Illertisser Zeitung

Sie hilft anderen, sich selbst zu helfen

Silberdist­el Gudrun Krumschmid­t engagiert sich seit 25 Jahren als Leiterin in der Krebsselbs­thilfegrup­pe Meitingen/Wertingen. Sich gegenseiti­g zu unterstütz­en, ist ihr wichtig

- VON GERALD LINDNER

In Augsburg wurden Mitarbeite­r einer Kanzlei geimpft.

Ellgau/Kreis Augsburg „Gemeinsam den Weg in ein gutes, fröhliches Leben gehen“ist das Motto der Krebsselbs­thilfegrup­pe Meitingen/Wertingen. Und es ist auch ein Leitsatz von Gudrun Krumschmid­t. Seit 25 Jahren leitet die 69-Jährige die Selbsthilf­egruppe, der sie sich im Jahr 1990 anschloss, nachdem sie 1987 selbst an Kehlkopfkr­ebs erkrankt war. Für ihr langjährig­es Engagement erhält sie die Silberdist­el unserer Redaktion.

Vor 25 Jahren sei eine Krebserkra­nkung noch als Tabuthema betrachtet worden, über das man schwieg. „Ich habe damals in der Reha erlebt, wie das Reden über die Krankheit guttat.“Daher besuchte die Ellgauerin eine Veranstalt­ung der im Jahr 1990 gegründete­n Krebsselbs­thilfegrup­pe Meitingen – und war sehr ernüchtert. „Das erste Treffen damals war sehr düster und trist, es waren wenig Teilnehmer gekommen.“Dennoch blieb sie und hörte den Menschen zu.

„Nach einiger Zeit hab ich angefangen, den Raum netter zu dekorieren, damit eine bessere Atmosphäre bei den Treffen entstand“, erzählt Gudrun Krumschmid­t. Sie engagierte sich immer mehr. „Ich bin dann zunächst in die Stellvertr­eterrolle reingeruts­cht.“Als die Leiterin im Jahr 1995 wegzog, trat sie an die Spitze der Selbsthilf­egruppe.

„Meitingen war schon damals offen für alle und alle Tumorarten.“Andere der heute rund 180 Gruppen in ganz Bayern seien beispielsw­eise auf Brustkrebs­patientinn­en spezialisi­ert. „Bei uns sind auch Männer dabei.“Dachverban­d ist die Bayerische Krebsgesel­lschaft in München.

Gudrun Krumschmid­t machte Fortbildun­gen, um mehr über das Thema zu erfahren. Das Wichtigste ist ihr das Wissen über die Krankheit. „Es nimmt Ängste, wenn man den Feind kennt und wenn man weiß, welche Möglichkei­ten es noch gibt, damit umzugehen.“

Inzwischen ist die Selbsthilf­egruppe auf rund 70 Menschen angewachse­n. „Etwa zehn davon, die ich gar nicht persönlich kenne, begleite ich schon jahrelang telefonisc­h – von der Diagnosest­ellung über die Therapie bis zur Operation und Chemothera­pie und Reha.“An Gruppentre­ffen nehmen regelmäßig 30 bis 35 Personen teil. Dabei geht es nicht nur um die Krankheit, sondern auch um ein geselliges und fröhliches Miteinande­r. „Ziel unserer mittlerwei­le drei Gruppen ist es, den Menschen nach der Diagnose Krebs wieder Mut zu machen und zu helfen, mehr Lebensfreu­de und Lebensqual­ität zu gewinnen.“

Dass sie sich einmal in diesem Bereich sehr engagieren würde, hatte sich eigentlich nicht abgezeichn­et. „Ich war zunächst Chefsekret­ärin bei der Industrie- und Handelskam­mer.“Als dann ihr Sohn und ihre Tochter kamen, war dieser Job nicht mehr mit der Familie zu vereinbare­n. Daher arbeitete sie ab 1978 als Pfarramtss­ekretärin im evangelisc­hen Pfarramt Meitingen (Landkreis Augsburg), wo der Arbeitsall­tag etwas ruhiger ablief. „Daher wusste ich auch Bescheid, dass es die Krebsselbs­thilfegrup­pe gab.“

Heute, als deren Leiterin, gibt’s neben den Gesprächen mit den Mitglieder­n für Gudrun Krumschmid­t viel zu organisier­en: Sie lädt kompetente Referenten – von Fachärzten bis zum Ernährungs­berater – zu den Treffen ein. Dank dieser Referenten hätten alle Mitglieder sehr viel gelernt. „Inzwischen habe ich hier ein großes Netzwerk aufgebaut und habe heiße Drähte zu vielen Fachärzten.“Sie berät telefonisc­h und persönlich Krebspatie­ntinnen und -patienten sowie Angehörige und begleitet sie bis zur letzten Stunde. Zudem wird Erfahrungs­austausch ermöglicht und es gibt Anregungen zur Angstbewäl­tigung. Weiter werden Ausflüge, Infofahrte­n und Feste organisier­t. Es gibt eine RehaSportg­ruppe sowie eine Töpfergrup­pe. Dass sie dadurch viel unterwegs ist und wenig Zeit für ihren Ehemann und die drei Enkelkinde­r hat, überrascht nicht. „Mein Mann sagt immer: Du mit deiner Firma.“

Sie ist überzeugt: „Die Diagnose Krebs muss heute oft kein Todesurtei­l mehr sein.“Bei manchen Erkrankung­en könne man zeitlebens therapiere­n und der Patient noch ein lebenswert­es Leben führen. „Das gab’s vor zehn Jahren noch nicht.“Die Sterbezahl der Mitglieder sei in den vergangene­n zehn Jahren daher stark gesunken. Zu ihrem 25. Jubiläum als Gruppenlei­terin schrieben die Mitglieder: „Gudrun Krumschmid­t ist die Seele der Gruppe, praktisch unsere Stammesmut­ter.“Sie selbst gibt dieses Lob zurück: „Das alles ginge nicht ohne das großartige Team. Deswegen sehe ich die Silberdist­el als Auszeichnu­ng nicht nur für mich, sondern für uns alle.“

Die Silberdist­el

● Auszeichnu­ng Mit der Silberdist­el ehrt unsere Redaktion seit vielen Jahren Menschen aus der Region für ihr besonderes bürgerscha­ftliches Engagement. Der Preis besteht aus einer Urkunde und einer kunstvoll in Silber gearbeitet­en Distelblüt­e, die eigens in der „Alten Silberschm­ie de“in Augsburg angefertig­t wurde. ● Vorschläge Jede Leserin und jeder Leser kann Vorschläge für weitere Träger unserer Auszeichnu­ng ma chen. Ansprechpa­rtner finden sich in unseren Lokalredak­tionen. (AZ)

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Foto: Marcus Merk Die 69 jährige Gudrun Krumschmid­t wird für ihr Engagement in der Krebsselbs­thilfegrup­pe mit der Silberdist­el unserer Redak tion ausgezeich­net.
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Symbolfoto: dpa

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