Sich für Urlaub schämen?
Urlaub ist eine Auszeit vom Alltag. Warum um Himmels Willen sollte man sich dafür schämen? Man kann diese Auszeit sogar – ganz schamlos – auf Mallorca verbringen. Daran ist nichts Verwerfliches. Für Urlaub schämen müsste man sich allerdings, wenn man nach der Rückkehr nicht sofort in ein Corona-Testcenter gehen würde, um zu prüfen, ob man seine Mitmenschen gefährden könnte.
Auch auf Mallorca – um beim Beispiel zu bleiben – gibt es Hygieneregeln. In vielen Urlaubsländern sogar Ausgangssperren. Viel mehr als ein wenig Sonne tanken, ein Tapetenwechsel mit Meeresrauschen und ein Drink draußen in einer Bar ist doch gar nicht drin. Vielleicht, ohohoh, am Abend noch ein Strandspaziergang. Die meisten Hotels haben gar nicht auf. Einen übervollen Sangria-Strohhalm-Ballermann gibt es nicht.
Aus welchem Grund also sollte jemand, wenn es die Lebensumstände zulassen, nicht nach Mallorca fliegen? Oder nach Istrien oder an die Algarve? Denn auch da kann man derzeit hinfahren, ohne nach der Rückkehr in Quarantäne zu müssen. Darüber spricht nur keiner.
Was wird denn da gerade für eine überhitzte Diskussion geführt, die zuweilen mehr Züge einer Neiddebatte hat? Die Aufregung wäre vielleicht weniger groß, wenn wenigstens ein bisschen Urlaub in diesen Tagen auch in Deutschland möglich wäre. Kreative Möglichkeiten dafür gäbe es viele. Doch irgendwann im Lauf des Pandemie-Jahres haben Politiker und Virologen die Länder der Welt neu nach Inzidenzwerten vermessen – und die dazugehörigen Corona-Verhaltensregeln aufgestellt ... All die Mallorca-, Istrien- oder Algarve-Urlauber tun demzufolge nichts Verbotenes. Für alle anderen gilt: Man muss auch mal gönnen können.