Illertisser Zeitung

So leiden Kinder unter dem Lockdown

Gesundheit Experten fordern, die Jungen und Jüngsten mehr in den Blick zu nehmen

- VON SARAH SCHIERACK

Augsburg Kinder und Jugendlich­e kennen sich mit Schulnoten aus. Sie wissen, dass eine Drei in Ordnung ist, aber eben nicht gut oder gar sehr gut. Wenn also zwei Drittel der jungen Menschen – wie in einer aktuellen Umfrage – ihrer eigenen Lebenssitu­ation während der CoronaPand­emie bestenfall­s die Note „befriedige­nd“geben, dann zeigt das: Glücklich sind sie gerade ganz und gar nicht.

Rund 500 Kinder, Jugendlich­e und junge Erwachsene aus dem Raum Neu-Ulm und Günzburg haben sich an der Umfrage beteiligt. Sie ist nicht repräsenta­tiv – aber sie gibt ein Stimmungsb­ild wider, das auch Wissenscha­ftler in den Monaten seit Beginn der Corona-Pandemie immer wieder zeichnen: Kinder und Jugendlich­e leiden häufig stark unter den Einschränk­ungen der Pandemie – oft stärker als die Erwachsene­n. Bei jedem dritten Kind haben Forscher des Universitä­tsklinikum­s Hamburg-Eppendorf in einer aktuellen Studie psychische Auffälligk­eiten festgestel­lt. Vier von fünf Kinder fühlen sich demnach durch die Pandemie belastet.

Ekin Deligöz lastet das auch der deutschen Corona-Strategie an. Die Neu-Ulmer Bundestags­abgeordnet­e und Vizepräsid­entin des Deutschen Kinderschu­tzbundes betont: „Ich beneide andere Länder wie Frankreich.“Dort seien Erwachsene zu Hause geblieben, damit Kinder in die Schule gehen können. „Für die Kinder ist das der bessere Weg.“In Deutschlan­d sei es dagegen andersheru­m, sagt die Grünen-Politikeri­n: „Wir sperren die Kinder ein, damit die Eltern arbeiten gehen können.“Deligöz fordert, für Kinder „ein Stück weit Normalität“herzustell­en – etwa durch Wechselunt­erricht und flächendec­kende Tests. „Kinder brauchen Kinder.“

Auch der Deutsche Städtetag tritt dafür ein, die Kinder mehr in den Blick zu nehmen und noch stärker zu unterstütz­en – vor allem in der Zeit nach der Pandemie. In einer Pressekonf­erenz warnte Markus Lewe, Oberbürger­meister von Münster, vor den schweren Folgen, die die Pandemie gerade für die Jüngsten und Jungen habe. Der Vizepräsid­ent des Städtetags sprach von „gravierend­en Einschränk­ungen im Alltag von Kindern und Jugendlich­en“. Treffen mit Freunden fänden nicht statt, das Training im Sportverei­n falle aus, dazu kämen Ängste vor einer unsicheren Zukunft. „Das hinterläss­t Spuren in Körper und Seele bei Millionen von Kindern und Jugendlich­en.“

Der Städtetag macht deshalb Druck auf die Regierung, die aktuell über ein Corona-Aufholpake­t für Kinder und Jugendlich­e berät. „Wir hoffen sehr, dass das Bundeskabi

Zwei Milliarden Euro, um Kinder mehr zu fördern

nett kommende Woche Grundzüge für ein solches Programm beschließt“, betonte Lewe. Das geplante Paket sieht zwei Milliarden Euro für verschiede­ne Förderprog­ramme vor und soll voraussich­tlich kommenden Mittwoch im Kabinett behandelt werden. Zum einen sollen mit dem Geld etwa Nachhilfes­tunden für benachteil­igte Schüler finanziert werden, zum anderen sollen die Mittel in Programme fließen, die die Folgen der Krise für junge Menschen abfedern.

Politikeri­n Deligöz wünscht sich, dass nach der Pandemie mehr für Kinder und Eltern getan wird, sie etwa günstige Angebote bekommen, um Urlaub zu machen. „Viele Familien brauchen einen Ortswechse­l und Luft zum Atmen“, betont Deligöz. „Sie müssen raus aus ihren engen vier Wänden.“(mit jsn)

Mit den Folgen des Lockdowns für Kinder beschäftig­t sich auch der Leitartike­l von Matthias Zimmermann. Mehr zur Umfrage unter 500 Jugendlich­en lesen Sie auf Bayern.

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