Feuerwehr kämpft gegen Großbrand bei Osterberg
Einsatz Eine Halle an einer Biogasanlage stand am Donnerstagabend in Flammen. Es war einer der größten Brände der vergangenen Jahre im südlichen Landkreis Neu-Ulm. Was Feuerwehrleute berichten
SAMSTAG, 13. MÄRZ 2021
Osterberg Zu sehen, wie ein Teil des Lebenswerks der Familie in Flammen aufgeht, das sei einfach schrecklich gewesen: Als Lucie Weh am Freitag mit unserer Redaktion spricht, hat sie die Bilder des Vorabends noch vor Augen. Sie möchte sich im Namen ihrer Familie bei den Feuerwehrleuten bedanken, die am Donnerstag im Einsatz waren – und womöglich Schlimmeres verhindert haben. Diese hatten einen der größten Brände der vergangenen Jahre im südlichen Kreis Neu-Ulm zu bewältigen: Die Maschinenhalle einer Biogasanlage nahe Osterberg ist ausgebrannt. Das Feuer hat einen Schaden in Millionenhöhe hinterlassen. Was ist bisher bekannt?
Auf den Notruf des Besitzers hin sind am Donnerstag um kurz vor 18 Uhr zahlreiche Feuerwehren aus der Umgebung alarmiert worden. Der Einsatzort: ein Gelände an der Kreisstraße NU7, etwa auf halbem Weg zwischen Osterberg und Weiler. Ehefrau Lucie Weh erzählt, sich beim Klang der Sirenen zu Hause erst einmal „nichts weiter gedacht“zu haben. Als sie später von den Geschehnissen erfuhr, war sie geschockt.
Innerhalb kurzer Zeit rückten rund 110 Feuerwehrleute aus, ebenso mehrere Rettungswagen und Polizeistreifen. Kreisbrandinspektor Benedikt Kramer berichtet: „Schon bei meiner Anfahrt aus Kellmünz war von Weitem eine große Rauchsäule sichtbar.“Der starke Westwind hatte bereits dazu geführt, dass das in der Maschinenhalle der Biogasanlage ausgebrochene Feuer auf die unmittelbar angrenzenden Blockheizkraftwerke übergegriffen hat. So galt es zunächst, eine benachbarte Lagerhalle des landwirtschaftlichen Betriebes zu schützen. Darin untergestellte Maschinen wurden vorsorglich ins Freie gefahren. Laut Polizei hatte der Hofbesitzer zuvor schon erste eigene Löschversuche unternommen.
Kramer berichtet weiter: „Aus der Maschinenhalle schlugen waagrecht etwa 20 Meter lange Flammen in Richtung der Lagerhalle und der zwischen beiden Hallen verlaufenden 20-kV-Stromleitung. Deshalb war es die erste Aufgabe für die Feuerwehr Babenhausen, eine stabile Widerstandslinie zwischen beiden Hallen aufzubauen.“Das gelang den Unterallgäuern unter anderem mithilfe eines Wasserwerfers von ihrer Drehleiter aus. So konnte die zweite Halle gerettet werden.
Derweil regneten Glutstücke unter starker Hitzeentwicklung auf die Abdeckungen der Gärbehälter herab. Das hatte zur Folge, dass bei einem der sogenannten Fermenter die Plane durchbrannte. Das ausströmende Methangas entzündete sich in einer riesigen Stichflamme. Die
Feuerwehren aus Altenstadt und Kellmünz gingen von der Nordseite aus gegen den Brand vor. Um ein Übergreifen auf die weiteren Fermenter zu verhindern, hatte der Juniorchef des Hofes die Gasleitungen von den Gärbehältern zur Maschinenhalle gesperrt.
Die Wehren aus Oberroth und Osterberg gingen währenddessen in einen massiven Löschangriff auf die ursprünglich betroffene Maschinenhalle über, die schon beim Eintreffen der ersten Einsatzkräfte in Vollbrand gestanden hatte. Wie die Polizei erklärt, fiel auch eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach dem Feuer zum Opfer.
Die Wehr aus Unterroth stand bereit, um einzugreifen, wo Not am Mann war. Später unterstützte sie die Wasserversorgung. Die Feuerwehren aus Bergenstetten und Weiler, größtenteils mit Landwirten besetzt, halfen mit Kollegen aus Osterberg mit jeweils bis zu 20 Kubikmeter fassenden Vakuumfässern bei der Beschaffung von Löschwasser. Dieses wurde unterhalb des Hofes an der Kreisstraße in große Faltbehälter umgefüllt und von dort in die ausgelegten Schlauchleitungen eingespeist.
Um die weitere Wasserversorgung aus dem Hydrantennetz – an der Kreisstraße verläuft die Hauptleitung zwischen Osterberg und
Notverbundleitung wurde in Betrieb genommen
Weiler – kümmerten sich die einheimischen Wehren. Um die Versorgung zu stabilisieren, schaltete der Kellmünzer Wasserwart die Notverbundleitung Kellmünz-Weiler hoch, sodass dauerhaft ausreichend Löschwasser zur Verfügung stand.
Ein Fachmann des Energieversorgungsbetriebs schaltete die 20-kV-Stromleitung ab. Der Fachkreisbrandmeister für Chemie und Gefahrgut, Diplomchemiker Michael Ebner, war mit mehreren Kräften vom Mess-Gerätewagen des Landkreises aus zugange, um zu prüfen, ob durch Rauch oder sonstige Gase eine Gefahr ausging. Doch er konnte bald beruhigen: „Keine Gefahr für Bevölkerung und Umwelt.“
Der gesamte Einsatz wurde von Kreisbrandrat Bernhard Schmidt geleitet. Die „Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung“assistierte ihm. Die Polizei war mit Streifen aus Illertissen und Memmingen vertreten und übergab die Ermittlungen im Laufe des Abends an den Kriminaldauerdienst. Die weitere polizeiliche Arbeit liegt nun bei der Kripo Neu-Ulm. Von ihr waren auch am Freitagmorgen noch keine Auskünfte zur Ursache des Brandes zu erfahren. Das Landeskriminalamt wird in der kommenden Woche die Ermittlungen begleiten.
Die Schadenshöhe wurde von der Polizei schon in der Nacht zum Freitag auf „mindestens zwei Millionen Euro“geschätzt. Wie sachkundige Landwirte am Abend erklärt hatten, haben insbesondere die Motoren und die weiteren technischen Einrichtungen der Biogasanlage einen hohen Wert.
Kreisbrandinspektor Kramer erzählt am Freitag: „Die Ortswehren aus Osterberg und Weiler waren nach dem Ende der eigentlichen Löscharbeiten mit der Brandwache beschäftigt und mussten immer wieder kleinere Glutnester ablöschen.“Laut Polizei dauerten diese Arbeiten auch am Freitag an.
Die Besitzerfamilie, so Lucie Weh, wird die Ereignisse nun erst einmal verarbeiten müssen.
Ein Video und eine Bilderstrecke vom Einsatz bei Osterberg finden Sie im zuge hörigen Bericht auf unserer Website unter illertisser zeitung.de/lokales