, sagt Seifert. Im vergangenen Jahr etwa dauerte der Transport zwei Tage, weil der überbreite Baum unterwegs an Ampeln und Verkehrsschildern hängen blieb.
„A bissl schlank“findet Jürgen Eilts den diesjährigen Baum. Doch schlank und „schön gerade gewachsen“sei besser als zu breit. Eilts, als Chef der Ulmer Messegesellschaft so etwas wie der Organisator des Weihnachtsmarkts, tue es immer noch weh, dass der Budenzauber, der in normalen Jahren eine Million Menschen anlockt, dieses Jahr ausfallen muss. „Wenigstens ein paar Buden“wünscht sich Eilts dieses Jahr trotz Corona in der Ulmer Innenstadt. 40 potenzielle Interessenten, die sonst auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt ihre Waren anbieten, stehen auf seiner Warteliste. Erst nach dem kommenden Montag, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Bundesländer eine Zwischenbilanz des derzeitigen Teil-Lockdowns gezogen haben, könnte Eilts in die Planungen gehen. Oder sie gleich begraben.
Auch Sandra Walter, seit Juli die neue Ulmer City-Managerin, wünscht sich weihnachtliche Stände. Denn je mehr adventliches Flair in die Stadt kommt, umso größer sei die Anziehungskraft. Es sei schon schwer genug, dass die Gastronomie geschlossen ist. „Wir merken das deutlich.“Es sei derzeit nur etwa die Hälfte der sonst üblichen Fußgängerzahlen
in der Innenstadt unterwegs.
Doch Glühwein und Bratwurst wird auch bei einer Genehmigung von einigen wenigen Weihnachtsmarktständen nicht nach Ulm locken. Wenn überhaupt, dann Kunsthandwerk, so Eilts. Viele der Händler, die seit vielen Jahren auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt einen Großteil ihres Jahresumsatzes generieren, seien nun in Nöten. Eine Art Trostpflaster ist der „virtuelle Weihnachtsmarkt“auf der angestammten Homepage der Traditionsveranstaltung. Die Händler haben hier kostenlos die Möglichkeit, Weihnachtsmarktfans über ihren Online-Shop und Kontaktmöglichkeiten zu informieren. Inklusive des Standplans des vergangenen Jahres. „Dass auch jeder seine Lieblingsschals oder die guten Pantoffeln virtuell finden kann.“
Not macht erfinderisch: Die Händler der Ulmer-City-Werbegemeinschaft bieten, wie berichtet, bis Weihnachten einen kostenlosen Lieferservice an.
Dass im kommenden Jahr der Weihnachtsmarkt wieder ganz normal stattfinden kann, mag Eilts noch nicht glauben. Eher werde das dezentrale Konzept erneut aus der Schublade gezogen, das eigentlich dieses Jahr hätte umgesetzt werden sollen. Bis die „zweite Welle“kam.
Diese spülte auch das erste Ulmer „Winterwunder“weg. Zumindest vorläufig. Auf dem Gelände des Biergartens Teutonia in der Ulmer Friedrichsau wollte Daniel Bürger mit seiner Eventagentur „den etwas anderen Weihnachtsmarkt“aufziehen.
Lichterketten, leuchtende Bäume, der Duft von Lebkuchen und Glühwein sollten in die Au locken. Zu den Angeboten von „Street Food Trucks“, um die Feuertänzer und Musiker ihre Auftritte haben. „Doch die Unsicherheit ist zu groß“, sagt Bürger. Deswegen werde er die Veranstaltung für Dezember absagen. Möglicherweise – je nach Verlauf der Pandemie – könnte das „Winterwunder“dann im Januar stattfinden. „Sobald es Lockerungen gibt.“Bis dahin werden an Sonntagen aus den Food-Trucks auf dem Parkplatz des Großmarkts Metro in Neu-Ulm Burger und Co. zum Mitnehmen serviert.
Es gibt etwas Hoffnung für das „Winterwunder“