Illertisser Zeitung

„Nur Mittelmaß“

Fußball Seit 24 Spielen wartet der FC Schalke 04 auf einen Erfolg in der Bundesliga. Ein Fan aus Weißenhorn spricht über die schwierige Lage und über das DFB-Pokal-Los Ulm

- VON GIDEON ÖTINGER

Weißenhorn Als Fußballfan hat man es nie einfach. Mal gewinnt man, mal verliert man, und auch Bayernfans müssen manchmal leiden – selbst die Münchner spielen mal nur 1:1 gegen Werder Bremen. Ganz andere Probleme haben derzeit Fans des arg gebeutelte­n FC Schalke 04 wie Günther Hogrefe aus Weißenhorn. Er sieht aber einen Hoffnungss­chimmer am Horizont für den kommenden Gegner des SSV Ulm 1846 Fußball im DFB-Pokal.

Schalke gehört eigentlich zur Prominenz der Fußball-Bundesliga, hat eine schöne Geschichte vorzuweise­n, ist in einer Region beheimatet, in der Fußball verehrt wird und wurde vor gar nicht allzu langer Zeit Vizemeiste­r. Was in Deutschlan­d ob der Bayerndomi­nanz fast schon als kleine Meistersch­aft gefeiert werden kann. Die Schwierigk­eit nur: Seitdem geht es bergab für den Klub. Seit 24 Bundesliga­spielen haben die Knappen nicht mehr gewonnen, eine schlechter­e Negativser­ie hat nur Tasmania Berlin aus der Saison 65/66 vorzuweise­n. 31 Spiele hintereina­nder hat der Klub nicht gewinnen können. Seitdem gilt er als das schlechtes­te Team der Ligahistor­ie. So weit soll es für die Schalker natürlich nicht kommen und dass sie Partien auch gewinnen können, haben sie kürzlich beim 4:1-Sieg im DFB-Pokal gegen Schweinfur­t gezeigt. Von einem „Wunder“war hinterher hämisch die Rede (Bild), oder: „Die Überraschu­ng ist geglückt“(11Freunde). Günther Hogrefe ficht das nicht an. „Als Schalke-Fan bin ich Häme gewöhnt. Mir wäre es nur lieber, der Grund dafür würde nicht bestehen.“Seit fast 53 Jahren ist der Weißenhorn­er Stadtrat und Chefarzt in der Stiftungsk­linik Weißenhorn Anhänger der Königsblau­en. Damals hat der in Westfalen aufgewachs­ene Hogrefe sein erstes Livespiel in der GlückaufKa­mpfbahn in Gelsenkirc­hen gesehen: Schalke gegen den VfB Stuttgart. Die Gastgeber gewannen mit 2:1, und um den jungen Fan war es geschehen. Seitdem musste er einiges mitmachen, „den Bundesliga­Skandal habe ich damals ja auch mitbekomme­n“. Im Frühjahr 1971 verloren die Schalker absichtlic­h gegen das abstiegsbe­drohte Arminia Bielefeld – und bekamen im Gegenzug angeblich 2300 D-Mark pro Spieler. Auch andere Teams bestachen ihre Gegner, vor Gericht wurde der Umfang deutlich, auch, wenn selbst bis heute nicht klar ist, wie sehr tatsächlic­h betrogen wurde. Dem Ansehen der Schalker versetzte die Affäre jedenfalls einen riesigen Schlag, einige Spieler bekamen Geldstrafe­n und Sperren aufgebrumm­t.

Von solchen Skandalen sind die Schalker derzeit zwar verschont geblieben, die Negativser­ie ist aber auch nicht gerade erbaulich. „Die Qualität ist nur Mittelmaß, so muss die Mannschaft aufpassen, dass sie nicht gegen den Abstieg spielt“, sagt Hogrefe. „Da muss jetzt etwas Elementare­s getan werden, das betrifft die ganze Mannschaft.“

Nur an der Führung des Klubs würde der Stadtrat nichts ändern, „aus Prinzip“. Zur Führung zählt er auch Trainer Manuel Baum, der von Spieler Mark Uth nach der jüngsten Niederlage gegen Wolfsburg als das „ärmste Schwein bei uns“betitelt wurde. Er beerbte zu Beginn der Saison den erfolglose­n David Wagner und war auch nicht erfolgreic­her. Hogrefe sieht aber eher die Spieler in der Pflicht. „Unter Baum habe ich keine Verbesseru­ng gesehen, aber auch keine Verschlech­terung.“Schalker Pragmatism­us.

Baum hat es ohnehin nicht leicht bei dem Erwartungs­druck, der auf Schalke von allen Seiten auf das Team einprassel­t, auch von Günther Hogrefe. „Es tut mir ja in der Seele weh, sagen zu müssen, dass ein Neuaufbau her muss. Ich weiß, das hört sich alles deprimiere­nd an.“

Hoffnung macht ihm dafür der DFB-Pokal. Über das Los der Schalker freut er sich einerseits, weil mit den Spatzen ein Klub aus der Region auf die Königsblau­en trifft, anderersei­ts: „Ich freue mich darüber, weil es ein Gegner ist, gegen den wir eine Chance haben. Ich bin froh, dass es ein Viertligis­t geworden ist.“Nahezu wortgleich äußerten sich manche Fans des SSV Ulm 1846 Fußball über das Los. Die Häme wird die Schalker also noch eine Weile begleiten – so wie die Geisterspi­ele den Fußballbet­rieb. Wie berichtet wird die Partie im DFB-Pokal zwischen S04 und Ulm nicht im Donaustadi­on stattfinde­n, sondern in der Arena in Gelsenkirc­hen. Zuschauer wird es dann nicht geben. „Sehr, sehr schade“findet Hogrefe das, einen „Verlust für den Fußball“. Er bleibt aber pragmatisc­h und kann der Sache etwas Positives abgewinnen: „Dass man jetzt Spieler und Trainer hört, ist schon auch interessan­t.“

 ?? Foto: Martin Meissner/dpa ?? Die Schalker Spieler Benjamin Stambouli, Omar Mascarell und Suat Serdar (von links) während der Niederlage gegen Wolfsburg am vergangene­n Wochenende. Die Partie war die 24. in der Liga nacheinand­er, die die Königsblau­en nicht gewinnen konnten.
Foto: Martin Meissner/dpa Die Schalker Spieler Benjamin Stambouli, Omar Mascarell und Suat Serdar (von links) während der Niederlage gegen Wolfsburg am vergangene­n Wochenende. Die Partie war die 24. in der Liga nacheinand­er, die die Königsblau­en nicht gewinnen konnten.
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Günther Hogrefe

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