Deutschland streitet über Laschets Lockdown
Corona CDU-Chef will Land für drei Wochen herunterfahren, stößt aber auf Widerstand
Berlin Im Kampf gegen das Coronavirus hat Deutschland die gemeinsame Linie verloren. Während im Saarland trotz steigender Infektionszahlen Kinos, Theater und Fitnessstudios wieder öffnen dürfen, dringt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet auf noch strengere Regeln. Brückenlockdown hat der CDU-Vorsitzende seinen Vorstoß genannt und damit den ohnehin zwischen den Ländern steckenden Keil weiter hineingetrieben.
Laschet hat seine Idee, das Land für „zwei, drei Wochen“noch konsequenter herunterzufahren, weder gut mit den anderen Länderchefs abgestimmt, noch begründet. Er benannte nicht, welche Bereiche des Lebens geschlossen werden sollen und ob er beispielsweise eine nächtliche Ausgangssperre für notwendig hält. Bislang gehörte der 60-Jährige der Gruppe der Lockerer an, weshalb sein angestrebter Kurswechsel überrascht.
Widerstand kommt aus allen Teilen der Republik. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil fragte rhetorisch, was denn Laschets Forderung genau heiße? „Ein Lockdown ist kein Selbstzweck. Er muss sehr gut begründbar sein“, konterte der SPD-Politiker am Dienstag. Er widersprach auch der Forderung des CDU-Chefs, die am kommenden Montag anstehende Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin vorzuziehen. „Wer glaubt denn im Ernst, dass durch ein oder zwei Tage vorher ein Ergebnis besser werden würde?“Ähnlich hatte sich auch Berlins Bürgermeister Michael Müller (SPD) geäußert, der den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz innehat.
Zuletzt war das Gremium nach der verunglückten „Osterruhe“in schwere Kritik geraten, weil die Beschlüsse mangelhaft vorbereitet waren. Die Kanzlerin hatte sich dafür bei den Bürgern entschuldigt.
Die Skepsis gegen Laschet beschränkt sich nicht nur auf die SPD, sondern ist auch im eigenen Lager verbreitet. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans, der lockert statt verschärft, gehört genauso der CDU an wie Daniel Günther aus Schleswig-Holstein. Dieser ist dafür, dass die geltenden Beschlüsse zunächst überall konsequent umgesetzt werden, anstatt nach Verschärfungen zu rufen. Ausgangssperren hält er erst bei deutlich mehr Neuansteckungen für angezeigt. CSUChef Markus Söder wiederum, der sich selbst als Anführer von „Team Vorsicht“sieht, hatte bereits einen Tag vor Laschet einen „erneuten kurzen, aber dafür konsequenteren Lockdown“ins Spiel gebracht.
Der CDU-Wirtschaftsrat sieht das kritisch. „Immer wieder eine Verlängerung oder Verschärfung des Lockdowns zu fordern, ist fantasielos“, sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger. Nach mehr als einem Jahr Pandemie erwarteten Bürger und Unternehmen „eine ausgefeiltere Strategie“. Steiger fordert, dass die Bundesrepublik beim Impfen angesichts einer Reserve von fünf Millionen Einheiten mehr Fahrt aufnehmen müsse. „Es braucht jetzt einen Impfbetrieb rund um die Uhr in den staatlichen Impfzentren.“
Wie stark sich das Virus über Ostern ausgebreitet hat, ist unklar. Das Robert-Koch-Institut schränkte selbst ein, dass die jüngst gesunkenen Infektionszahlen nur bedingt aussagekräftig seien. Die Ursachen: An Feiertagen wird weniger getestet und ein Teil der Gesundheitsämter meldet die Daten nicht weiter. Fest steht, dass auf den Intensivstationen wieder mehr an dem Erreger Erkrankte mit dem Tod kämpfen.
Der Leitartikel von Stefan Lange beschäftigt sich mit Laschets Krisenmanagement. In der Politik lesen Sie, wie sich die Union für die Zeit nach Angela Merkel in Position bringt und wie Portugal mit einem harten Lockdown tatsächlich die Kurve gekriegt hat.