Illertisser Zeitung

Betondruck: Erst Wallenhaus­en, jetzt Weißenhorn

Innovation Fast alle Wohnungen des ersten gedruckten Mehrfamili­enhauses sind reserviert. Der Bauherr, die Firma Rupp, packt den 3-D-Drucker in Kürze für ein Großprojek­t wieder aus

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Weißenhorn Nur wer ganz genau hinsieht, bemerkt den Unterschie­d. So ganz ohne Gerüst und mit den Fensterläd­en aus Massivholz sieht das erste gedruckte Mehrfamili­enhaus auf dem Globus so aus, als wäre es ein ganz normaler Neubau für die Ortsmitte von Wallenhaus­en. Ein Hingucker sind zwar aus der Nähe die Wände aus grauen Würsten, die aus einer Art überdimens­ionaler Sahnetüte, von scheinbare­r Geisterhan­d gesteuert, aufeinande­rschichtet wurden. Schön. Aber optisch kaum spektakulä­r. Ein echter Hingucker hingegen soll in Weißenhorn entstehen.

Denn der Bauherr der Weltpremie­re, die Firma Michael Rupp Bauunterne­hmung aus Pfaffenhof­en, wird ihren Sitz nach Weißenhorn verlagern. Inklusive der neuen Tochter Rupp-Gebäudedru­ck. Der womöglich einzige Anbieter Europas von schlüsself­ertigen Gebäuden aus dem Drucker wird, wie Geschäftsf­ührer Fabian Rupp gegenüber unserer Redaktion erzählt, „eine Art Showroom“in der Benzstraße in Weißenhorn drucken. Insgesamt vier Millionen Euro investiere das Familienun­ternehmen in direkter Nachbarsch­aft zu Peri, jener Firma, die die Rupp-Brüder erst zum Häuserdruc­k brachte.

Aus anfänglich­er Neugier der Rupps zur innovative­n Technik wird nun eine Firma - mit teilweise gedrucktem, neuen Stammsitz.

Nicht das gesamte Haus auf dem 14.000-Quadratmet­er-Grundstück werde gedruckt, so Rupp. Aber der sichtbarst­e Teil: Im Foyer soll eine zehn Meter hohe und zehn Meter breite Wand entstehen, an der sich eine frei tragende Treppe entlang von Säulen und Stützen schlängeln soll. „Wir wollen damit zeigen was geht“, sagt Rupp. Möglichst spektakulä­r soll es werden, doch die Planungen stecken noch in den Kinderschu­hen.

Für den Drucker sind spektakulä­re Formen kein Problem, denn dem Drucker ist es egal, ob die Wände gerade oder gekrümmt sind. Baubeginn soll noch im Sommer dieses Jahres sein, der Bezug im Herbst oder Winter 2022.

Nachdem wie berichtet das erste gedruckte Mehrfamili­enhaus weltweit für Schlagzeil­en sorgte, stand in der kleinen Firma in Pfaffenhof­en das Telefon nicht mehr still. Eine kuriose Anfrage, an die sich Rupp erinnert: „Wir sollten 5000 Wohnungen in Tunesien drucken.“Doch die Rupps lehnten fast alle Aufträge ab. Der Druck des Erdgeschos­ses des insgesamt 380 Quadratmet­er großen Wohnhauses hat gerade einmal 22 Stunden gedauert. Nur zwei Personen bedienen den Drucker. Dieser druckt alle Betonmisch­ungen mit einer Geschwindi­gkeit von einem Meter pro Sekunde. Stein auf Stein - das war offenbar einmal. Das hatte in der ganzen Welt Erwartunge­n geweckt.

Wie Fabian Rupp sagt, sei die Zeit noch nicht reif dafür, mit dem

Menschen aus Wallenhaus­en haben den ersten Zugriff auf die Wohnungen.

Häuserdruc­k in Konkurrenz zum Fertigbau zu treten. Denn noch ist etwa der Spezialbet­on sehr teuer. Erst wenn die Nachfrage steigt, wird auch das Angebot steigen - und günstiger werden. Derzeit sieht Rupp, Meister im Maurer- und Betonbauer­handwerk, die Chancen des Betondruck­s also eher in ungewöhnli­cher Architektu­r. So wie sie in der Benzstraße in direkter Nachbarsch­aft zu Peri entstehen soll.

Peri, der weltweit führende Hersteller von Schalungs- und Gerüstsyst­emen, druckte noch vor Wallenhaus­en im nordrhein-westfälisc­hen Beckum das erste Einfamilie­nWohnhaus Deutschlan­ds. Und jetzt blickt das Unternehme­n aus Weißenhorn in Sachen 3-D-Druck nach Übersee. Wie es auf Nachfrage im

Unternehme­n heißt, werde derzeit der Druck eines Wohnhauses im Mittleren Westen der USA geplant. Weitere Details will Peri-Sprecher Markus Woehl nicht nennen.

Und Rupp rückt näher an die Firma, die den Betondruck in Deutschlan­d erst auf die Baustellen brachte: Denn 2018 beteiligte sich das Unternehme­n an der dänischen Firma Codod, dem weltweit führenden Hersteller von Betondruck­ern, und verkauft und vermietet seitdem diese. Die Rupps verhandeln mit Peri über den Kauf eines eigenen Betondruck­ers, denn der Drucker für das Mehrfamili­enhaus in Wallenhaus­en war nur gemietet. Den ersten 3-D-Betondruck­er überhaupt verkaufte Peri im vergangene­n Jahr an die Firma Röser in Laupheim: zur Herstellun­g von Betonferti­gteilen.

Hallo Weißenhorn, Servus Pfaffenhof­en: Die Firma Rupp wird den Standort in der Remmeltsho­fener Dorfstraße aufgeben - entweder vermieten oder in Wohnraum zur Vermietung umbauen. So gut wie vermietet seien bislang drei der vier verfügbare­n Wohnungen in Wallenhaus­en. Eine der fünf Wohnungen ist eine Musterwohn­ung, die künftig besichtigt werden kann. Drei Parteien aus Wallenhaus­en hätten sich Wohnungen reserviert. Unterschri­eben seien die Mieterträg­e aber noch nicht. Wie zu Baubeginn versproche­n, bekommen die 520 Einwohner das erste Zugriffsre­cht auf die vier Wohnungen. „Am unteren Ende des Mietspiege­ls.“

 ?? Fotos: Alexander Kaya ?? Das erste Mehrfamili­en  Wohnhaus aus dem Drucker steht in Wallenhaus­en. Jetzt läuft der Innenausba­u.
Fotos: Alexander Kaya Das erste Mehrfamili­en Wohnhaus aus dem Drucker steht in Wallenhaus­en. Jetzt läuft der Innenausba­u.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany