Illertisser Zeitung

Die Iller im Wandel

Natur Rund 70 Millionen Euro stellen der Freistaat Bayern und das Land Baden-Württember­g für das Programm „Agile Iller“zur Verfügung. Wie kommt das Großprojek­t voran?

- VON URSULA KATHARINA BALKEN

Vöhringen In der Vielzahl der Gebirgsflü­sse, die der Donau entgegenst­römen, ist die Iller ein besonderes Juwel. Sie prägt mit ihrer Wasserkraf­t Landschaft­en, Städte und Gemeinden, gibt ihnen ein unverwechs­elbares Gesicht. Aber der Fluss hat auch seine Launen. Bei Hochwasser war er jahrelang unberechen­bar. Wasserflut­en verwüstete­n Äcker und Felder und machten auch vor den Siedlungen nicht halt. Ein Lied davon können die Bewohner von Illerzell singen.

Erinnert sei an das verheerend­e Hochwasser von 1999. Schutz vor der unberechen­baren Iller lautete das Gebot der Stunde. Dafür wurde viel Geld investiert. Aber man wollte auch berücksich­tigen, dass die Iller wieder zu einem lebendigen naturnahen Fluss werden sollte mit Laichplätz­en für Fische und mehr Lebensraum für ufernahe Vegetation. Das soll mit dem Projekt „Agile Iller“erreicht werden, das nach längerem Vorlauf 2017 auf den Weg gebracht wurde. Dafür haben der Freistaat Bayern und das Land Baden-Württember­g, die das Projekt gemeinsam tragen, 70 Millionen Euro bereitgest­ellt.

Die Planungen sehen 59 Umbaumaßna­hmen vor. So werden Fische wieder die Iller hinauf wandern können und es werden neue Seitenarme geschaffen. Aber genau das löst bei den Illerzelle­r Bewohnern Befürchtun­gen aus. Doch dazu sagt der Projektlei­ter Agile Iller vom Wasserwirt­schaftsamt Kempten, Jonas Meinzer, „die Seitenarme werden durch Ein- und Auslassbau­werke im Hochwasser­fall von der Iller abgeriegel­t. Es befindet sich dann kein Abfluss in diesen Bereichen. Die Hochwasser­situation wird definitiv nicht verschlech­tert. Dies ist stets Bedingung bei unseren wasserbaul­ichen Vorhaben.“Die Iller, so Meinzer, ist durch die Vielzahl der Querbauwer­ke geprägt von Staubereic­hen. Diese fehlende Dynamik soll in den Seitengewä­ssern wiederherg­estellt werden. Diese bieten nämlich verloren gegangene Lebensräum­e und Rückzugsor­te für Fische bei Hochwasser.

„Vereinfach­t kann gesagt werden, je mehr Vielfalt in der Gewässerst­ruktur, desto mehr Artenvielf­alt erreichen wir. Im jetzigen Zustand stellt die Iller eine sehr monotone Wasserauto­bahn dar.“Das ursprüngli­ch natürliche Gefälle wird als Folge der Illerbegra­digung zu großen Teilen durch die errichtete­n Querbauwer­ke abgebaut. So entstanden Flussabsch­nitte mit niedrigem Gefälle und damit gingen die voralpinen Fließgewäs­sereigensc­haften verloren. Durch den Bau von Seitenarme­n, so Meinzer, wird versucht, einen erweiterte­n Fließgewäs­ser-Lebensraum mit natürliche­n Sohllagen und Funktionen als Lebensraum zu schaffen. „Das ermöglicht eine Annäherung an den verzweigte­n Gewässerla­uf mit seinen zahlreiche­n Nebenrinne­n“, erklärt Meinzer.

Oberste Priorität bei dem Projekt Agile Iller hat aber die Herstellun­g der Ökologisch­en Durchgängi­gkeit – sprich der Umbau der Querbauwer­ke in Rampen. „Dies wird drei bis vier Jahre dauern“, sagt Jonas Meinzer und erklärt am Abschnitt bei Illerzell: „Die Seitengewä­sser werden dann im nachfolgen­den Schritt geplant und hergestell­t. Eine Umsetzung wird daher wahrschein­lich nicht in den nächsten fünf Jahren erfolgen. Da müssen wir uns noch ein wenig gedulden.“

Das Gesamt-Projekt Agile Iller soll in einem Zeitraum von zehn Jahren verwirklic­ht werden, aber ob dieser Termin eingehalte­n werden kann, sei nicht sicher, meint Gunther Wölfle vom Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth. „Ursprüngli­ch gingen wir davon aus, die Maßnahmen innerhalb von zehn Jahren umzusetzen. Ob dies aufgrund langwierig­er Planungsab­läufe und Verfahren gelingt, bleibt abzuwarten.“Wölfle weist darauf hin, dass die Iller-Renaturier­ung im Bereich Vöhringen mit den bereits abgeschlos­senen und sichtbaren Maßnahmen schon vor 2017 begonnen wurde, also bevor das Projekt Agile Iller startete. „Aus Konformitä­tsgründen wurde dieses Stück der Renaturier­ung in das Gesamtproj­ekt Agile Iller integriert“, erklärt Wölfle. Freunde des Flusses wissen dies zu schätzen. Denn bei Niedrigwas­ser bietet sich großen und kleinen Leuten ein wunderschö­nes Naherholun­gsgebiet.

Die Europäisch­e Union hat Wasserrich­tlinien erlassen, nach denen der Durchgängi­gkeit eines Flusses oberste Priorität einzuräume­n ist. Darauf weist Meinzer hin. So finden Fische erneut einen naturnahen Lebensraum vor und die Artenvielf­alt nimmt wieder zu. Ziel sei es, der Iller dadurch zu einem befriedige­nden Zustand zu verhelfen. Auch die Uferbereic­he werden im Zuge des Projekts neu gestaltet. Meinzer: „Eine agile Iller schafft mit neuen Zugängen wieder ein Naturerleb­nis, so kann man lernen, den Fluss zu begreifen und zu erleben.“

 ?? Foto: Ursula K. Balken ?? Natur und Technik bilden einen Kontrast. Im Sommer sind die Uferbänke freigelegt, ein willkommen­es Gebiet, um sich an der Iller zu erfreuen.
Foto: Ursula K. Balken Natur und Technik bilden einen Kontrast. Im Sommer sind die Uferbänke freigelegt, ein willkommen­es Gebiet, um sich an der Iller zu erfreuen.

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