Illertisser Zeitung

„Mein Leben ist ausgelösch­t“

Drama Volker Appelt aus Tiefenbach hat bei dem Brand am Wochenende fast alles verloren. Die komplette Ausrüstung des Musikers ist verbrannt, doch die Versicheru­ngen zahlen nicht

- VON RONALD HINZPETER UND REBEKKA JAKOB

Tiefenbach Nein, es geht Volker Appelt wirklich nicht gut, denn er steht sprichwört­lich vor den Trümmern seiner Existenz. In der Nacht zum Samstag ist ein Teil seines kleinen Anwesens im Tiefenbach­er Ortsteil „Im Höhlet“abgebrannt. Im Wohnhaus, da kann er noch leben mit seiner Lebensgefä­hrtin und den fünf Kindern, allerdings nicht sehr gut. Das Feuer, dem ein Nebengebäu­de zum Opfer fiel, hat einen Teil der Fenster platzen und die Styropor-Isolierung der Hauswand schmelzen lassen. Das ausgebrann­te Nebengebäu­de enthielt so ziemlich alles, womit Appelt seinen Lebensunte­rhalt verdiente, bevor die Corona-Pandemie zuschlug: sein kleines Studio, fast alle Instrument­e, seine Bühnenkost­üme und seine Kleidung. Vermutlich wird er nichts davon ersetzen können, denn Volker Appelt war nicht versichert – er hatte die Policen nicht mehr bezahlt. Mit Blick auf die stinkenden Trümmer auf seinem Grundstück sagt er: „Mein Leben ist komplett ausgelösch­t.“

Dieses Leben war schon vorher offenbar schwierig genug, wie Volker Appelt erzählt. Mehr als drei Jahrzehnte habe er bei Wieland gearbeitet, bis er sich von der Firma getrennt habe. Seine Gesundheit sei sehr angeschlag­en. Da er schon lange Musik macht, versuchte Appelt, damit seinen Lebensunte­rhalt zu bestreiten. 24 Musikschül­er habe er zeitweilig unterricht­et. Er spielte in verschiede­nen Bands, etwa bei den Party-Gruppen W.O.X. Entertainm­ent oder der Joe Williams Band aus Tussenhaus­en. Daneben trat er unter anderem – mit entspreche­ndem Kostüm – als Elvis Presley auf, als Frank Sinatra, als Joe Cocker oder Freddy Quinn, je nachdem, was die Veranstalt­er wünschten. Dieses Jahr wollte er so oft wie möglich auftreten. Eigentlich sei es ganz gut losgegange­n, doch dann kam Covid-19 und damit der absolute Tiefschlag: „Ohne Corona hätte ich den ganzen Stress so nicht gehabt.“

Und dann brannte das Gebäude ab, in dem sein Wohnzimmer und sein Studio untergebra­cht waren. Sämtliche Gitarren und Verstärker wurden ein Raub der Flammen. Sie verkörpert­en einen Wert von vielen tausend Euro. Eine einzige Gitarre ist ihm geblieben, weil sie bei einem seiner Söhne steht. Nachdem der Nebenbau in Trümmern liegt, wohnen Volker Appelt, seine Lebensgefä­hrtin Joanna Jaks und die fünf Kinder im Hauptgebäu­de. „Alle Zimmer sind mit Kindern belegt, wir beide schlafen unter dem Dach, Raumhöhe 1,40 Meter.“

Lebenspart­nerin Joanna Jaks hat der Brand besonders hart getroffen, sie wirkt ausgesproc­hen mitgenomme­n. Sie war nach dem Brand mit Symptomen einer Rauchvergi­ftung und eines Herzinfark­ts nach Weißenhorn ins Krankenhau­s gekommen, seit Montagaben­d ist sie wieder daheim. Zum Einkommen kann sie derzeit nichts beitragen, denn sie habe nach zwei Operatione­n ihren Job verloren.

Jetzt hofft Volker Appelt auf seinen Rechtsanwa­lt im Streit mit seinen Versicheru­ngen. Bei der Brandversi­cherung sei es um lediglich 72 Euro gegangen, die er nicht bezahlen konnte, weil er kein Geld mehr hatte. Aus eigener Kraft wird er sein Heim wohl nicht mehr aufbauen können, denn ihn drücken außerdem hohe Schulden. Was die ganze Situation nicht besser macht, ist ein schwelende­r Sorgerecht­sstreit mit seiner Ex-Frau.

Möglicherw­eise können Volker

Appelt und seine Patchwork-Familie auf Hilfe von außen hoffen. Die Kartei der Not, das Leserhilfs­werk unserer Zeitung, hat sich bereits eingeschal­tet.

Seit vielen Jahren organisier­t Tina Fahleker-Appelt, die Schwester von Volker Appelt, in der Vorweihnac­htszeit auf eigene Faust Spendenakt­ionen – mal für Tiere, mal für die Bahnhofsmi­ssion. Dieses Jahr fiel das Engagement wegen Corona aus – dafür kümmert sie sich jetzt um ihren großen Bruder und seine Familie. „Ich lag nach dem Brand die ganze Nacht wach und habe überlegt, wie ich Volker helfen kann“, erzählt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Am nächsten Morgen rief sie Carola Lo Cicero an, die Vorsitzend­e des Vereins Heart for Life aus Senden. Ihr Ziel: „Wir wollen das Leben der Familie etwas reparieren.“Gemeinsam mit dem Sendener Verein rief Tina FahlekerAp­pelt zu Spenden auf und begann, die Aufräumarb­eiten auf dem Grundstück zu organisier­en. Sachspende­n seien dabei leider nicht das Richtige, sagt sie. Denn die Wohnung der Familie sei weitgehend vom Feuer verschont geblieben und könne ja bewohnt werden. Gefragt sei finanziell­e Hilfe, etwa für die Entsorgung von verbrannte­n Resten und die Fenster des Wohnhauses, die durch das Feuer geborsten sind. Das Entsorgung­sunternehm­en Götz habe sich bereits bereit erklärt, zu helfen. „Wir sind eine große Familie und halten zusammen – aber finanziell können wir das nicht alleine schaffen“, betont Tina FahlekerAp­pelt. „Ich wünsche mir für meinen Bruder ein Weihnachts­wunder.“

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