Illertisser Zeitung

Wie aus Hass Gewalt wird

Radikalisi­erung geschieht nicht allein

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Das Aufbranden von Hass und damit verbundene­n Straftaten hat im Zeitalter der Digitalisi­erung zugenommen. Charismati­sche Führungspe­rsonen werden durch die schnelle Vernetzung in sozialen Medien ersetzt, immer wieder erschütter­n Nachrichte­n von brutalen, rassistisc­hen Attacken auf Geflüchtet­e oder Deutsche mit Migrations­hintergrun­d die Gesellscha­ft. Jedoch nur kurz – meistens folgt die Nachricht, es habe sich um Einzeltäte­r gehandelt und kollektive Erleichter­ung stellt sich ein. So auch im Jahr 2015, als insgesamt 700 Flüchtling­sheime brannten.

Warum das keine Einzeltäte­r sind, erklärt Wolfgang Benz in seinem Buch „Vom Vorurteil zur Gewalt“. Er legt das Geflecht an Vorurteile­n, Ideologien und Stereotype­n offen, die sich zu starken Feindbilde­rn verdichten. In einigen Fällen werden diese so übermächti­g, dass Individuen den gefühlten Missstände­n entgegentr­eten wollen und die in ihren Augen oder teilweise von Gesellscha­ft und Politik gebrandmar­kten Schuldigen angreifen. Juden, Sinti und Roma, die Kurden in der Türkei, die Uiguren in China.

Benz zeigt, wie sich frühere Feindbilde­r, etwa zur Zeit der Weltkriege, entwickelt­en – und wie sie durch Bildung und großen Aufwand überwunden wurden. Doch er findet klare Worte: Aufklärung habe Grenzen, was Feindbilde­r betreffe. Die Forschung zu den Ursachen hinke laut Benz immer hinter- her.

Anna Katharina Schmid

Wolfgang Benz: Vom Vorurteil zur Gewalt Herder,

480 S., 26 ¤

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