Tödlicher Unfall: Wie sicher ist der Zebrastreifen?
Verkehr Die Menschen in Vöhringen sind nach dem Unglück tief betroffen. Der Zebrastreifen gilt schon länger als gefährliche Stelle. Vor wenigen Monaten hatte sich der Bauausschuss damit beschäftigt
MITTWOCH, 7. APRIL 2021
Vöhringen In unmittelbarer Umgebung der Unfallstelle auf der Ulmer Straße herrscht eine Art Schockstarre. Die Menschen zeigen sich tief betroffen über den Unfalltod eines siebenjährigen Buben. Er war am Abend des Ostersonntags auf seinem Tretroller auf dem Zebrastreifen beim dortigen Blumengeschäft unterwegs. Eine Autofahrerin hatte nach Angaben der Polizei das Kind übersehen, der Junge stürzte und wurde noch 20 Meter mitgeschleift. Er erlag seinen schweren Verletzungen später in der Uni-Klink Ulm.
Am Tag nach dem Unfall haben die Vöhringer Blumen, Kerzen und Kuscheltiere an der Unfallstelle niedergelegt. Die Trauer um das Kind ist in der Stadt fast greifbar. Der Eigentümer des Eissalons Cortina, Thorsten Toldo, selber Vater von zwei Kindern, zeigte sich erschüttert über den Unfalltod des Kindes. „Hier kann eigentlich nur im zweiten Gang gefahren werden, man muss hier immer besonders bremsbereit sein. Auch wenn auf diesem Teilstück der Ulmer Straße ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern vorgeschrieben ist, fahren manche Autofahrer zu schnell.“Ein Passant meinte, dass vor allem in den Abendstunden der Verkehr auf der Ulmer Straße sehr dicht und auch schnell sei.
Kerstin Perniola, Chefin der Modeboutique U11, hat am Dienstagmorgen Blumen an der Unfallstelle niedergelegt. Sie dachte nicht nur an die Eltern, die jetzt ihr Kind verloren hätten, sondern auch an die Fahrerin des Unfallwagens. „Ein Unfall mit einem Kind als Opfer ist immer schlimm. Tod bedeutet Verlust, aber bei einem Kind ist es besonders schlimm.“Sonja Fischer vom Blumengeschäft Florales Handwerk – sie hatte gerade einen Blumenkranz geflochten, um ihn niederzulegen – empfand tiefes Mitgefühl für die Eltern des Kindes, denkt aber auch an die Verursacherin des Unfalls, denn mit Absicht tue ja keiner so etwas.
Betroffen von dem Vorfall ist auch der Vöhringer Bürgermeister
Michael Neher. „Dieser Unfall berührt uns hier im Rathaus alle sehr“, sagt Neher. Auch an den Einsatzkräften der örtlichen Feuerwehr sei das nicht spurlos vorbeigegangen, berichtet Neher. Er habe, gleich nachdem er aus der Presse von dem tragischen Unglück erfahren hatte, mit der Feuerwehr Kontakt aufgenommen.
Dass die Ulmer Straße, an der auch viele Geschäfte liegen, zu den gefährlicheren Verkehrsstellen gehört, ist in Vöhringen bekannt. Als Ende vergangenen Jahres einige der Zebrastreifen der Stadt auf dem Prüfstand kamen, sprachen sich sowohl Verwaltung als auch die Stadträte im Bauausschuss dafür aus, dass der in der Ulmer Straße auf alle Fälle bleiben soll. Es wurde sogar angeregt, ein Stück weiter nördlich – etwa auf Höhe der Eisdiele Cortina – probeweise einen weiteren Zebrastreifen zu installieren. Als vor einigen Jahren die Ulmer Straße in Vöhringen saniert wurde, waren es ebenfalls die damaligen Stadträte, die sich für den Zebrastreifen eingesetzt hatten.
Grund dafür, dass im Bauausschuss darüber diskutiert wurde, welche Überwege entbehrlich seien, ist deren Beleuchtung. Die Junge Union hatte bereits 2018 darauf hingewiesen, dass nicht alle Zebrastreifen der Stadt gesetzeskonform beleuchtet seien. Eine Tatsache, die nach dem Unfall aus den Reihen der Vöhringer CSU erneut an unsere
Redaktion herangetragen wurde. Kosten kann eine entsprechende Instandsetzung pro Zebrastreifen bis zu 40.000 Euro. Was das Problem für die Stadt noch verschärft: Sollte es auf einem nicht korrekt ausgeleuchteten Fußgängerüberweg zu einem Unfall kommen, ist auch sie in der Haftung.
Wie sich inzwischen herausgestellt hat, ist der Unfallort vom vergangenen Sonntagabend aber regelkonform beleuchtet. Die Stadt hat an dieser Stelle nichts versäumt. Fachleute hätten den Zebrastreifen in der Ulmer Straße überprüft und festgestellt, dass er korrekt beleuchtet sei, berichtet Bernd Hieber vom Stadtbauamt. Das werde noch der Fall sein, wenn der Zebrastreifen demnächst auf LED-Beleuchtung umgerüstet wird.
Wie kontrovers im Bauausschuss zum Teil über andere Fußgängerüberwege in Vöhringen diskutiert wurde, zeigt auch, dass Zebrastreifen manchmal selbst zu Gefahrenstellen werden. So argumentierten manche Stadträte gegen den Zebrastreifen am Illertal-Gymnasium. Der sei an einer uneinsichtigen Stelle und die Schüler – häufig auf dem Fahrrad statt zu Fuß – würden sich auf dem Zebrastreifen in falscher Sicherheit wiegen und so unvorsichtig die Straße queren. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ereignet sich fast jeder fünfte Unfall mit Fußgängern an einem Zebrastreifen.