Illertisser Zeitung

Der Wasserstof­f, aus dem die Träume sind

Neuvorstel­lung Der Mirai war früh ein Pionier der Brennstoff­zellen-Technik, jetzt hat ihn Toyota komplett überarbeit­et. Hat das Zukunft?

- VON RUDOLF BÖGEL

Wasserstof­f marsch! Der neue Toyota Mirai zeigt, wie das Autofahren der Zukunft mit Brennstoff­zelle aussehen könnte. Mirai heißt auf Japanisch Zukunft. Das ist die Mission. Begonnen hat sie 2014, als die erste Generation des Wasserstof­f-Fahrzeugs auf den Markt kam. Der neue Mirai wurde optisch und technisch komplett überarbeit­et.

Die Blicke der Passanten hat er jedenfalls sicher. Beherrscht wird die Front von schmalen Hai-Augen, während der mächtige Kühler an das Maul eines Pottwals erinnert. Nach unten hin öffnet er sich konisch, bis er fast über die ganze Wagenbreit­e geht. Ein selbstbewu­sster Auftritt, für manchen Geschmack vielleicht ein wenig großmäulig. Die Seitenlini­e ist elegant und schwingt nach hinten ab wie bei einem Coupé. Klassisch gefällig! Ganz im Gegensatz zum Vorgänger, der eher ein hässliches Öko-Entlein war.

Auch das Interieur ist hochwertig, etwa die weiß belederte Armaturen-Tafel. Digital hat sich der neue Mirai ebenfalls gemausert. Zwei Bildschirm­e, einer als „Tacho“hinter dem Lenkrad mit allen Fahrinform­ationen, und ein 12,3 Zoll großes Multimedia-Display in der Mitte bilden optisch eine Einheit. Gut, dass es noch ein paar Tastknöpfe an der Leiste darunter gibt, um schnell die Lautstärke einzustell­en oder einen anderen Radiosende­r zu suchen.

Technisch hat sich ebenfalls viel getan. So sitzt die optimierte Brennstoff­zelle jetzt im Motorraum, der eigentlich­e Elektromot­or und die Hochvolt-Batterie auf der Hinterachs­e. Angetriebe­n wird das Auto im Vergleich zum Vorgänger am Heck statt an der Front. Die größeren Wasserstof­ftanks befinden sich

Von wegen hässliches Öko Entlein! Die Frontansic­ht des Mirai überzeugt. dort, wo sonst der Kardantunn­el ist, und hinter den Rücksitzen. Somit ergibt sich nicht nur mehr Platz für die Passagiere, sondern ein tiefer Schwerpunk­t und die perfekte Gewichtsve­rteilung von 50:50 auf Vor

Datenblatt

Toyota Mirai

● Länge/B/H 4,98/1,89/1,47 m

● Synchron Elektromot­or

● Leistung bis zu 134 kW/182 PS

● Drehmoment 300 Nm

● 1 Gang Automatik, Heckantrie­b

● 0 100 km/h 9,2 Sekunden

● Spitze 175 km/h der- und Hinterachs­e. Der Mirai liegt dadurch souverän auf der Straße, schwingt in den Kurven wie ein guter Skifahrer und beschleuni­gt mit seinen 182 Elektro-PS in ordentlich­en 9,2 Sekunden von 0 auf

● Normverbra­uch

0,79–0,89 kg/100 km 5 Minuten 650 km 0 g/km 271 l 1900/515 kg ab 63 900 Euro

● Tankdauer

● Reichweite

● CO Emission

● Kofferraum

● Leergewich­t/Zul.

● Preis 100. Immerhin bis Tempo 175 geht das Brennstoff­zellenauto mit, ab 100 km/h lässt die Dynamik allerdings nach. In den Kurven fühlt sich der Mirai dank des aktiven Kurvenassi­stenten ganz besonders wohl. Dabei wird das hintere Innenrad eingebrems­t, das äußere Rad bekommt mehr Antrieb. Das sorgt für Dynamik und Fahrstabil­ität.

Bei den Emissionen ist der Mirai vorbildlic­h. In der Brennstoff­zelle reagiert Luft mit Wasserstof­f und produziert dadurch Strom. Hinten kommt nur Wasser und Luft heraus. Und die ist sogar noch sauberer als vorher. Denn sie wird im Ansaugtrak­t gereinigt. Ein spezieller Katalysato­r filtert Schwefeldi­oxid und

Stickoxide aus. Dadurch arbeitet die Brennstoff­zelle effektiver. Damit ist der Mirai ein Auto fürs gute Umweltgewi­ssen. Allerdings nur unter der Voraussetz­ung, dass Wasserstof­f auch umweltfreu­ndlich produziert wird, das heißt mit regenerati­ven Energien wie Wind und Strom.

Das Tankstelle­n Netz hat noch große Lücken

Bis zu 650 Kilometer schafft man mit einem Tank, der in fünf Minuten befüllt werden kann. Das ist auch bitter nötig, denn das deutsche Tankstelle­nnetz ist nach wie vor schwach. Es gibt derzeit nur rund 90 Zapfstelle­n, damit kommt man hierzuland­e einigermaß­en gut durch, wenn man den ein oder anderen Umweg zur Tanke in Kauf nimmt.

Jenseits der Grenzen sieht es jedoch bitter aus. Bis nach Wien schafft man es noch, in Bozen gibt es zwar eine H2-Tanke, aber da muss man sich vorher telefonisc­h anmelden. Weiter südlich Fehlanzeig­e. Ebenso wie in Frankreich oder Spanien. Der Kilopreis für Wasserstof­f liegt in Deutschlan­d bei 9,50 Euro. Der Mirai verbraucht 0,8 Kilo auf 100 Kilometern, macht Kosten in Höhe von 7,60 Euro.

● Unser Fazit Mit dem neuen Mirai zeigt Toyota, wie die Zukunft mit einem Brennstoff­zellen-Auto aussehen könnte. Jetzt fehlt nur noch, dass der Ausbau der Tankstelle­n auch von Staats wegen konsequent vorangetri­eben wird. Damit der Wasserstof­f nicht mehr nur der Stoff ist, aus dem die Träume sind, sondern der Stoff, aus dem die (mobile) Zukunft gewebt wird.

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Fotos: Toyota Tanken wie beim Benziner: Fünf Minuten etwa dauert der Vorgang. Der volle Wasserstof­f Tank reicht für rund 650 Kilometer.
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