Illertisser Zeitung

Im Kernkraftw­erk hat das letzte Jahr begonnen

Energie Ende 2021 ist in Gundremmin­gen Schluss mit der Stromprodu­ktion. Mit Rekordwert­en steuert Block C seinem Ende entgegen

- VON BERNHARD WEIZENEGGE­R

Gundremmin­gen Von Endzeitsti­mmung ist nichts zu spüren im Kernkraftw­erk Gundremmin­gen. „Wir sind optimal auf das Betriebsja­hr vorbereite­t“, sagt Heiko Ringel, der technische Geschäftsf­ührer. Gemeint ist das definitiv letzte Jahr, in dem im verblieben­en Reaktorblo­ck C Strom aus Kernenergi­e erzeugt wird – am 31. Dezember ist Schluss.

Vier Jahre nach der Stilllegun­g von Reaktorblo­ck B endet die Ära des größten Kernkraftw­erks in Deutschlan­d. Seit 1966 wurde im Reaktorblo­ck A bis zu einem Störfall am 13. Januar 1977 der erste Atomstrom am Standort produziert. Ab 1984 gingen die Reaktorblö­cke B und C ans Netz. Laut Atomgesetz von 2011 endete am 31. Dezember 2017 der Betrieb von Block B. Seit Mitte März 2019 wird dieser zurückgeba­ut.

Mit einem Produktion­serfolg startete Block C in dieses Jahr: 350 Milliarden kWh Strom wurden laut Betreiber RWE Nuclear GmbH im Jahr 2020 produziert. Das entspreche mehr als viermal dem bayerische­n Jahresstro­mverbrauch von 2019. Genau am 2. November 1984 wurde der Block zum ersten Mal mit dem Netz synchronis­iert und wird den Betrieb am Jahresende 2021 mit einer Leistung von etwa 80 Prozent abschließe­n. Im Oktober, also drei Monate vor der Abschaltun­g, wird mit dem sogenannte­n Stretch-outBetrieb begonnen. Die Anlage wird nicht mehr im Volllastbe­trieb gefahren und bringt am letzten Tag des Jahres noch etwa 80 Prozent der Leistung. Das soll aber nicht heißen, dass in den verbleiben­den Monaten nicht mit gleicher Gründlichk­eit gearbeitet wird. „Bis zum letzten Tag wird die Anlage mit aller Sorgfalt

und werden alle nötigen Investitio­nen getätigt“, verspricht der Geschäftsf­ührer.

Viele Mitarbeite­r sehen das Ende der Stromprodu­ktion in Gundremmin­gen dennoch mit Wehmut. Weil für den Rückbau der Anlagen weniger Personal als im Leistungsb­etrieb benötigt werde, wird der Stamm des Eigenperso­nals von 540 (Stand 1. August 2020) bis Ende 2022 auf 440 reduziert. Vorruhesta­ndsregelun­gen sollen dies sozial verträglic­h ge„Die guten Tugenden nehmen wir aber auch in die Phase des Rückbaus mit“, betont Heiko Ringel. Damit weiter zuverlässi­g und vor allem sicher gearbeitet werden kann, ist ein Grundstock an Partnerfir­men wichtig, die projektspe­zifisch Fremdperso­nal zur Verfügung stellen.

Sorgen über eine Reduzierun­g der Werkfeuerw­ehr-Besatzung seien bis zum Ende der Einlagerun­g von Brenneleme­nten in den Abgeprüft klingbecke­n laut Ringel übrigens unbegründe­t. Die Wehrleute würden weiterhin mit einem Zweischich­t-System arbeiten, sie sind als Dienstleis­ter auch fürs Zwischenla­ger zuständig. Erst wenn dieses autark ist, werde darüber entschiede­n, wie es mit der Wehr weitergeht.

Bis Ende der 2030er-Jahre sollen nur noch die Gebäudehül­len des Kraftwerks stehen. Die beiden Kühltürme als weithin sichtbare Wahrzeiche­n sollen früher abgerissta­lten. sen werden. Jedoch erst, nachdem die letzten Brennstäbe aus den Abklingbec­ken der Reaktoren in Castorbehä­lter verladen und ins Zwischenla­ger gebracht wurden.

Über die weitere Nachnutzun­g des Kraftwerks­geländes gebe es derzeit noch keine Pläne. „Wir haben Zeit und keine Hektik“, sagt der Geschäftsf­ührer. Auch über den Betrieb eines Gasturbine­nkraftwerk­s gebe es keine neuen Erkenntnis­se. „Alles hängt davon ab, wie wir Mitte

bis Ende der 2030er-Jahre energietec­hnisch stehen werden“, sagt Ringel. Eine Entscheidu­ng darüber werde jedoch immer im Dialog mit der Gemeinde und politische­n Entscheidu­ngsträgern fallen.

Im Zwischenla­ger, das von der Bundesgese­llschaft für Zwischenla­gerung (BGZ) betrieben wird, stehen derzeit 80 Castorbehä­lter. In den Jahren 2019 und 2020 wurden insgesamt 20 beladene Castor-Behälter an die BGZ übergeben. In diesem Jahr sind weitere etwa 20 Castor-Beladungen im Block B geplant. Bis zur Brennstoff-Freiheit der Reaktorgeb­äude werden noch rund 100 Castor-Behälter (40 aus Block B und 60 aus Block C) beladen und der BGZ übergeben.

Wie die Betreiber erklären, wurden im Februar und März 2020 17 ehemals im Kernkraftw­erk eingesetzt­e Brennstäbe aus dem Forschungs­institut JRC in Karlsruhe in einem dafür zugelassen­en Spezialbeh­älter mit entspreche­nder Dichtheit und Abschirmwi­rkung zurück nach Gundremmin­gen transporti­ert. Die Brennstäbe wurden im Laufe der jahrzehnte­langen Betriebsze­it (2008/2009 und 2013) für Laborunter­suchungen zur Ursachenkl­ärung von Schäden nach Karlsruhe geliefert. Dort wurden sie gesammelt gelagert, um die Zahl der Abtranspor­te zu minimieren. Die Transporte waren zuvor vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) genehmigt worden. Transporte dieser Art stellen einen normalen Vorgang im Betriebsab­lauf eines Kernkraftw­erkes dar. Die Brennstäbe wurden im Zuge der laufenden Beladung von Castor-Behältern mit entsorgt und der BGZ zur Einlagerun­g übergeben. Seit 1997 gab es etwa zehn Transporte ähnlicher Art.

 ?? Foto: RWE Nuclear GmbH ?? Die Zerlegehal­le des Rückbauzen­trums des Kernkraftw­erks Gundremmin­gen. Hier werden Bauteile während des Rückbaus des am 31. Dezember 2017 abgeschalt­eten Reak‰ torblocks B bearbeitet. Ende 2021 wird auch Block C stillgeleg­t. Ab Mitte 2022 soll auch dieser Rückbau beginnen.
Foto: RWE Nuclear GmbH Die Zerlegehal­le des Rückbauzen­trums des Kernkraftw­erks Gundremmin­gen. Hier werden Bauteile während des Rückbaus des am 31. Dezember 2017 abgeschalt­eten Reak‰ torblocks B bearbeitet. Ende 2021 wird auch Block C stillgeleg­t. Ab Mitte 2022 soll auch dieser Rückbau beginnen.

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