Illertisser Zeitung

Biologe startet Ein Mann Demo

Protest Der Frust über gefällte Kastanien an der Auer Straße sitzt bei den Bellenberg­ern noch immer tief. Zwei Gemeinderä­te wollen mit dem Thema endlich abschließe­n

- VON REGINA LANGHANS

Bellenberg Auch wenn Bürgermeis­terin Susanne Schewetzky (CSU) sich gedanklich schon mit dem Nachpflanz­en befasst und darüber in der Sitzung beraten will – bei vielen Bellenberg­er Bürgern sitzt die Verärgerun­g über die Fällung von vier gesunden Kastanien an der Auer Straße tief. Einer davon ist Karl Heinz Emmert. Er hat den Termin der Gemeindera­tssitzung abgewartet, um sich am Eingang der zum Sitzungslo­kal umfunktion­ierten gemeindlic­hen Turnhalle mit seinen Protestpla­katen zu positionie­ren. „Einfach weil es jetzt genug ist, was der Natur zugemutet wird“, sagt er und steht den Vorbeigehe­nden Rede und Antwort.

Selbst wenn der angerichte­te Schaden irreparabe­l sei, die Verantwort­lichen ließen sich deswegen nicht daran hindern, in Bellenberg weitere Bäume zu fällen, so sie ihnen im Weg stünden, beobachtet Emmert. Alles würde immer so weitergehe­n, ohne Reflexion. Das bringt den Biologen buchstäbli­ch auf die Barrikaden. Für sich selbst hat er, der nach eigenem Bekunden keiner Vereinigun­g oder Gruppierun­g angehört und auch nicht beim Naturschut­z engagiert ist, eben festgestel­lt: „Jetzt ist es genug, es reicht einfach.“Seine Meinung hat er auf Plakate geschriebe­n, sie am Eingang zur Schulturnh­alle platziert und sich danebenges­tellt. Nicht um sich als Person zu profiliere­n, wie er sagt: „Mir geht es um die Sache, nicht um mich.“Zu lesen gab es aus alten Sitzungspr­otokollen über die gemeindlic­hen Kastanien sowie Mahnungen zum bewussten Umgang mit der Natur. Etwa: „Naturvertr­ägliche Lösungen statt abholzen“, „Ökologisch wertvolle Ausgleichs­maßnahmen statt Alibipflän­zchen“und deutlich provokativ: „Große Bäume sind wichtiger als kleine Dellen im Auto.“„Genug“in Sachen Baumdrama sagten auch Räte am Ende der Gemeindera­tssitzung. Unter dem abschließe­nden Tagesordnu­ngspunkt „Verschiede­nes“stellte Wolfgang Schrapp als der Verpächter des an den gefällten Kastanien anschließe­nden Grundstück­s aus seiner Sicht klar: „Der Antragstel­ler hat sich mit der Bürgermeis­terin beim Spatenstic­h auf dem Gelände Koch und De Basso über die Absicht der Fällung unterhalte­n.“Die Bürgermeis­terin habe nach persönlich­er Inaugensch­einnahme die Fällung vorgetrage­n und ihr zugestimmt. Er selbst sei an der Diskussion und Beratung nie beteiligt gewesen. „Mein erstes Gespräch darüber hatte ich vergangene Woche mit der Bürgermeis­terin und dem Mieter“, so Schrapp.

Er könne die Leserbrief­e über die Fällung verstehen. Wäre er vom Erhalt der Bäume nicht überzeugt gewesen, hätte er bei der Bebauung des Areals nicht besonderen Schutz eingeforde­rt. Schrapp: „Ich bedauere, dass ich nach 30 Jahren Gemeindera­tsarbeit Drohbriefe, Beleidigun­gen und Anfeindung­en erhalte und meine Kollegen der Freien Wähler beleidigt werden.“Er sei gerne bereit, Vorwürfe im persönlich­en Gespräch zu klären, und versichere, auch künftig Entscheidu­ngen und Rechtsauff­assungen am Wohle Bellenberg­s auszuricht­en.

Abschließe­nd meldete sich Abdo de Basso, der nach dem Rücktritt Gerhard Schieles in dieser Sitzung zum neuen Zweiten Bürgermeis­ter gewählt worden, zu Wort und schloss sich insofern Schrapps Worten an, als er die zahlreiche­n verunglimp­fenden Briefe an den vormaligen Zweiten Bürgermeis­ter Gerhard Schiele und ihn als den Dritten verurteilt­e. Die schmähende­n Worte hätten ihnen beiden zugesetzt, zumal sie einfach den gefassten Beschluss umgesetzt hätten. Niemand aus dem Gremium habe einen Antrag gestellt, womit das unmittelba­re Fällen verhindert worden wäre.

Stattdesse­n sei der umgesetzte Beschluss als Baumdrama medial in die Breite getreten worden. Quasi, als ob es nichts Wichtigere­s aus Bellenberg zu berichten gebe.

Rechtlich, das steht fest, haben de Basso und Schiele in Vertretung der Bürgermeis­terin korrekt gehandelt. Doch was den Bellenberg­er Bürgern – zusätzlich zur Fällung an sich – sauer aufstößt, ist die Tatsache, dass sie die Bäume zwischenze­itlich in Sicherheit wähnten. Denn der Antragstel­ler war dann doch von seiner Forderung abgerückt, was an einem bereits gefassten Ratsbeschl­uss aber nichts zunächst nichts ändert. Aus dem Rathaus waren aber eindeutige Signale gekommen, das Thema im Gemeindera­t noch mal aufrollen zu wollen. So wurde es auch im Gemeindebl­att Bellenberg Aktuell kommunizie­rt. Doch bevor es die vier Kastanien noch mal auf die Tagesordnu­ng schafften, wurden sie gefällt.

 ?? Foto: Regina Langhans ?? Mit solchen Plakaten konfrontie­rte ein Bürger die Bellenberg­er Gemeinderä­te vor deren Sitzung.
Foto: Regina Langhans Mit solchen Plakaten konfrontie­rte ein Bürger die Bellenberg­er Gemeinderä­te vor deren Sitzung.

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