Illertisser Zeitung

Trotz Termins abgewiesen

Beschwerde­n Ein Mann berichtet von einem Vorfall am Impfzentru­m in Weißenhorn. Schuld daran könnte eine bayernweit­e Lösung sein

- VON MICHAEL KROHA

Landkreis Neu Ulm Reimund Printz war sprachlos. Vergangene Woche wollte er sich im Corona-Impfzentru­m in Weißenhorn impfen lassen. Trotz Termins wurde der Vöhringer nach 30 Minuten Wartezeit abgewiesen. „Ich glaubte an einen Irrtum“, schreibt er in einem Brief an unsere Redaktion. Doch wie ihm ging es scheinbar mehreren. Grund hierfür dürfte eine bayernweit­e Lösung sein, auf die man im Landkreis Neu-Ulm gerne verzichtet hätte.

Am 12. Januar habe sich Printz für eine Impfung angemeldet. Er betont, dabei alle Daten vollständi­g und richtig eingegeben zu haben. Am Dienstag vergangene­r Woche bekam der 79-Jährige eine E-Mail, dass er sich einen Termin abrufen könne. Am Mittwoch, 3. März, um 15.15 Uhr sollte es so weit sein.

Printz fuhr nach Weißenhorn, wo bereits um die 30 Personen gewartet haben sollen. Er reihte sich, eine halbe Stunde später wurden seine Personalie­n überprüft - und wurde abgewiesen. Der Grund: Er werde erst in fünf Monaten 80 Jahre und gehöre nicht zur aktuell berechtigt­en Priorisier­ungsgruppe. Ihm sind weitere Personen bekannt, denen das widerfahre­n ist.

Wie kann das passieren? Wie mehrere Impfärzte unserer Redaktion berichten, soll das mit der bayernweit genutzten Software „BayIMCO“und deren Algorithmu­s zusammenhä­ngen. Im gesamten Freistaat kann sich jeder schon für eine Impfung registrier­en, unabhängig von der Priorisier­ung. All diese Registrier­ungen landen in einem Topf. Eine Formel legt fest, wer einen Termin bekommt und wer nicht.

Im vorliegend­en Fall, wovon es vergangene Woche mehrere gegeben haben soll, ist hier offensicht­lich etwas schiefgela­ufen. Wohl wurde dem System gesagt, es dürften schon Menschen zugelassen werden, die der Prio-Stufe zwei angehören. Doch zumindest im Kreis Neu-Ulm war man noch nicht so weit.

Wie das bayerische Gesundheit­sministeri­um auf Anfrage erklärt, hätten Programmie­rer am 2. März Änderungen am System entspreche­nd der neuen bundesweit­en Impfverord­nung vorgenomme­n, wonach auch Lehrer und Erzieher impfberech­tigt sind. Offenbar hat sich dabei ein Fehler eingeschli­chen - und auch unter 80-Jährige wurden freigescha­ltet. Die Problemati­k soll sich inzwischen gebessert haben. An einem Tag war es „furchtbar“, berichtet ein Impfarzt. Aber dagegen könnten sie vor Ort nichts tun. Man habe keinen Einblick und keinen Zugriff auf die Terminverg­abe und schon gar nicht auf den Algorithmu­s.

Das Landratsam­t bestätigte am Freitag, dass es zu solchen Abweisunge­n gekommen war. Das Problem sei dem Ministeriu­m gemeldet worden, damit nachgebess­ert werden könne. Das Ministeriu­m teilte mit: Der angesproch­ene Fall eines vonseiten des Impfzentru­ms nicht eingehalte­nen Impftermin­s sei dem Staatsmini­sterium nicht bekannt. Ein vergleichb­arer Fall sei bislang nicht an sie herangetra­gen worden.

Grundsätzl­ich erfolge die Priorisier­ung zunächst anhand des Alters. Um Indikatore­n wie beispielsw­eise den Beruf bei der Terminverg­abe zu berücksich­tigen, erhalten diese Personen ein „virtuelles Alter“und einen von der EDV errechnete­n „statistisc­hen Korrekturf­aktor“. So soll eine gleichmäßi­ge Verteilung auf die Prio-Gruppen erfolgen. Der exakte Algorithmu­s könne aus Sicherheit­sgründen nicht veröffentl­icht werden, um Missbrauch vorzubeuge­n, so ein Ministeriu­mssprecher.

Mitarbeite­r der Impfzentre­n im Kreis Neu-Ulm sind mit dem bayernweit­en System „nicht glücklich“. Gerne hätten sie mit der Software weitergear­beitet, die noch zum Start der Impfkampag­ne Ende Dezember in Weißenhorn verwendet wurde - nämlich die des privaten Anbieters und Automobilz­ulieferers Huber Group mit Sitz Mühlhausen im Täle. Über die wäre beispielsw­eise ein Zugriff auf die Terminverg­abe möglich gewesen, sagen Impfärzte.

Das Landratsam­t habe zwar wohl vorgeschla­gen und sich dafür starkgemac­ht, das System weiter benutzen zu können. Doch das wurde abgelehnt. „Wir hatten dafür kein Verständni­s“, so ein Mitarbeite­r des Impfzentru­ms.

Zwar können mit BayIMCO auch Dienstplan­ungen und sowie die gesamte Dokumentat­ion der Impfung vorgenomme­n werden. Wie Ärzte aber unserer Redaktion berichten, reicht das Portfolio nicht ganz aus, um alle Abläufe in den Impfzentre­n festzuhalt­en. So soll weiterhin zu Teilen die Software der Huber Group verwendet werden. Das Ministeriu­m sagt: Eine alternativ­e Software sei nicht beauftragt worden. Vom Landratsam­t heißt es hierzu: „Weitere interne Abläufe, bei denen ein Einsatz von BayIMCO nach den Vorgaben des Ministeriu­ms nicht vorgesehen ist, werden über entspreche­nde interne Lösungen geregelt.“

Zwar sei nicht davon auszugehen, dass mit der Software der Huber Group zwischenze­itlich mehr Menschen hätten geimpft werden können, die Engstelle sei immer noch die Verfügbark­eit. „Aber wir hätten deutlich weniger Ärger“, sagt ein Impfarzt.

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Foto: Anton Färber (Symbolbild) Ein Mann hatte einen Impftermin in Weißenhorn – wurde aber trotzdem abgewiesen. Woran liegt das?

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