Über die stille Zeit
Viele von uns sehnen sich nach dem Guten und dem Echten. Zumindest plappern sie das so daher. Vom Wunsch zu Weihnachten ist es ja nicht weit. Und vor dem Heiligen Abend spielt sich traditionell die stille Zeit ab. Die heißt so, weil hier früher mal, als es im Dezember noch geschneit hat, das Leben heruntergefahren wurde.
Man könnte auch sagen, die stille Zeit war eine Art natürlicher Lockdown im Jahreslauf. Viele lebten dann in sich gekehrt. Christen beteten. Später änderte sich das radikal. Bis vor einem Jahr war diese dunkle Zeit rund um die Uhr taghell ausgeleuchtet. Auf rummelplatzgleichen Adventsmärkten scharten sich die Menschen, dröhnten sich mit Glühwein zu und eilten von einer Feier zur anderen. Das Rad des Lebens drehte sich vor Weihnachten noch schneller als sonst.
Ja, an den Tagen vor dem Heiligen Abend offenbart sich ein Dilemma der Menschheit. Sie sehnt sich nach dem einen, lebt aber das andere.
Denn jetzt gibt es sie wieder, die stille, die schdaade Zeit. Zu verdanken haben wir sie einem Virus: keine Kneipen, keine Parties, keine zwanghaften Familienbesuche. Eigentlich könnten wir uns nun entspannt zurücklehnen und die so gewonnene freie Zeit genießen. Stattdessen sehnen wir uns nach dem weihnachtlichen Rummel. Seltsam schon der Mensch, oder?