Illertisser Zeitung

Wie das Double von Hoeneß Coman holte

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger allgemeine.de

Die Mittagspau­se gehört zu den größten Bühnen, die der Alltag zu bieten hat. Wenn wegen einer Pandemie nicht gerade die Kantinen dieser Welt kalt bleiben, wird zwischen Schnitzel und Kartoffels­uppe das große Theater geboten – nämlich dann, wenn im Kollegenkr­eis die Marotten des Chefs auf die Schippe genommen werden. Biedere Buchhalter mutieren zum charismati­schen Charakterm­imen, wenn es darum geht, das Lallen des Abteilungs­leiters auf der Weihnachts­feier nach der Bowle Nummer acht zu imitieren.

In aller Regel führen solche Talente dazu, dass diese Büro-Mimen für Einlagen auf runden Geburtstag­en, Ausstandsf­eiern oder andere Anlässe gebucht werden. Kann man so machen. Oder man macht es wie der FC Bayern und nutzt dieses Potenzial unter den Mitarbeite­rn, um die Königsklas­se zu gewinnen.

Wie Bayerns ehemaliger Kaderplane­r Michael Reschke der FAZ sagte, zogen die Münchner bei der Verpflicht­ung von Kingsley Coman im Jahr 2015 alle Register. Der damals 19-Jährige war mit seinen Eltern und einer Busladung von Beratern nach München gereist, um über eine Festanstel­lung beim FC Bayern zu verhandeln. Der Rekordmeis­ter wollte bei den Verhandlun­gen damals unbedingt von der Autorität von Uli Hoeneß profitiere­n. Das Problem daran: Den Sommer 2015 verbrachte Hoeneß bekannterm­aßen in der Justizvoll­zugsanstal­t Landsberg wegen einer

Uli Hoeneß

Kingsley Coman

„Steuergesc­hichte“und war unpässlich. Und eben da muss sich jemand im Tross der Münchner an die mimischen Fähigkeite­n eines Mitarbeite­rs der Pressestel­le erinnert haben. Die Folge: Bei den Verhandlun­gen saß letztlich, wie Reschke sagt, ein Mann am Tisch, den der FC Bayern der ComanSeite als Uli Hoeneß vorgestell­t hatte. Dieser hatte die Aufgabe, ebenso wie Hoeneß mal zwischendu­rch zu poltern, aus Empörung mit der flachen Hand auf den Tisch zu schlagen und den Verhandlun­gstisch schließlic­h vor Verärgerun­g zu verlassen. Das zeigte Wirkung: Wenig später einigten sich die Bayern und Coman auf einen Wechsel. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Coman machte in München Karriere und schoss den FC Bayern im vergangene­n Jahr zum Sieg in der Champions League.

An diese Episode sollte jedes Unternehme­n von Format denken, wenn es darum geht, echte Führungskr­äfte adäquat zu ersetzen: von nun an Talentscou­ting in der Betriebska­ntine!

Und vielleicht benötigt der FC Bayern schon bald wieder die Dienste des Hoeneß-Doubles. Aktuell stocken die Verhandlun­gen mit Coman über eine Vertragsve­rlängerung. Angeblich sollen die Berater des Franzosen etwas verwegene Forderunge­n stellen.

Es dürfte klar sein, was nun zu tun ist.

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