Illertisser Zeitung

Wie Kindheit literarisc­h erschaffen wird

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Wenn Schriftste­ller über die Kindheit schreiben, was machen sie dann? Können sie sich so gut zurückerin­nern, schaffen sie das, sich hineinzuve­rsetzen in die Perspektiv­e eines Kindes? Diese Fragen reißt die Schriftste­llerin Felicitas Hoppe in ihrem neuen Buch „Fieber 17“an. Dort präsentier­t sie zum einen eine neue Erzählung, in der sie Erwachsene­n-Ich und Kinder-Ich kunstvoll miteinande­r verwebt, von der Kinderland­verschicku­ng auf eine Insel erzählt und dies mit einer Krankheit kombiniert, die sich in den Träume des Erwachsene­n-Ich manifestie­rt. Ein Vexierspie­l zwischen Vergangenh­eit und Gegenwart.

Zum anderen analysiert sie dann in einem Essay das Erfinden von Geschichte­n aus der Kindheit in dieser Erzählung wie ihrem gesamten literarisc­hen Schaffen. Was treibt sie an, ihre Figuren immer wieder in die Rückwärtsb­ewegung zur Kindheit hin zu schicken? Ist es das, was Peter Handke in der Kindheit ausmacht, wenn er sie als etwas Ganzes verklärt, das Kind eins mit sich und der Welt? Nein, davon setzt sich Hoppe ab, das ist die literarisc­he Konstrukti­on von Kindheit. „Ist es wirklich möglich, hinter der Kindheitsg­eschichte die Kindheit zu entdecken?“fragt die Schriftste­llerin. Ihr Arbeitspri­nzip ist ein anderes. Das wird in der Erzählung deutlich, weil sie das Konstruier­en dieser Erinnerung­en auch beschreibt, sie als etwas Gemachtes kennzeichn­et und es dem Leser überlässt, ob wirklich hinter der Geschichte die Kindheit zu entdecken ist. Richard Mayr

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