Die Hotelbranche in Weißenhorn ist in Bewegung
Wirtschaft Viele Menschen bedauern, dass die Familie Ländle das Hotel zum Löwen in Weißenhorn aufgibt. Unterdessen kündigt ein anderer Unternehmer eine Neueröffnung an
Weißenhorn Die Betroffenheit in Weißenhorn ist groß. Viele Menschen bedauern, dass die Familie Ländle den Geschäftsbetrieb aufgibt und das Hotel zum Löwen in der Altstadt verkauft. Unklar ist, wie es mit dem Haus weitergeht. Dafür soll an anderer Stelle in der Stadt bald ein neues Hotel aufmachen. Und dessen Betreiber berichtet im Gespräch mit unserer Zeitung, selbst über einen Kauf des „Löwen“nachgedacht zu haben.
Für 990.000 Euro wird das Traditionshaus in Weißenhorn über einen Immobilienmakler angeboten. „Es ist eine Einrichtung mit Charme“, sagt Bürgermeister Wolfgang Fendt, der die bisherigen Eigentümer sehr schätzt und hofft, dass kein ernster Vorfall in der Familie Grund für den Verkauf ist. Schon die Schließung des Restaurants im Juli 2018 sei ein schwerer Schlag gewesen, sagt der Rathauschef. Am besten wäre es aus seiner Sicht für die Stadt, wenn ein Nachfolger gefunden wird, der das Hotel und am besten auch das Restaurant weiterführen könnte.
Als Reaktion auf unseren Artikel über den Verkauf des Hotels schreiben Nutzer auf Facebook, dass sie der Familie Ländle alles Gute wünschen. Dem schließt sich auch Andreas Kierndorfer an, der selbst in der Hotel- und Gastronomiebranche tätig ist. Seine im Roggenburger Ortsteil Biberach ansässige Kierndorfer Hotel- und Servicegesellschaft verwaltet unter anderem Neumaiers Gasthof und Landhotel Hirsch in Attenhofen und das Schlossrestaurant Anno 1460 in Weißenhorn. Kierndorfer sagt: „Die Schließung des Hotels reißt eine emotionale Lücke in Weißenhorn auf.“Der „Löwen“sei ein alteingesessenes Haus und die Ländles seien „tolle Gastgeber“.
Der Unternehmer vermutet, dass die Familie den Hotelbetrieb aufgibt, weil ein Nachfolger fehlt. Der Personalmangel, der Grund für die Schließung des Gasthofs war, sei sicherlich auch ein Faktor, sagt Kierndorfer. Er wäre selbst ein potenzieller Käufer und berichtet im Gespräch mit unserer Redaktion, sich tatsächlich für die Immobilie interessiert zu haben: „Wir haben es überlegt und überprüft, ob wir den Löwen kaufen.“Es sei ein tolles Haus in einer tollen Lage, sagt Kierndorfer. In Absprache mit seiner Frau und den vier Kindern habe er sich aber dagegen entschieden. „Wir haben gesagt, dass wir momentan nicht noch zusätzlich investieren wollen“, ergänzt der Unternehmer.
Zum Portfolio der Gesellschaft gehört neben dem Anno und dem Hirsch nämlich auch noch ein Wohnmobil-Verleih und der Betrieb der Vogtmühle in Biberach als
Feriendomizil. Außerdem baut Kierndorfer, wie berichtet, die Molfenter-Villa in Weißenhorn zu einem Hotel um. Und dieses soll im Herbst, genauer gesagt im Oktober, eröffnet werden.
Ursprünglich war die Eröffnung des Aparthotels mit zehn Zimmern schon ein Jahr früher vorgesehen. Wegen Corona sei die Sanierung aber unterbrochen worden, erzählt Kierndorfer. Die Fenster des Gebäudes seien momentan ausgebaut worden, um von einem Restaurator originalgetreu hergerichtet zu werden. In ein paar Wochen sollen sie wieder eingesetzt werden. Der Innenausbau ist dem Unternehmer zufolge schon weit fortgeschritten, der Anschluss ans Fernwärmenetz bereits erfolgt. Die Fassade muss noch neu gemacht werden. „Die Villa wird auf alle Fälle ein Schmuckstück“, sagt Kierndorfer.
Gesteuert wird das Aparthotel bei der Fuggerhalle von Neumaiers Hirsch aus. Die zehn Zimmer, jeweils ausgestattet mit einer kleinen Küchenzeile, richten sich in erster Linie an Urlauber und Geschäftsreisende, die sich selbst versorgen möchten. Frühstück wird es in dem Haus nicht geben. Wenn der Hotelbetrieb im „Löwen“dauerhaft wegfallen sollte, dann könnten die zusätzlichen Kapazitäten in der Molfenter-Villa zumindest einen Teil kompensieren, sagt Kierndorfer. Er hält es durchaus für möglich, dass aus den Hotelzimmern in der Altstadt Eigentumswohnungen werden. In einer Kleinstadt wie Weißenhorn würde sich das spürbar auf die Gesamtkapazität der Gästebetten auswirken, fügt er hinzu.
Wie alle Gastronomen hofft Kierndorfer darauf, dass sich die Corona-Lage wieder entspannt und möglichst bald wieder Gäste bewirtet werden können. Bei den Hotels rechnet er mit deutlichen Veränderungen, selbst wenn die Pandemielage wieder einen regulären Betrieb erlauben sollte. „Die ganze Hotelbranche ist in Bewegung“, sagt er. Urlaubsreisende werden aus seiner Sicht wieder zahlreich kommen. Aber die Zahl der Geschäftsreisen wird sich deutlich reduzieren, glaubt Kierndorfer. In der Pandemie habe sich gezeigt, dass Videokonferenzen viele persönliche Treffen ersetzen können.