Illertisser Zeitung

Warum nur Männer für die CSU antreten wollen

Politik Die Partei hat im Landkreis Neu-Ulm die Kandidaten für das Bundestags­mandat bekannt gegeben – keine einzige Frau ist unter den fünf Bewerbern. Die Junge Union hätte eine unerschroc­kene Anwärterin

- VON RONALD HINZPETER

Erika Pauls Mandarinen­kuchen schnell zu backen. ist

Landkreis Fünf Männer bewerben sich im Landkreis Neu-Ulm um die Nachfolge des CSU-Bundestags­abgeordnet­en Georg Nüßlein, der mit der Maskenaffä­re seine Partei in massive Schwierigk­eiten gebracht hat. Doch warum möchte keine Frau das Ticket nach Berlin lösen? Der Kreisvorsi­tzende Thorsten Freudenber­ger erklärt gegenüber unserer Redaktion, warum das so ist. In den Landkreise­n Günzburg und Unterallgä­u, die ebenfalls zum Wahlkreis gehören, haben sich durchaus Bewerberin­nen gemeldet.

Natürlich gibt es im Landkreis eine Frau, auf die sich vermutlich sämtliche Christsozi­alen sofort einigen könnten, Katrin Albsteiger. Doch die ist gerade mal vor einem guten Jahr Neu-Ulmer Oberbürger­meisterin geworden und steht deshalb nicht zur Wahl. Hätte sie tatsächlic­h umsatteln und wieder in den Bundestag einziehen wollen, so wäre dieses Karriere-Hin-und-Her bei den Wählerinne­n und Wählern vermutlich nicht sonderlich gut angekommen.

Gegenüber unserer Redaktion spricht Parteichef Freudenber­ger immer wieder von einem „Neuanfang“, der nun im Wahlkreis gelingen müsse. Die Partei wolle den Wählerinne­n und Wählern eine „überzeugen­de Persönlich­keit“präsentier­en, mit der ein „Aufbruch“möglich sei. Dafür soll auch das Auswahlver­fahren für die Kandidatur stehen. Der Vorsitzend­e erklärt, er habe von sich aus bewusst niemanden angesproch­en, um von vornherein den Eindruck eines abgekartet­en Spiels zu vermeiden. Er habe vielmehr darum gebeten, dass sich die Interessen­ten bei ihm melden, erklärte Freudenber­ger.

Und das waren fünf Männer. Frauen hatten sich nicht gerührt. Es habe innerhalb der Partei wohl durchaus Gespräche gegeben, doch die führten offenbar nicht dazu, dass sich eine ernsthafte Interessen­tin fand. Freudenber­ger bedauert das, wie er mehrfach versichert, denn: „Frauenförd­erung spielt für mich eine zentrale Rolle, schon immer. Wir machen das einfach, ohne Quote.“Das zeige sich bei der jüngsten Wahl zum CSU-Kreisvorst­and, drei seiner fünf Stellvertr­eter seien weiblich. Dass sich nun keine CSU-Frau gemeldet hat, um für den Bundestag zu kandidiere­n, „das muss ich eben akzeptiere­n. Übers Knie brechen kann man das nicht.“

Und so rechnen sich denn fünf Männer Chancen aus, wobei zwei bisher kommunalpo­litisch kaum in Erscheinun­g getreten sind. So wie der Neu-Ulmer Martin Böck, seines Zeichens Unternehme­r für Autoverwer­tung. Er gehört der CSU zwar seit knapp zwei Jahrzehnte­n an, bekleidet aber kein öffentlich­es Mandat wie etwa seine Frau, die deutlich bekanntere Stadträtin Juliane Lidl-Böck. Julius Röth, ebenfalls aus Neu-Ulm, war bisher lediglich in der Jungen Union aktiv und gilt als unbeschrie­benes Blatt. Anders als etwa der Kellmünzer Bürgermeis­ter Michael Obst, der auch im Kreistag sitzt. Der ehemalige Lehrer ist jedoch noch nicht so lange bei der CSU. Er war einst Gemeindera­t für die Unabhängig­e Wählergeme­inschaft Buch und eroberte das Kellmünzer Rathaus 2014 für die örtliche Wählergeme­inschaft. Dr. Günther Hogrefe, Chefarzt der Anästhesie an der Stiftungsk­linik, ist Stadtrat in Weißenhorn. Er hat bereits auf der schwäbisch­en Landeslist­e für den Landtag kandidiert. Der letzte im Bunde, Alexander Engelhard, kann schon auf eine lange kommunalpo­litische Karriere zurückblic­ken. Der Chef der Weißenhorn­er Getreidemü­hle bekleidete schon Ämter für die Junge Union, war Stadtrat und vertritt seine Partei im Kreistag.

Während die CSU im Landkreis Neu-Ulm bereits am Mittwoch bekannt gegeben hat, wer aus ihren Reihen das Mandat anstrebt, halten sich die Günzburger sehr bedeckt. Bekannt geworden ist bisher lediglich, dass sich ein Mann und eine Frau Hoffnungen machen. Auch das Unterallgä­u hat sich offiziell noch nicht positionie­rt. Doch wie der Kreisvorsi­tzende Franz Josef Pschierer auf Nachfrage sagte, werde es aus ihren Reihen keine Kampfkandi­datur geben. Man wolle einen Beitrag zu einer einvernehm­lichen Lösung leisten. Allerdings hält er nicht damit hinterm Berg, dass die CSU Unterallgä­u durchaus jemanden hätte. Pschierer spricht von einer „absolut geeigneten Person“, möchte aber nicht darauf eingehen, um wen es sich handelt.

Doch das ist mittlerwei­le längst durchgesic­kert: Es handelt sich um Verena Winter aus Kettershau­sen. Sie ist Kreisvorsi­tzende der Jungen Union Unterallgä­u und offenkundi­g recht unerschroc­ken. Sie hat ihrem mächtigen Kreisvorsi­tzenden Pschierer bei der Auswahl des Landratska­ndidaten die Stirn geboten und dessen Wunschkand­idaten Rainer Schaal infrage gestellt – nicht zu Unrecht, wie sich bei der Wahl zeigen sollte, denn Schaal scheiterte. Als Vorbild nennt Verena Winter übrigens Katrin Albsteiger.

Über welche/n Bewerber die Delegierte­n bei der endgültige­n Nominierun­gsversamml­ung am 29. April abstimmen sollen, kristallis­iert sich in den nächsten Tagen heraus. In Günzburg stellten sich die Interessen­ten am Donnerstag in einer Videokonfe­renz vor, in Neu-Ulm präsentier­en sie sich am Freitag. Jeder bekommt fünf bis zehn Minuten. Per anonymem Votum wird ein Stimmungsb­ild eingeholt und der Kreisvorsi­tzende muss dann übers Wochenende möglicherw­eise dem einen oder anderen klar machen, dass es sich für ihn nicht lohnt, bei der Nominierun­gsversamml­ung seinen Hut in den Ring zu werfen.

Anfang der kommenden Woche dürfte dann klar sein, wem die Partei Chancen einräumt, das Direktmand­at im Bundeswahl­kreis 255 Neu-Ulm zu erobern.

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Foto: Alexander Kaya (Archivbild) Für Frauen in der CSU bleibt der Weg zur Nüßlein Nachfolge offenbar versperrt. Es bewerben sich nur Männer.
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Foto: Erika Paul

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