Maibäume: Gelten unterschiedliche Regeln?
Brauchtum Die Landratsämter von Neu-Ulm und Günzburg haben sich zum Thema Maibaumaufstellen geäußert – und kommen zu ganz unterschiedlichen Schlüssen. Was gilt jetzt?
Landkreis Es war ein trauriger Start in den Mai 2020: In den meisten Kommunen im Landkreis Neu-Ulm durften keine Maibäume aufgestellt und keine Maifeiern begangen werden. Auch für das Jahr 2021 sieht es im Kreis Neu-Ulm schlecht aus für die Vereine. Das Landratsamt hat deutlich gemacht, dass das Aufstellen von Maibäumen aufgrund der Kontaktbeschränkungen praktisch nicht infrage kommen wird. Doch der Blick in den Nachbarlandkreis Günzburg löst Verwunderung aus – denn dort wurden deutlich weniger strenge Regeln veröffentlicht. Gelten also in den beiden Landkreisen unterschiedliche Vorgaben?
Das Landratsamt Neu-Ulm hatte bereits vergangene Woche deutlich gemacht, dass bei einer Inzidenz von über 100 Kontaktbeschränkungen gelten. Derzeit dürfen sich privat nur Personen eines Haushalts mit einer weiteren Person treffen. Für das Aufstellen eines Maibaums, vor allem in der traditionellen Art und Weise mit hölzernen Scheren, also viel zu wenig.
Einzige Ausnahme: Wenn beispielsweise die örtliche Feuerwehr den Auftrag von der Gemeinde erhalte, dürfe der Maibaum von den Aktiven aufgestellt werden. Auch der gemeindliche Bauhof oder private Firmen dürften den Auftrag bekommen. Privatrechtliche Vereine, wie beispielsweise der Vereinsring oder ein Brauchtumsverein, seien bei den genannten Körperschaften des öffentlichen Rechts außen vor, so das Landratsamt gegenüber unserer Redaktion.
Anders sieht man die Situation offenbar im Landkreis Günzburg. Dort ist nämlich weit mehr erlaubt. Der Landkreis hatte am vergangenen Freitag auf seiner FacebookSeite bekannt gegeben, was hier gilt: „Im Landkreis dürfen Maibäume von Vereinen, Firmen oder der Gemeinde aufgestellt werden. Hier entfallen kurzfristig die Kontaktbeschränkungen. Jedoch ist eine
FFP2-Maske bei nicht ausreichendem Abstand Pflicht.“
Pressesprecherin Jenny Schack beruft sich dabei auf die Regierung von Schwaben. Diese habe auf Nachfrage bestätigt, dass die Kontaktbeschränkungen für das Aufstellen vor Ort nicht gelten, sofern es Mitglieder eines örtlichen Vereins oder die einer örtlichen Feuerwehr sind, die mithelfen. Eine Beauftragung durch die Gemeinde- oder Stadtverwaltung, wie es im Kreis Neu-Ulm vorgegeben wird, braucht es in Günzburg offensichtlich nicht.
Die Ausgangssperre von 22 Uhr bis 5 Uhr sei dabei allerdings zu beachten – sie falle nicht weg. Das gelte auch für das Aufstellen von privaten Maibäumen.
Die Regierung von Schwaben konnte die Frage unserer Redaktion, ob die Landkreise tatsächlich eine unterschiedliche Auslegung der Regelungen getroffen haben und welche Vorgaben gelten, nicht auf die Schnelle beantworten. Eine Stellungnahme steht derzeit noch aus.
Allerdings geht der Landkreis Günzburg derzeit mit großen Schritten einer Sieben-Tages-Inzidenz von 300 entgegen: Am Montag gab das Robert-Koch-Institut den Wert mit 285 an. Die Regelung wird auch deshalb nicht von allen im Landkreis positiv gesehen.
Deutlich mehr Kritik als Zuspruch gab es deshalb zu dem Facebook-Post, den der Landkreis Günzburg am Freitag zum Thema Maibäume veröffentlicht hat. „Absolut fehl am Platz. Ich hoffe, dass sich die Vereine davon distanzieren und keine Maibäume stellen“, kommentiert ein Nutzer des sozialen Netzwerks. „Entzieht sich meines kompletten Verständnisses. Kann ich absolut nicht nachvollziehen“, äußert sich eine weitere FacebookNutzerin zu dem Thema. Und eine andere Kommentatorin schreibt: „Warum sollen sich Vereine und Firmen treffen dürfen, um Maibäume zu stellen? Wieso setzt man solche Anreize bei diesen hohen, steigenden Inzidenzen und vollen Kliniken? Wie erkläre ich das meinen Kindern? Tut mir leid, das versteht keiner mehr, auch wenn Brauchtum echt wichtig ist. Tradition hin oder her. Mir hat das letztes Jahr auch gefehlt. War seltsam ja. Aber das nun erlauben und vernünftige Schulbildung verweigern? Unverständlich.“