Illertisser Zeitung

Tödlicher Unfall: Wie sicher ist der Zebrastrei­fen?

Verkehr Die Menschen in Vöhringen sind nach dem Unglück tief betroffen. Der Zebrastrei­fen gilt schon länger als gefährlich­e Stelle. Vor wenigen Monaten hatte sich der Bauausschu­ss damit beschäftig­t

- VON URSULA KATHARINA BALKEN UND FRANZISKA WOLFINGER

MITTWOCH, 7. APRIL 2021

Vöhringen In unmittelba­rer Umgebung der Unfallstel­le auf der Ulmer Straße herrscht eine Art Schockstar­re. Die Menschen zeigen sich tief betroffen über den Unfalltod eines siebenjähr­igen Buben. Er war am Abend des Ostersonnt­ags auf seinem Tretroller auf dem Zebrastrei­fen beim dortigen Blumengesc­häft unterwegs. Eine Autofahrer­in hatte nach Angaben der Polizei das Kind übersehen, der Junge stürzte und wurde noch 20 Meter mitgeschle­ift. Er erlag seinen schweren Verletzung­en später in der Uni-Klink Ulm.

Am Tag nach dem Unfall haben die Vöhringer Blumen, Kerzen und Kuscheltie­re an der Unfallstel­le niedergele­gt. Die Trauer um das Kind ist in der Stadt fast greifbar. Der Eigentümer des Eissalons Cortina, Thorsten Toldo, selber Vater von zwei Kindern, zeigte sich erschütter­t über den Unfalltod des Kindes. „Hier kann eigentlich nur im zweiten Gang gefahren werden, man muss hier immer besonders bremsberei­t sein. Auch wenn auf diesem Teilstück der Ulmer Straße ein Tempolimit von 30 Stundenkil­ometern vorgeschri­eben ist, fahren manche Autofahrer zu schnell.“Ein Passant meinte, dass vor allem in den Abendstund­en der Verkehr auf der Ulmer Straße sehr dicht und auch schnell sei.

Kerstin Perniola, Chefin der Modeboutiq­ue U11, hat am Dienstagmo­rgen Blumen an der Unfallstel­le niedergele­gt. Sie dachte nicht nur an die Eltern, die jetzt ihr Kind verloren hätten, sondern auch an die Fahrerin des Unfallwage­ns. „Ein Unfall mit einem Kind als Opfer ist immer schlimm. Tod bedeutet Verlust, aber bei einem Kind ist es besonders schlimm.“Sonja Fischer vom Blumengesc­häft Florales Handwerk – sie hatte gerade einen Blumenkran­z geflochten, um ihn niederzule­gen – empfand tiefes Mitgefühl für die Eltern des Kindes, denkt aber auch an die Verursache­rin des Unfalls, denn mit Absicht tue ja keiner so etwas.

Betroffen von dem Vorfall ist auch der Vöhringer Bürgermeis­ter

Michael Neher. „Dieser Unfall berührt uns hier im Rathaus alle sehr“, sagt Neher. Auch an den Einsatzkrä­ften der örtlichen Feuerwehr sei das nicht spurlos vorbeigega­ngen, berichtet Neher. Er habe, gleich nachdem er aus der Presse von dem tragischen Unglück erfahren hatte, mit der Feuerwehr Kontakt aufgenomme­n.

Dass die Ulmer Straße, an der auch viele Geschäfte liegen, zu den gefährlich­eren Verkehrsst­ellen gehört, ist in Vöhringen bekannt. Als Ende vergangene­n Jahres einige der Zebrastrei­fen der Stadt auf dem Prüfstand kamen, sprachen sich sowohl Verwaltung als auch die Stadträte im Bauausschu­ss dafür aus, dass der in der Ulmer Straße auf alle Fälle bleiben soll. Es wurde sogar angeregt, ein Stück weiter nördlich – etwa auf Höhe der Eisdiele Cortina – probeweise einen weiteren Zebrastrei­fen zu installier­en. Als vor einigen Jahren die Ulmer Straße in Vöhringen saniert wurde, waren es ebenfalls die damaligen Stadträte, die sich für den Zebrastrei­fen eingesetzt hatten.

Grund dafür, dass im Bauausschu­ss darüber diskutiert wurde, welche Überwege entbehrlic­h seien, ist deren Beleuchtun­g. Die Junge Union hatte bereits 2018 darauf hingewiese­n, dass nicht alle Zebrastrei­fen der Stadt gesetzesko­nform beleuchtet seien. Eine Tatsache, die nach dem Unfall aus den Reihen der Vöhringer CSU erneut an unsere

Redaktion herangetra­gen wurde. Kosten kann eine entspreche­nde Instandset­zung pro Zebrastrei­fen bis zu 40.000 Euro. Was das Problem für die Stadt noch verschärft: Sollte es auf einem nicht korrekt ausgeleuch­teten Fußgängerü­berweg zu einem Unfall kommen, ist auch sie in der Haftung.

Wie sich inzwischen herausgest­ellt hat, ist der Unfallort vom vergangene­n Sonntagabe­nd aber regelkonfo­rm beleuchtet. Die Stadt hat an dieser Stelle nichts versäumt. Fachleute hätten den Zebrastrei­fen in der Ulmer Straße überprüft und festgestel­lt, dass er korrekt beleuchtet sei, berichtet Bernd Hieber vom Stadtbauam­t. Das werde noch der Fall sein, wenn der Zebrastrei­fen demnächst auf LED-Beleuchtun­g umgerüstet wird.

Wie kontrovers im Bauausschu­ss zum Teil über andere Fußgängerü­berwege in Vöhringen diskutiert wurde, zeigt auch, dass Zebrastrei­fen manchmal selbst zu Gefahrenst­ellen werden. So argumentie­rten manche Stadträte gegen den Zebrastrei­fen am Illertal-Gymnasium. Der sei an einer uneinsicht­igen Stelle und die Schüler – häufig auf dem Fahrrad statt zu Fuß – würden sich auf dem Zebrastrei­fen in falscher Sicherheit wiegen und so unvorsicht­ig die Straße queren. Nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s ereignet sich fast jeder fünfte Unfall mit Fußgängern an einem Zebrastrei­fen.

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Foto: Joachim Schmidt Mit Blumen, Kerzen und Kuscheltie­ren haben Vöhringer ihr Mitgefühl zum Ausdruck gebracht: Am Sonntag war bei einem Verkehrsun­fall auf der Ulmer Straße ein sieben jähriger Bub ums Leben gekommen.
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