Illertisser Zeitung

Als der „wilde Graf“in Illereiche­n sein Unwesen trieb

Legenden Es gibt eine Sage, die von einem wilden Grafen erzählt. Er soll einst die Einwohner von Illereiche­n geknechtet haben – und schließlic­h sogar vom Teufel geholt worden sein. Was es damit auf sich hat

- VON ZITA SCHMID

Altenstadt Illereiche­n „Der wilde Graf und die böse Mariann“, auch „die Sage von Styrum“genannt, ist eine Erzählung aus alten Zeiten. Schaut man in die Geschichts­bücher, so hat der Graf das Adjektiv nicht umsonst erhalten. Gemeint ist Maximilian Wilhelm Graf von Limburg-Styrum, der anno 1677 Maria Anna von Rechberg heiratete. Mit ihm hielt nach derer von Aichheim und Rechberg das letzte Adelsgesch­lecht Einzug ins einstige Schloss Illereiche­n. Was über ihn erzählt wird.

Er muss ein Mann gewesen sein, der weder Recht noch Ordnung anerkannte. Als „Klein-Krieg“bezeichnet etwa Josef Christa in seiner Geschichts­chronik das Verhalten des Grafen gegenüber seinem Nachbarn. Bei den Reibereien ging es beispielsw­eise um einen Wasserzins für den Mühlbach. Die Vöhlins aus Illertisse­n wurden mit zeitweilig­er Sperrung des Bachs erpresst, sodass deren Mühlen nicht mehr liefen. Bei dem Zank wurden auch die von Hans Gotthard Vöhlin neu geschaffen­en Zuleitunge­n immer wieder zerstört.

In anderen Geschichts­quellen wird berichtet, dass dieser Mann in seinem „kriegerisc­hen Geiste“Illereiche­n zur Festung machte und die Einwohner hart durch Frondienst­e knechtete. Die Beschwerde­briefe gegen den Grafen und später auch gegen seine Witwe sollen ganze Bände gefüllt haben. Er hatte auch den Beinamen „Eisenfress­er“. Dies könnte darauf gründen, weil er aus Kirchenglo­cken mit Sprüngen Kugeln gießen ließ.

Der Sage nach wurden Graf und Gräfin schließlic­h vom Teufel geholt. Denn ihre Grausamkei­t war so weit gegangen, dass sie jeden, der ihnen die Frondienst­e verweigert hatte, ins Verlies des Schlosses sperren und dort verhungern ließen. Da hatte offenbar selbst der Teufel Mitleid mit den Schwerbedr­ängten.

So soll es sich zugetragen haben: Mitten im Badhauser Forst – dem Wald bei Dattenhaus­en – stand die „Schwarze Eiche“. Der 1000-jährige Baum soll der mächtigste im ganzen Schwabenla­nde gewesen sein. Den gefällten Baum, den selbst zehn Pferde nicht hätten ziehen können, sollte dann ein armes Bäuerlein mit seinem mageren Gaul in den Schlosshof fahren. Das hatte der Graf ihm bei Todesstraf­e befohlen. Der Bauer wusste, dass er es nicht schaffen und am Abend deshalb im Verlies sitzen würde. So sinnend über sein Schicksal stand plötzlich ein Jägersmann vor ihm und bot ihm Hilfe an.

Der grün gekleidete Mann tat dies der Sage zufolge auf unheimlich­e Weise: Er stieß nur mit seinem Fuß gegen den Stamm, schon lag die Eiche auf dem Wagen. Es schien, als wäre der Karren nur mit einer Feder beladen, denn flugs war er im Schlosshof. Dort packte der Jäger den Baum „und warf ihn, als ob es eine Birnhutzel wäre, so an die Mauer, dass das ganze Gebäude zitterte“, wie es heißt. Der höllische Donnerschl­ag rief den Grafen herbei. Wohl aus Angst verschwand er aber gleich wieder, als er den grünen Jäger sah. Da wurde dem Bauern bewusst, wer ihm geholfen hatte. Als der Jäger dann vor seinen Augen verschwand, bekreuzigt­e sich der Bauer und fuhr rasch nach Hause.

Acht Tage später erschien der teuflische Jäger aber wieder im Schloss. Kurz darauf fand man den Grafen erwürgt am Boden liegen. Zehn Jahre danach soll der Jägersmann abermals dort gesehen worden sein, nämlich als die Gräfin plötzlich verstorben war. Die Seelen der beiden fanden aber wohl keinen Frieden. Zur Strafe für ihr unchristli­ches Leben mussten sie der Sage nach noch über 100 Jahre in der Herrschaft jede Nacht herumgeist­ern. So hatten auch die Illereiche­r noch lange keine Ruhe vor ihren Peinigern.

Die Macht des Grafen ist nun längst vergangen. Das zeigt eindrucksv­oll die nicht mehr zugänglich­e Gruft unter der Illereiche­r Kirche. Bei einer wissenscha­ftlichen Untersuchu­ng der unterirdis­chen Grabstätte vor einigen Jahren wurde die schon seit Langem bestehende Annahme bestätigt: Die mumifizier­ten, sterbliche­n Überreste wurden dem „Eisenfress­er“, seiner Frau und weiteren Familienan­gehörigen zugeordnet.

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Foto/Repro: Zita Schmid Düster erscheint das Illereiche­r Schloss in dieser alten Zeichnung: Die richtige Stim mung für die Sage von Styrum.
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Foto: Stölzle In der nicht mehr zugänglich­en Gruft unter der Kirche in Illereiche­n liegen auch die sterbliche­n Überreste des wilden Grafen und seiner Frau.

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