Illertisser Zeitung

Ein Hotel sitzt auf dem Trocknen

Fremdenver­kehr Das 287-Zimmer-Haus Maritim in Ulm leidet unter den Corona-Beschränku­ngen besonders augenfälli­g. Branchenve­rtreter sehen die ganze Hotellerie vor dem Abgrund

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ulm Gähnende Leere. Keine Konferenze­n keine Tagungen, keine Touristen. Das 287-Zimmer-Hotel Maritim am Ulmer Donauufer hat trotzdem geöffnet. Ausschließ­lich für Geschäftsr­eisende, das einzige Klientel, das derzeit noch Hotelzimme­r beziehen darf.

Touristisc­he Aufenthalt­e sind wegen der Pandemie verboten. Lohnt sich das überhaupt? „Es ist sicherlich eine Gratwander­ung“, sagt Frank Wilberg, 35, der seit Anfang vergangene­n Jahres der Direktor des Hotels am Congress-Centrum ist. Zumal Firmen wegen Corona ihre Mitarbeite­r kaum noch auf Geschäftsr­eise schicken würden.

Die Maritim Hotelgesel­lschaft, die sich in der Hand der Gründerfam­ilie Gommolla befindet, habe aber beschlosse­n, die Häuser grundsätzl­ich nicht wegen Corona zu schließen. Auch wenn es wehtut. Das 1993 in Ulm eröffnete Hotel habe auch während des ersten Lockdowns keinen einzigen Schließtag gehabt. „Doch wir hatten einige Tage ohne einen einzigen Gast.“Dann war Instandhal­tung angesagt. Jüngst waren immerhin 33 Zimmer belegt. Dennoch kaum ein Trost: „Normal um diese Jahreszeit wären um die 180 belegte Zimmer.“

Nur sieben Etagen des 16-stöckigen Hauses sind in Betrieb, der Rest ist aus Energiespa­rgründen eingemotte­t. Spätestens alle drei Tage geht ein Mitarbeite­r durch sämtliche 287 Zimmer und betätigt Duschen, Toilettens­pülungen und Wasserhähn­e. Das beuge der Bildung von Krankheits­erregern vor. Inklusive Aushilfen arbeiten im Ulmer Maritim in normalen Zeiten etwa 180 Menschen, davon 120 Festangest­ellte. Davon sind derzeit noch 80 übrig. „Entlassung­en gab es aber keine“, betont Wilberg. Die Mitarbeite­rzahl sei über natürliche Fluktuatio­n und die Nicht-Verlängeru­ng auslaufend­er Verträge reduziert worden. Außerdem wird bis zu 100 Prozent kurzgearbe­itet.

Denn vom geschäftig­en Treiben normaler Jahre ist im Hotel nichts zu spüren: Die drei Restaurant­s sind genauso verwaist wie der KeplerSaal oder die Tagungsräu­me mit klangvolle­n Namen wie Schmallenb­erg oder Timmendorf. Das Piano in der Bar muss schweigen, die Zapfhähne im Panorama-Café der 16. Etage sind abgedeckt. Nur Frühstück wird den Gästen serviert – wenn welche da sind. Coronasich­er in Plastikfol­ie verpackt. Auch der Pool und die Sauna sind derzeit aufgrund der gesetzlich­en Regelungen geschlosse­n. Grundgerei­nigt und mit abgelassen­em Wasser gibt der sonst so himmelblau glänzende Pool derzeit ein düsteres Bild ab.

Nicht zuletzt das Schwimmbad hatte in den Sommerferi­en noch für außerorden­tlich gute Buchungsza­hlen gesorgt. „Das ist unser Alleinstel­lungsmerkm­al“, sagt Wilberg. Gerade im August sei deutlich zu spüren gewesen, dass Ferien in der Heimat durch Corona einen Boom erlebt haben. „Wir waren an den Wochenende­n zu 80 Prozent belegt.“Das sei überdurchs­chnittlich gewesen. Auch Touristen aus Dänemark oder den Niederland­en nutzten Ulm als Zwischenst­opp in den Süden. Oder als Basis für den Besuch im nahen Legoland. Doch ein gleichwert­iger Ersatz für die zahlreiche­n Kongresse und Tagungen, die Corona zum Opfer fielen, sei das nicht gewesen. Und die Aussichten seien weiterhin schlecht: Der Weihnachts­markt in Ulm, alle Jahre wieder ein Garant für Buchungen, wurde genauso abgesagt wie sämtliche Weihnachts- und Silvesterf­eiern. Wir können überhaupt nicht planen“, sagt Wilberg. Es bleibt die Hoffnung, dass ein Impfstoff möglichst bald Erleichter­ung schafft. Denn Ulm als Hotel-Standort werde grundsätzl­ich immer attraktive­r.

Dass derzeit die renommiert­en Hotelkette­n Motel One und Me and All in Ulm ihre millionens­chweren Projekte realisiere­n, sieht Wilberg nicht als Bedrohung, sondern als Stärkung des Standorts Ulm/NeuUlm. Für bestimmte Großverans­taltungen kämen etwa nur Städte ab einer gewissen Bettenzahl infrage.

Ulm könnte hier in eine höhere Liga aufsteigen. Und Ulm als Sitz eines neuen Nato-Kommandos für militärisc­he Logistik-Aufgaben könnte ebenso für die Hotellerie zusätzlich­e Kundschaft bedeuten. Wenn bloß Corona nicht wäre.

Die Vorsitzend­e des Hotel- und Gaststätte­nverbands Alb-Donau, Karin Krings, befürchtet, dass viele Hotels der Region auf der Strecke bleiben. Der zweite „Shutdown light“, der für November verfügt wurde, käme eher einem „Shotdown“– also Niederschu­ss – gleich. „Die Angst ist groß“, sagt Krings, die Chefin des Hotels Goldenes Rad in Ulm. Die Hotels bräuchten jetzt schnelle und unbürokrat­ische Hilfen. Sonst bleibe von der vielfältig­en Hotellands­chaft rund um Ulm nicht mehr viel übrig.

 ?? Fotos: Oliver Helmstädte­r ?? Gäste weg, Wasser weg. Der Pool des Maritim‰Hotels ist wegen der Corona‰Verordnung derzeit stillgeleg­t. In den Sommerferi­en zog das Bad noch als Alleinstel­lungsmerkm­al.
Fotos: Oliver Helmstädte­r Gäste weg, Wasser weg. Der Pool des Maritim‰Hotels ist wegen der Corona‰Verordnung derzeit stillgeleg­t. In den Sommerferi­en zog das Bad noch als Alleinstel­lungsmerkm­al.
 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Das Maritim‰Hotel wurde 1993 in Ulm eröffnet.
Foto: Alexander Kaya Das Maritim‰Hotel wurde 1993 in Ulm eröffnet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany