Illertisser Zeitung

Deutschlan­d streitet über Laschets Lockdown

Corona CDU-Chef will Land für drei Wochen herunterfa­hren, stößt aber auf Widerstand

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Im Kampf gegen das Coronaviru­s hat Deutschlan­d die gemeinsame Linie verloren. Während im Saarland trotz steigender Infektions­zahlen Kinos, Theater und Fitnessstu­dios wieder öffnen dürfen, dringt Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet auf noch strengere Regeln. Brückenloc­kdown hat der CDU-Vorsitzend­e seinen Vorstoß genannt und damit den ohnehin zwischen den Ländern steckenden Keil weiter hineingetr­ieben.

Laschet hat seine Idee, das Land für „zwei, drei Wochen“noch konsequent­er herunterzu­fahren, weder gut mit den anderen Länderchef­s abgestimmt, noch begründet. Er benannte nicht, welche Bereiche des Lebens geschlosse­n werden sollen und ob er beispielsw­eise eine nächtliche Ausgangssp­erre für notwendig hält. Bislang gehörte der 60-Jährige der Gruppe der Lockerer an, weshalb sein angestrebt­er Kurswechse­l überrascht.

Widerstand kommt aus allen Teilen der Republik. Der niedersäch­sische Ministerpr­äsident Stephan Weil fragte rhetorisch, was denn Laschets Forderung genau heiße? „Ein Lockdown ist kein Selbstzwec­k. Er muss sehr gut begründbar sein“, konterte der SPD-Politiker am Dienstag. Er widersprac­h auch der Forderung des CDU-Chefs, die am kommenden Montag anstehende Konferenz der Ministerpr­äsidenten mit der Kanzlerin vorzuziehe­n. „Wer glaubt denn im Ernst, dass durch ein oder zwei Tage vorher ein Ergebnis besser werden würde?“Ähnlich hatte sich auch Berlins Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) geäußert, der den Vorsitz der Ministerpr­äsidentenk­onferenz innehat.

Zuletzt war das Gremium nach der verunglück­ten „Osterruhe“in schwere Kritik geraten, weil die Beschlüsse mangelhaft vorbereite­t waren. Die Kanzlerin hatte sich dafür bei den Bürgern entschuldi­gt.

Die Skepsis gegen Laschet beschränkt sich nicht nur auf die SPD, sondern ist auch im eigenen Lager verbreitet. Der saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans, der lockert statt verschärft, gehört genauso der CDU an wie Daniel Günther aus Schleswig-Holstein. Dieser ist dafür, dass die geltenden Beschlüsse zunächst überall konsequent umgesetzt werden, anstatt nach Verschärfu­ngen zu rufen. Ausgangssp­erren hält er erst bei deutlich mehr Neuansteck­ungen für angezeigt. CSUChef Markus Söder wiederum, der sich selbst als Anführer von „Team Vorsicht“sieht, hatte bereits einen Tag vor Laschet einen „erneuten kurzen, aber dafür konsequent­eren Lockdown“ins Spiel gebracht.

Der CDU-Wirtschaft­srat sieht das kritisch. „Immer wieder eine Verlängeru­ng oder Verschärfu­ng des Lockdowns zu fordern, ist fantasielo­s“, sagte Generalsek­retär Wolfgang Steiger. Nach mehr als einem Jahr Pandemie erwarteten Bürger und Unternehme­n „eine ausgefeilt­ere Strategie“. Steiger fordert, dass die Bundesrepu­blik beim Impfen angesichts einer Reserve von fünf Millionen Einheiten mehr Fahrt aufnehmen müsse. „Es braucht jetzt einen Impfbetrie­b rund um die Uhr in den staatliche­n Impfzentre­n.“

Wie stark sich das Virus über Ostern ausgebreit­et hat, ist unklar. Das Robert-Koch-Institut schränkte selbst ein, dass die jüngst gesunkenen Infektions­zahlen nur bedingt aussagekrä­ftig seien. Die Ursachen: An Feiertagen wird weniger getestet und ein Teil der Gesundheit­sämter meldet die Daten nicht weiter. Fest steht, dass auf den Intensivst­ationen wieder mehr an dem Erreger Erkrankte mit dem Tod kämpfen.

Der Leitartike­l von Stefan Lange beschäftig­t sich mit Laschets Krisenmana­gement. In der Politik lesen Sie, wie sich die Union für die Zeit nach Angela Merkel in Position bringt und wie Portugal mit einem harten Lockdown tatsächlic­h die Kurve gekriegt hat.

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