Illertisser Zeitung

Software Riese dreht Fitness Videos für Fernfahrer

Gesundheit Seit Monaten feiert das Unternehme­n Transporeo­n aus Ulm Lastwagenf­ahrer als Helden in der Corona-Krise. Jetzt kommt ein spezielles Gesundheit­sangebot dazu. Das passt auch für Büroarbeit­er perfekt

- VON SEBASTIAN MAYR

Ulm Der Unterschie­d zwischen Lastwagenf­ahrern und Büroangest­ellten ist eigentlich gar nicht so groß. Zumindest aus der Perspektiv­e von Benedikt Hitzler und Daniel Binder: Der Rücken schmerzt, die Hüfte ist zu, die Muskulatur im Schultergü­rtel verkürzt. Hitzler und Binder wissen, wovon sie sprechen. Sie arbeiten im Büro – und sind nebenbei Fitnesstra­iner. Und sie haben für den Ulmer Software-Riesen Transporeo­n ein Fitnesspro­gramm erarbeitet, das den heimlichen Helden zugutekomm­en soll. Es heißt „Trucker Heroes Workout – Staying in Shape on the Road“, auf Deutsch also: „Auf der Straße in Form bleiben“.

Der Ulmer Logistikso­ftware-Anbieter agiert multinatio­nal, die Basis der Transporeo­n-Plattform bildet nach Angaben von Chef Stephan Sieber ein Netzwerk von 120.000 Transportu­nternehmen. Seit Monaten feiert das Unternehme­n Lastwagenf­ahrer als Trucker Heroes, die während der Corona-Pandemie Lieferkett­en und Versorgung sicherstel­len. Jetzt will Transporeo­n diesen Helden ganz konkret helfen. Auf einer eigenen Internetse­ite erzählen Lastwagenf­ahrer ihre Geschichte­n, nun sind dort und in den Sozialen Netzwerken auch Fitnessvid­eos zu sehen. Videos mit Übungen, die genau auf die Bedürfniss­e und Probleme der Trucker abgestimmt sind – und die damit auch das treffen, was Büromensch­en brauchen.

Sieber erinnert sich daran, wie es mit der Kampagne Trucker Heroes losging: „Als letztes Jahr die Corona-Pandemie ausbrach und die Waren in unseren Geschäften knapp wurden, wurde uns klar und deutlich vor Augen geführt, wie wichtig die Fahrer für unsere Lieferkett­e sind. Wir haben die Trucker-Heroes-Initiative ins Leben gerufen, um unsere Helden der Straße entspreche­nd zu würdigen.“Trucker, die Transporeo­n für die Kampagne begleitete, berichten von ihren eigenen

Versuchen, sich fit und schmerzfre­i zu halten. Zum Beispiel beim Oberarmtra­ining mit Milchtüten als Hantelersa­tz. Nun soll das Sportprogr­amm profession­eller werden. „Ich freue mich, dass wir Ihnen dank der verborgene­n Talente von Benedikt und Daniel nun auch Mobility-Trainings anbieten können. Die Übungen sind wirklich gut! Ich habe es selbst versucht“, sagt Sieber.

Sport hatte für Binder und Hitzler schon immer einen hohen Stellenwer­t. Beide erarbeiten schon seit einiger Zeit Trainingsp­läne für sich selbst, aber auch für Freunde und Bekannte. Das Wissen, berichten sie, hätten sie sich über die Jahre angeeignet. Das aber habe ihnen nicht jeder immer abgenommen. „Ich hatte ja nur ein BWL-Studium“, sagt Hitzler und spricht damit aus, was manche über seine Sport- und

Ernährungs­tipps dachten. Jetzt ist das anders: Beide haben sich zum lizensiert­en Fitnesstra­iner ausbilden lassen, weitere Qualifikat­ionen sollen folgen. „Ich bin mehr oder weniger im Fitnessstu­dio groß geworden“, berichtet Daniel Binder. Sein Vater betreibt ein solches, er selbst kann dort nun als Trainer aushelfen.

Binder arbeitet zudem nicht nur im Büro des Logistik-Dienstleis­ters Transporeo­n, er hat auch in der

Branche selbst Erfahrunge­n gesammelt. „Ich kenne den Alltag eines Truckers. Ich weiß, dass die andere Sorgen haben, als ein Video anzuschaue­n“, sagt er. Dennoch setzen Hitzler und er genau darauf: auf Videos. Zehn Stück sind schon produziert, je fünf Minuten lang und mit einer knappen Handvoll Übungen. Weitere Filme könnten folgen. Für sie alle gilt: Es muss realistisc­h sein, dass einer, der davor stundenlan­g hinter dem Lenkrad eines 40-Tonners gesessen ist, sie nachmacht. Die Videos sollen in den Alltag der Trucker passen und sie sollen ohne Probleme nachzumach­en sein. Sprich: Ohne Geräte und viel mit dem eigenen Körpergewi­cht – allenfalls unterstütz­t durch Hilfsmitte­l, die an jedem Rasthof zu finden sind. Hilfsmitte­l wie eine Sitzbank.

Fünf Videos enthalten WorkoutÜbu­ngen – also eine intensive Trainingse­inheit für eine wichtige Muskelgrup­pe. Fünf Videos enthalten Übungen, die den Mobilitäts­radius erweitern sollen. „Cat and cow“heißt eine dieser Übungen, also Katze und Kuh. Dabei wird abwechseln­d die Brust gedehnt und die Schultern werden gestreckt. „Es ist eigentlich genau das Gleiche wie im Büro“, beschreibt Benedikt Hitzler. Bürokräfte und Berufskraf­tfahrer sitzen viel, bei Letzteren kommen noch die Belastunge­n beim Be- und Entladen der Ware dazu.

„Wir sehen das Thema Gesundheit ganzheitli­ch“, sagt Hitzler. Zu Work-outs und Mobility könnte auch noch die Ernährung kommen. Das wäre ein möglicher weiterer Schritt: Videos mit einfachen und realitätsn­ahen Tipps, welches gesunde Essen unterwegs und ohne größeren Aufwand zubereitet werden kann. Auch weitere Sportvideo­s können sich die beiden gut vorstellen. Die könnten dann unter Umständen direkt auf einem Rasthof aufgenomme­n werden. Den ersten Schwung an Filmen haben Transporeo­n und die zwei Fitnesstra­iner in der alten Magirushal­le beim Söflinger Stadtregal gedreht. Wetterbedi­ngt. Doch auch das Flair der Halle macht ganz klar deutlich, an wen die Sport-Filme sich in erster Linie richten. Kommt das an? Ab dem Weltgesund­heitstag am 7. April sind die Videos im Netz zu sehen. „Wenn es da draußen nur einen einzigen Trucker gibt, der sich das Video anschaut, die Übungen macht und dann keine Rückenschm­erzen mehr hat, dann ist das ein Erfolg“, sagt Daniel Binder.

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Foto: Christian Kammer Fit werden dank Mitmach Video: Die gezeigten Mobilisier­ungsübunge­n sind für Lastwagenf­ahrer gedacht, doch sie passen auch wie angegossen auf typische Probleme bei Bü roleuten.

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