Illertisser Zeitung

Ein Schritt Richtung Kanzlersch­aft

Parteien CDU-Chef Armin Laschet hält seine erste Grundsatzr­ede. Sie soll der Auftakt zur Erarbeitun­g des Wahlprogra­mms sein. In Wahrheit ist es eine Bewerbungs­rede

- VON STEFAN LANGE

Berlin Wahlkämpfe­r haben es in Corona-Zeiten schwer – Armin Laschet ist da keine Ausnahme. Den Auftakt zur Erarbeitun­g des CDUWahlpro­gramms muss der Parteivors­itzende ohne Publikum bewältigen, seine erste Grundsatzr­ede seit seiner Wahl zum Parteichef gerät eher nüchtern und wird nicht von Beifall unterbroch­en. Laschet benennt die Themen, die seine Partei bewegen. Die Corona-Krise, aber auch Herausford­erungen, die von der Pandemie vermeintli­ch fortgespül­t wurden. Die Flüchtling­sfrage etwa. Sein Problem an diesem Tag ist, dass sich die meisten Menschen momentan vor allem dafür interessie­ren, wie und wann Deutschlan­d das Virus in den Griff bekommt.

„Zusammenma­chen“ist das Motto, das die CDU über diesen Dienstag gestellt hat. Im Internet sorgt der doppeldeut­ige Begriff für Spott, aber immerhin geht es nun, ein halbes Jahr vor der Bundestags­wahl, auch bei der CDU los. Die anderen demokratis­chen Parteien im Bundestag sind da schon weiter. Linke, Grüne, FDP und SPD haben Entwürfe oder fertige Programme bereits auf dem Tisch.

Laschet ist mit der Videokamer­a alleine, die seine Rede in die ganze Republik überträgt. Dieser Monolog mit dem Objektiv war ihm schon bei seiner Bewerbungs­rede im Januar gut gelungen, als er sich gegen Norbert Röttgen und Friedrich Merz als neuer CDU-Chef durchsetzt­e. Diesmal kommt er noch eine Spur genauer auf den Punkt und schnell wird deutlich, dass hier nicht einfach nur der neue Parteivors­itzende Grundzüge des Wahlprogra­mms skizziert. Hier bewirbt sich Laschet gerade als Kanzlerkan­didat.

Der Aachener geht mit seiner Partei hart ins Gericht. „Die Fehler im Pandemiema­nagement und manches persönlich­e Fehlverhal­ten, Egoismus in den eigenen Reihen, haben dazu geführt, dass das Vertrauen in die Zuverlässi­gkeit und die Leistungsf­ähigkeit der Union insgesamt gesunken ist“, sagt Laschet. Namen nennt er nicht, aber er dürfte wohl auch den bayerische­n Ministerpr­äsidenten, CSU-Vorsitzend­en und möglichen Konkurrent­en in der K-Frage, Markus Söder, gemeint haben. Söder hatte Laschet in den vergangene­n Monaten öfter kritisiert, doch damit und überhaupt mit allen Animosität­en soll jetzt Schluss sein. „Ich sage Ihnen heute: Wir werden das ändern. Wir werden das besser machen. Dafür stehe ich persönlich.“Dass Söder am selben Tag sein Befremden darüber zum Ausdruck bringt, wie sich der CDUChef und die CDU-Kanzlerin um die Corona-Politik streiten, schmälert allerdings die Hoffnung auf ruhigere Zeiten in der Union.

Der Wahlkämpfe­r spricht erneut vom „Modernisie­rungsjahrz­ehnt“, das Deutschlan­d erleben soll. La

Der Wahlkämpfe­r will ein Modernisie­rungsjahrz­ehnt

schet hat dieses Wort zusammen mit seinem Parteifreu­nd Jens Spahn geprägt. Es findet sich im Zehn-Punkte-Programm, das beide Anfang Januar vorlegten, um Laschet auf den Parteithro­n zu hieven.

Laschet wettert gegen zu viele Vorschrift­en, die das Land lähmen. Er verspricht Lockerunge­n, will Firmengrün­der ein Jahr von Bürokratie­lasten befreien. Nach jeder mutigen Idee komme „immer dieses deutsche Aber“, fordert er mehr Wagnisbere­itschaft ein. Laschet erneuert sein Bildungsve­rsprechen, will Deutschlan­d wieder zum ganz großen Industries­tandort machen.

Dass Deutschlan­d und Europa in der Pandemie von China abhängig waren, wurmt ihn. „Wir haben outgesourc­t, weil es ein paar Cent billiger war, haben Produktion­en nach China verlagert, und wir haben die Chemie- und Pharmaindu­strie mit immer neuen komplizier­teren Vorschrift­en verjagt.“Klimaschut­z und Wachstum schließen sich Laschet zufolge nicht aus, er setzt auf Grünen Wasserstof­f als Energieque­lle und will Deutschlan­d auf diesem Gebiet zum Weltmarktf­ührer machen.

Ein starkes Europa fordert der CDU-Chef und ein „besseres Einwanderu­ngsgesetz, das klare Voraussetz­ungen schafft, unter denen Einwanderu­ng nach Europa möglich ist“. Das werden vor allem die Konservati­ven unter seinen Parteifreu­nden gerne hören, solche Ansagen hatten sie zuletzt vermisst. Unter der Kurzzeit-Vorsitzend­en Annegret Kramp-Karrenbaue­r, aber vor allem unter der Lichtgesta­lt Angela Merkel. Von der Kanzlerin und ihrem vielfach kritisiert­en MitteLinks-Kurs will sich Laschet offenbar absetzen. In seiner Wahlkampfr­ede erwähnt er zwar das CDU-Urgestein Helmut Kohl. Merkel hingegen nicht mit einem Wort.

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Foto: Michael Kappeler, dpa Ein Kandidat fürs Kanzleramt? Mit einer offensiven Grundsatzr­ede meldet Armin Laschet Ansprüche an.
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